Abschied von „Lommi”

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Hans Lommerzheim

Hans Lommerzheim

Köln - Einige gute Freunde hatten es bereits geahnt:"Ohne seine Kneipe macht es der 'Lommi' nicht mehr lange." Genausoist es gekommen. Nur ein halbes Jahr, nachdem er seine legendäreGaststätte im Kölner Stadtteil Deutz geschlossen hat, ist HansLommerzheim gestorben. Der 74-Jährige erlag in der vergangenen Wocheim Urlaub einem Herzversagen. Am Mittwoch wird der Ur-Kölner, derwohl zu Recht den Titel "Kultgastronom" führte, in seiner Heimatstadtbeigesetzt.

Seit 1959 führte Hans Lommerzheim auf der rechten, also der"falschen" Kölner Rheinseite, ein strenges Regiment. Das"Lommerzheim", notorisch überfüllt und auf charmante Weiseverwahrlost, war nicht nur Anlaufstelle für die Zecher aus dem"Veedel". Reiseführer und Einheimische priesen den engen,abgetakelten Bau einhellig als die "kölscheste aller Kölsch-Kneipen".

Auch die rheinische Prominenz zog es wieder zu "Lommi", angelocktdurch das selten ausgeschenkte Päffgen-Kölsch - für Kenner das"Champagner unter den Bieren" - und den legendären Koteletts, die inUmfang und Dicke ihres Gleichen suchten. Das gesunde Misstrauen, dasLommerzheim gegen Renovierungsarbeiten jedweder Art hegte, trug nichtwenig zum besonderen Flair der Kneipe bei. So sollen über Zustand derLommerzheim-Toiletten, die natürlich im Hinterhof untergebrachtwaren, wissenschaftliche Abhandlungen geschrieben worden sein.

Bis ins "Weiße Haus" hatte sich der Ruhm von Lommerzheimherumgesprochen. Als US-Präsident Bill Clinton 1999 zumWeltwirtschaftsgipfel nach Köln kam, zog es ihn zu "Lommi". AusSicherheitsgründen sollte die Kneipe an diesem Abend allein für denprominenten Gast reserviert sein. Als der amerikanische Geheimdienstsich deshalb an Hans Lommerzheim wandte, winkte der Gastwirt ab:"Dann müsste ich ja alle meine Stammgäste raussetzen. Nä, dat jeihtnit!" Also blieb für Bill Clinton die Kneipentüre zu.

So gesprächig war Lommerzheim selten. Es gab Gäste, die 15 Jahrein dem Laden ein- und ausgingen, ohne den Gastronom auch nur einzigesWort sagen gehört zu haben. Wenn der Kneipier beim Erscheinen desBesuchers kurz das Haupt hob, galt dies bereits als Ritterschlag.

Wer bei "Lommi" ein Bier bestellen wollte, hatte schon verloren.Tatsächlich flanierte dieser ständig mit einem Kranz wohlgefüllterKölschgläser durch seine Gaststätte, um die Zecher ambulant mitGerstensaft zu versorgen. Die Route, die der Gastronom dabei wählte,war seit Jahrzehnten festgelegt, die Bierversorgung zutiefstdemokratisch. Wer den Gastgeber nicht mit der Bestellung eines GlasesMineralwasser provozierte, konnte es hier richtig gut haben.

Kein Wunder, dass ihm Stammgäste bereits vor Jahren ein Denkmalgesetzt hatten. Sie nagelten ein Schild an die Wand : "Ein Volk, dasseine Wirte nicht ernähren kann, ist es nicht wert, sich eine Nationzu nennen."

In den vergangenen Jahren machten immer wieder gesundheitlicheProbleme dem Hausherren zu schaffen. Gattin Annemie drang schließlichdarauf, Ende 2004 den Zapfhahn für immer zu schließen. Nun konnteHans Lommerzheim seinen Ruhestand nur ein halbes Jahr genießen. SeineKneipe lebt auf zahlreichen, auch internationalen Fanseiten imInternet weiter.

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