Armut schließt aus

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Oberbergischer Kreis - „Die Armut schließt Kinder aus dem gesellschaftlichen Leben aus“, sagt Edda Puhl, die Vorsitzende des Kinderschutzbunds Oberberg. „Wenn die Eltern kaum Geld haben, können Musikunterricht oder Sportgeräte nicht bezahlt werden.“ Nicht finanzierbar sind Schulausflüge, Geschenke für Geburtstagspartys oder das Familienessen bei der Konfirmation. „Die Anzahl der in Armut lebenden Kinder hat sich seit 2004 verdoppelt“, meldet der Deutsche Kinderschutzbund.

Der Kreisverband Oberberg setzt deshalb einen Schwerpunkt auf die Unterstützung von Familien in finanzieller Not. Dabei wird nicht selten ganz praktische Hilfe geleistet. „Wir bezahlen zum Beispiel den Anzug für die Konfirmation und die Stromrechnung oder wir fahren mit einer sechsköpfigen Familie zum Großeinkauf“, so Edda Puhl. Für diese Zwecke ist der Verein nicht nur auf Mitgliederbeiträge, sondern auch auf Spenden angewiesen.

In Oberberg hat der Kinderschutzbund 70 Mitglieder. Gegründet wurde der Kreisverband vor 33 Jahren, seit Ende 2004 ist Edda Puhl Vorsitzende. „Wir haben die Arbeit im letzten Jahr neu strukturiert“, berichtet Puhl. Der Verein verschaffte sich einen Überblick über Bedarf, Probleme und Hilfsmöglichkeiten. „Schnell hat sich herauskristallisiert, dass die Kinderarmut das drängendste Thema ist, dem wir uns widmen wollen.“ Laut Europäischer Union gilt als arm, wer weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens in seinem Land zur Verfügung hat. Für Oberberg bedeutet das: Arm ist eine Familie mit zwei Kindern und weniger als 1499 Euro im Monat, arm ist eine Alleinerziehende mit einem Kind und weniger als 833 Euro monatlichem Einkommen.

Die Schere klafft

„Es gibt eine verschämte Armut“, hat Puhl beobachtet. „In den sechziger und siebziger Jahren mussten fast alle kinderreichen Familien sparen, das war schon fast die gesellschaftliche Norm.“ Heute jedoch klaffe die Schere zwischen Arm und Reich weit auseinander: „Wer nicht mithalten kann, wird ausgeschlossen.“

Eine weitere Aufgabe des oberbergischen Kinderschutzbunds ist das Informieren der Öffentlichkeit. Es werden Ausstellungen organisiert, außerdem gibt es regelmäßige Vorträge von Fachleuten. Der Kinderschutzbund hält Kontakte zu anderen Einrichtungen - so etwa zur Suppenküche in Gummersbach, zu Sonderschulen und Kindertagesstätten, zum Tagesmütternetz oder Stadtteilkonferenzen. „So bekommen wir mit, wenn vor Ort Hilfe benötigt wird.“

Für Kinder bietet der Kinderschutzbund Hilfe bei den Schulaufgaben an, die Eltern können sich beraten lassen und an den Seminaren „Starke Eltern - Starke Kinder“ teilnehmen. Die Kurse finden auch in Oberberg statt und sollen Mütter und Väter bei ihrer Erziehungsarbeit stärken. „Viele Eltern sind heute verunsichert, ihnen fehlt der rote Faden bei der Erziehung“, sagt Edda Puhl. Auf der anderen Seite seien die Mütter und Väter offen für jedes Hilfsangebot. „Sich helfen zu lassen, ist heutzutage keine Schande mehr.“

Der Kinderschutzbund ist natürlich auch Ansprechpartner bei Fällen von Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung.

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