AntisemitismusStaatsanwalt: Keine Volksverhetzung

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Diese Karikatur hat zahlreiche Kölner Bürger gegen die „Klagemauer“ auf den Plan gerufen. (Bild: Buurmann)

Diese Karikatur hat zahlreiche Kölner Bürger gegen die „Klagemauer“ auf den Plan gerufen. (Bild: Buurmann)

Köln – Die Staatsanwaltschaft Köln wird die Anzeigen mehrerer Bürger gegen die so genannte Klagemauer auf der Domplatte ablehnen. Die Tendenz gehe in diese Richtung, sagte Oberstaatsanwalt Rainer Wolf dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Vor einer endgültigen Entscheidung sollen aber noch die Argumente in einer weiteren Anzeige geprüft werden, die die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gestellt hatte.

Die Antragsteller werfen dem Macher der „Klagemauer“ am Dom, Walter Herrmann, Volksverhetzung vor. Grund: An einer der Pappwände seiner Dauer-Demonstration zum Nahost-Konflikt vor dem Dom war eine Karikatur zu sehen, in der eine durch den Davidstern als Jude ausgewiesene Figur einen palästinensischen Jungen mit Messer und Gabel zerteilt und dazu ein Glas Blut trinkt. Der Theatermacher Gerd Buurmann und andere Kölner Bürger sehen dies nicht als zulässige Kritik an Israel, sondern als volksverhetzend an. Die Karikatur knüpft aus ihrer Sicht an die antisemitischen Ritualmordlegenden des Mittelalters an: Die haltlose Behauptung, Juden würden christliche Kinder töten und das Blut beim Backen von Mazze-Brot verarbeiten, war ein Motiv des christlichen Antisemitismus und hat europaweit über Jahrhunderte zu Pogromen gegen Juden geführt.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft denke der durchschnittliche heutige Betrachter der Karikatur nicht an diese Geschichte, sondern erkenne darin eine polemische Kritik an der israelischen Armee. Diese sei aber nicht durch den Paragrafen 130 StGB betroffen. Um auf Grundlage dieses Volksverhetzungs-Paragrafen das grundgesetzlich geschützte Gut der Meinungsfreiheit einzuschränken, müsse vielmehr ein Teil der „inländischen“ Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden. Das träfe zu, wenn sich die Karikatur offensichtlich gegen deutsche Juden oder in Deutschland lebende Israelis richtet. Dies ist laut Staatsanwaltschaft nicht der Fall.

Walter Herrmann hat die Pappwände zum Nahost-Konflikt inklusive der Karikatur zwischenzeitlich von der Domplatte entfernt, will sie aber offenbar im Juni wieder aufbauen.

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