Autobahn-PolizeiMit der Kamera gegen Raser

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Den weißen Porsche verfolgten die Autobahnpolizisten zeitweise mit über 200 Stundenkilometern. Er hatte Glück und entkam. (Bild: Ralf Krieger)

Den weißen Porsche verfolgten die Autobahnpolizisten zeitweise mit über 200 Stundenkilometern. Er hatte Glück und entkam. (Bild: Ralf Krieger)

Leverkusen – Ihr Arbeitsplatz ist eng, hat zwei Kameras und 200 PS: Vier bis sechs Stunden sitzen die Beamten der Autobahnpolizei täglich im Wagen und sind auf den Straßen rund um Leverkusen unterwegs. Schreibtischjob? Fehlanzeige.

"Man sollte schon gerne Autofahren in unserem Beruf", weiß Autobahnpolizist Frank Samary. Seit 13 Jahren ist der Polizeikommissar Rasern und Dränglern mit den "Provida-Autos" auf der Spur. Kurz nach zwölf sitzt er an diesem Tag im Auto, um Verkehrssünder aufzuspüren und ihnen ins Gewissen zu reden. Denn das, so Samary, sei der entscheidende Vorteil der Provida-Autos gegenüber Laser- oder Radartechnik: "Man kann direkt nach dem Verstoß ein aufklärendes Gespräch führen."

Zwei Kameras

Der Wagen ist mit zwei Kameras ausgestattet - einer Front- und einer Heckkamera. Die Heckkamera überführt zum Beispiel Fahrer, die am Steuer telefonieren. Meistens aber wird nach vorne gefilmt. Ein Knopfdruck aktiviert die Aufnahme, über eine Sprachaufnahme können zusätzliche Informationen wie Kilometerstand oder Geschwindigkeitsbegrenzung auf das Video gesprochen werden.

Viel Zeit zum Überlegen bleibt den Beamten auf der Straße nicht: Ein VW Phaeton rast im Kreuz Leverkusen von hinten heran. Die Heckkamera filmt den Abstand - nur wenige Meter. Der Provida-Wagen schert nach rechts auf die Mittelspur und macht Platz. Das Zeichen für den VW, das Gaspedal noch einmal bis aufs Bodenblech zu drücken. Das Messgerät zeigt 155 Stundenkilometer bei erlaubten 100. Der Verfolgte überholt ein weiteres Auto, schert in einem bedenklichen Manöver von links über die Mittelspur nach rechts: Vollbremsung - der VW will auf die A 3 wechseln und kriegt so eben noch die Abzweigung.

Kelle raus: Bitte folgen!

Noch vor der Abfahrt Leverkusen ist die Fahrt für den Mann aus Neuss vorerst vorbei. Die Kelle schwenkt aus dem zivilen Polizeiwagen, auf der Heckscheibe leuchtet "Bitte folgen". Auf dem Tüv-Parkplatz an der Stixchesstraße kommt es zur Konfrontation: 55 km/h zu schnell, 8 km/h Toleranz werden noch abgezogen. Am drohenden Fahrverbot ändert das allerdings nichts mehr. Einsehen mag der Fahrer das jedoch nicht. Wegen 400 oder 500 Metern sei er nun seinen Führerschein und vielleicht auch seinen Job los, schimpft er. In eine Falle habe man ihn gelockt, wirft er den Beamten vor und will das Video sehen. Danach wird er ruhiger. Die Bilder sind eindeutig.

Genau auf diese eindeutigen Fälle haben es die Autobahnpolizisten abgesehen. "Wir gucken nach Fällen, die gerichtsfest also eindeutig beweisbar sind", erklärt Samary. Fahrer, die zehn km/h zu schnell unterwegs sind, interessieren den Polizeikommissar und seine Kollegen nicht. Dafür gebe es Radar- oder Laserkontrollen. Man ziehe vor allem aggressive Fahrer aus dem Verkehr. "Alle anderen haben dann eben Glück gehabt", sagt der 43-jährige Familienvater. Manchmal fahre man eine Stunde, ohne jemanden anzuhalten, an anderen Tagen halte man einen Fahrer nach dem anderen an.

Glück gehabt

Und plötzlich geht es wieder los: Ein Porsche zieht links am Wagen der Autobahnpolizisten vorbei, die Beamten setzen sich dahinter. Die Tacho-Nadel zeigt 160, 180 und schließlich mehr als 200 Stundenkilometer. Die Messung läuft. Doch dann - und das passiert den Beamten häufiger - zieht ein deutlich langsamere Wagen von rechts vor das Polizeiauto. Vollbremsung, Abbruch der Messung. Der Porsche verschwindet am Horizont . Wieder einer, der Glück hatte. Doch die eigene Gesundheit und die anderer Verkehrsteilnehmer gehen vor. Keine Verfolgung wird durchgezogen, wenn den Polizisten oder anderen Gefahr droht.

Kurz darauf auf der A 1 in Richtung Köln: Mittlerweile ist es Nachmittag, die Straßen füllen sich. Und ja, auch die Autobahnpolizei stehe manchmal im Stau. Man stelle sich genauso hinten an, wie die anderen auch, berichtet Samary. Raser erwische man dann zwar nicht, aber ein Fahrer, der unerlaubt den Seitenstreifen benutzt, gehe einem so schon einmal ins Netz. An diesem Nachmittag ist der Seitenstreifen zwar frei, beim Blick nach rechts erwischen die Beamten aber eine junge Frau beim Telefonieren. Wieder kommt die Kelle zum Einsatz. Die junge Frau beendet ruhig ihr Telefonat und folgt der Polizei. Sie ist einsichtig - wie die meisten, die man anhalte, so Samary.

Mit Handy am Steuer

Die Polizisten erklären der Fahrerin, dass sie sich nicht äußern muss und Widerspruch einlegen kann. "Warum denn? Ich hab doch telefoniert", lacht sie. "Ich weiß ja, dass ich das nicht darf. Es ist einfach eine Idiotie, dass man kein Headset benutzt." Die Aufnahme der Personalien verläuft freundlich, zum Abschied wünschen sich alle einen schönen Tag. Frauen würden vielleicht nicht häufiger am Steuer telefonieren, weiß Samary, aber im Schnitt deutlich länger als Männer. .

Gegen Abend geht es zurück in die Wache an der Raststätte Frechen. Dort werden die Videoaufnahmen überspielt, Anzeigen geschrieben. 295 Kilometer ist Samary an diesem Tag unterwegs gewesen, fünf Stunden gut gelaunt auf den Autobahnen. Und nach einem kurzen Stopp am Schreibtisch geht es am nächsten Tag wieder dahin, wo Samary am liebsten ist: mit dem Auto auf die Straße.

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