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Alles Müller-Kölsch, oder was?

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"Traugott Simon" - eine neue Marke für Kölsch-Trinker.

"Traugott Simon" - eine neue Marke für Kölsch-Trinker.

Kölsch-Trinker haben trotz des Brauerei-Sterbens immer noch die Qual der Wahl unter rund 30 einheimischen Marken. Jetzt ist sogar noch eine dazugekommen: das „Traugott Simon Kölsch“. Nicht nur der Name, sondern sozusagen alles an diesem Bier ist extrem ungewöhnlich. Es kostet mit 7,99 Euro pro Kasten deutlich weniger als jedes andere Kölsch - im Vergleich zu den führenden Premiummarken ist es sogar um rund zwei Drittel billiger. Hergestellt wird es - den Angaben auf der Flaschenrückseite zufolge - in der „kleinen Privatbrauerei Traugott Simon“. Von der haben selbst alteingesessene Kölner noch nie etwas gehört. Das ist allerdings auch kein Wunder. Eine Brauerei dieses Namens gibt es in der Stadt nämlich gar nicht, was dann umgehend auch den Kölner Brauerei-Verband auf den Plan rief.

Der wurde mit Erfolg aktiv. Der Krefelder Getränkemarktbetreiber trinkgut, der das Kölsch in Köln produzieren lässt, hat inzwischen eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben, berichtet der Geschäftsführer des Brauerei-Verbands, Adolf Andörfer. Danach werden die irreführenden Angaben korrigiert und Altbestände nur noch bis einschließlich heute verkauft. Von morgen an müssen die Etiketten geändert oder zumindest überklebt sein. Die Vertragsstrafe bei Zuwiderhandlungen beträgt 10 000 Euro.

Hoch interessant - und deutlich vertrauter als der ungewöhnliche Name - ist die Vorderseite des Traugott-Kölsch: Das Etikett in Rot-Weiß-Gold, mit altertümlichem Schriftzug und elf kölschen Flammen erinnert in Form und Farbe stark an den Auftritt von Früh. In dem kölschen Traditionshaus wird denn auch interveniert: Man habe trinkgut gebeten, die Anmutung zu ändern, sagt Früh-Vertriebschef Dirk Heisterkamp. Doch diese Intervention ist pikant: Gebraut wird das neue Billig-Kölsch nämlich bei Sünner in Kalk - und diese Brauerei gehört ausgerechnet Ingrid Müller-Sünner, der Frau des Früh-Mitinhabers Hermann Müller. Und sie produziert nebenher auch noch die Billig-Marke Severins. Alles Müller-Kölsch, oder was?

Dass das - durchaus eloquente - Ehepaar Müller im Vorfeld nicht miteinander über die neue Marke gesprochen hat, gilt in Kölsch-Kreisen als ausgeschlossen. Für Müller-Sünner ist das Traugott-Kölsch wohl nur ein Beitrag zur besseren Auslastung der eigenen Brauerei. Ihren Mann wird das allerdings weniger freuen, denn in den regionalen Getränkemärkten des Krefelder Händlers soll die billige Alternative die teure Konkurrenz von Reissdorf und Früh bereits in die Ecke gedrängt haben. Kölsch-Brauer, Bierverleger und Händler könnten sich bei anhaltendem Erfolg nun auch selbst dazu genötigt sehen, auf das Billigst-Kölsch mit eigenen Low-Cost-Marken zu reagieren. Vielleicht muss dann sogar die erfolgreiche Mono-Marke Früh ein preiswerteres Zweitprodukt auf den Markt bringen.

Das neue Traugott-Kölsch gibt es bislang übrigens nur außerhalb der Stadtgrenzen zu kaufen, weil die Krefelder mit ihren Getränkeabholmärkten in Köln selbst noch nicht aktiv sind. Dafür ist der NRW-Marktführer rund herum gut vertreten: etwa in Leverkusen, Frechen, Euskirchen Troisdorf, Siegburg und Bonn. Die Kette verfügt insgesamt über 220 Verkaufsmärkte und ist damit alles andere als unbedeutend. Künftig sind zudem Neueröffnungen wohl auch in Köln geplant.

Probiert haben wir die Kostbarkeit „Traugott Simon“ übrigens noch nicht. Wir müssen die aus dem Umland importierte heiße Ware erst noch kalt stellen.

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