Bau und InstandhaltungDDR gab Milliarden aus

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Die DDR-Führung gab Milliarden für die Instandhaltung der Mauer aus. (Bild: dapd)

Die DDR-Führung gab Milliarden für die Instandhaltung der Mauer aus. (Bild: dapd)

GESA - Die Schrift auf dem kreisrunden Verbotsschild war den meisten fremd. Doch die Botschaft der kyrillischen Buchstaben, mit denen die sowjetischen Behörden in der Nachkriegszeit ihre Besatzungszone abriegelten, wurde von den Menschen zwischen Ostsee und Thüringer Wald verstanden. An zahllosen Straßen und Wegen von Ost nach West machten die Sperren mit der russischen Aufforderung „stoi“ für „halt“ Schluss mit ungehinderter Freizügigkeit. Im Thüringer Grenzmuseum „Point Alpha“ bei Geisa in der Rhön steht eine dieser Straßensperren von 1947 für den Beginn des systematischen Ausbaus der DDR-Grenze.

Dabei waren die Einschränkungen zunächst gering. Zwar folgten den ersten Straßensperren bald Zäune und andere Hindernisse mit Stacheldraht. Die ersten Wachtürme wurden mit der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 errichtet. Doch für das Hin und Her vor allem der Bewohner von benachbarten Orten genügte anfangs ein Passierschein. Zum nahezu unüberwindbaren Hindernis mit Sperrzäunen und Schießbefehl machte die DDR ihre „Staatsgrenze West“, wie sie Ost-Berlin ab 1957 nannte, erst im Laufe der Jahre.

Die innerdeutsche Grenze war stets mehr als nur die Mauer in Berlin. Doch die Situation in der geteilten früheren Hauptstadt war durch Fernsehen und Hörfunk aus dem Westen auch in ostdeutschen Wohnzimmern präsent. Dagegen fand der Ausbau der knapp 1.400 Kilometer langen Landesgrenze von der Lübecker Bucht bis zum Frankenwald weitgehend ohne überregionale westliche Medien statt.

Anhaltende Atmosphäre des Misstrauens

DDR-Bürger von außerhalb kamen in das fünf Kilometer breite Grenzgebiet seit dem Gesetz über die „Errichtung eines besonderen Regimes an der Demarkationslinie“ vom 26. Mai 1952 ohnehin nur mit Passierschein. Zudem sorgten die willkürlichen und zwangsweisen Aussiedlungen von über 11.000 Menschen in den Jahren 1952 und 1961 als „feindliche, verdächtige und kriminelle Elemente“ unter den Menschen im Sperrgebiet für eine anhaltende Atmosphäre des Misstrauens.

So gelangten in der DDR Informationen von der Grenze kaum nach draußen. Um so größer war im Herbst 1989 das Erschrecken vieler DDR-Bürger, als sie bei ihrer ersten Fahrt in den Westen die Grenzanlagen erstmals aus nächster Nähe mit eigenen Augen sahen. Die massiven Befestigungen waren das Ergebnis von drei Jahrzehnten deutscher Perfektionierung, die von der DDR nach dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 gezielt vorangetrieben wurde. Allein bis 1964 werden die Kosten für den Mauerbau und die Befestigungen an der Landesgrenze auf über 1,8 Milliarden DDR-Mark geschätzt.

Zur Grenzsicherung durch Ost-Berlin gehörten 1,3 Millionen Bodenminen ebenso wie Hunderte Beobachtungstürme und Erdbunker, Hunde-Laufanlagen, Warnsysteme und Sperrgräben für Kraftfahrzeuge. Ab 1965/66 erhielten mehrere Grenzorte nach Berliner Vorbild eine Betonmauer, weshalb das thüringisch-bayerische Dorf Mödlareuth als „Little Berlin“ in die Geschichte der deutschen Teilung einging. Mitunter wurden ganze Dörfer geschleift, wenn sie dem Grenzausbau im Wege waren. Allein in Südthüringen gibt es dafür eine Handvoll Beispiele.

Im Oktober 1970 begann die DDR mit der Installation von rund 60.000 Selbstschussanlagen SM-70, deren Mündungen eindeutig auf mögliche „Grenzverletzer“ aus dem eigenen Land gerichtet waren. Nach massiven westlichen Protesten sagte die Ost-Berliner Führung schließlich 1983 die Demontage die tödlichen Splitterminen zu - als Gegenleistung für einen Milliardenkredit aus der Bundesrepublik. Doch ungeachtet zunehmender wirtschaftlicher Schwierigkeiten ließ sich die DDR die Grenzsicherung bis zuletzt Milliarden kosten.

Neben den geschätzten 500 Millionen DDR-Mark jährlich für Wartung und Unterhaltung der Anlagen sollten zwischen 1988 und 2000 allein rund 260 Millionen Mark in moderne Überwachungstechnik mit Infrarot und Mikrowellen investiert werden. Solche Planungen waren jedoch mit dem Mauerfall endgültig Geschichte. Es blieb die Erinnerung an die schätzungsweise fast 900 Menschen, die an der Landesgrenze und an der Berliner Mauer ums Leben kamen. Geblieben ist auch die Lebenslinie „Grünes Band“ als riesiger Biotopverbund für einzigartige Pflanzen und Tiere. (epd)

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