Affäre um Villepin-Widersacher Sarkozy

Lesezeit 2 Minuten

Paris - Überschattet von der Auseinandersetzung um dieArbeitsrechtsreform weitet sich in Frankreich eine bizarreGeheimdienstaffäre aus, die zur Staatsaffäre werden könnte. Zurillustren Reihe der Beteiligten gehören Premierminister Dominique deVillepin, Innenminister Nicolas Sarkozy und Topmanager.

Der Verdacht: Der Auslandsgeheimdienst DGSE soll geholfen haben,Sarkozy mit falschen Verdächtigungen über Schwarzgeldkonten imAusland zu schwächen. Villepin - damals noch Innenminister - soll2004 Erkenntnisse des Inlandsgeheimdienstes DST verschwiegen haben,die seinen Rivalen Sarkozy von dem Verdacht befreit hätten.

Alles begann Anfang 2004. Damals überhäufte ein anonymer "Insider"den prominenten Ermittlungsrichter Renaud van Rymbeke mitComputerdaten, die glauben machten, dass Prominente bei der Deutsche-Börse-Tochter Clearstream Geheimkonten unterhielten. Clearstream,eine Ausgleichstelle für Bankgeschäfte, sei eine riesige Waschanlagefür Schwarzgeld unter anderem aus Rüstungsgeschäften.

Ins Visier kamen neben anderen Sarkozy und der Airbus-ManagerPhilippe Delmas. Damals herrschte ein Grabenkrieg um die Führung vonAirbus und der Konzernmutter EADS. Van Rymbeke konnte Delmas schnellvon jedem Verdacht befreien. Auch die Sarkozy belastenden Dokumentewaren gefälscht: Echte Datensätze von Clearstream waren ergänztworden. Delikat war dabei, dass die Ur-Datensätze offenbar vom DGSEstammten, der Clearstream auf der Suche nach Finanzströmen von ElKaida durchleuchtet hatte.

Villepin soll damals gejubelt haben, als der Name Sarkozy fiel.Der Starjournalist Franz-Olivier Giesbert zitiert Villepin in seinemBuch "La Tragedie du President" mit den Worten: "Sarkozy ist am Ende.Wenn die Zeitungen ihre Arbeit tun, wenn sie Mumm haben, dann wird erdiese Affäre nicht überleben." Villepin setzte den Geheimdienst DSTauf den Fall an. Als der DST Sarkozy entlastete, soll Villepin - soein in den Medien verbreiteter Vorwurf - das verschwiegen haben. 2005wurde Villepin Premierminister und Sarkozy drängte zurück insInnenministerium, um "mögliche Verschwörungen" abzuwenden.

Doch wer steckte hinter der Schmutzkampagne? MitHausdurchsuchungen versuchen die Ermittlungsrichter Jean-Marie d'Huyund Henri Pons jetzt, den Verleumder und seine Auftraggeber zuenttarnen. Sie vermuten die Verschwörer offenbar in höchsten Kreisen.Denn sie beschlagnahmten Datensätze in der Zentrale desGeheimdienstes DGSE und beim Geheimdienstgeneral im RuhestandPhilippe Rondot, der einst den Top-Terroristen Carlos zur Streckegebracht hatte. Hausdurchsuchungen gab es aber auch bei dem Airbus-Chef Gustav Humbert und bei Noël Forgeard, der vom Berater Chiracsbis in die EADS-Spitze aufgestiegen war.

"Jetzt fehlt nur noch die Hausdurchsuchung im Elyséepalast", sagteein mit dem Fall Vertrauter spöttisch. Ist es eine Staatsaffäre?Schießen die Ermittler mit Kanonen auf Spatzen? Oder werden sie garselbst zum unfreiwilligen Werkzeug einer Intrige gegen Staatsführungund Geheimdienst? Noch lässt sich die Affäre kaum entschlüsseln.Sarkozy will jedenfalls verhindern, dass die Ermittlungeneinschlafen, und hat frühzeitig Anzeige erstattet.(dpa)

KStA abonnieren