Bewährungsstrafe für „Koran-Toilettenpapier” - Aufdruck

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Lüdinghausen - Weil er Klopapier mit dem Satz "Koran,der heilige Koran" bestempelt und dann versandt hat, hat dasAmtsgericht Lüdinghausen einen 61 Jahre alten Mann aus demMünsterland zu einem Jahr Haft verurteilt. Die Strafe wegenBeschimpfung von Bekenntnissen und der Störung des öffentlichenFriedens wurde auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zudem mussder Frührentner 300 Sozialstunden leisten. Das Strafmaß sei auch imZusammenhang mit der aktuellen politischen Diskussion um dieMohammed-Karikaturen zu betrachten, sagte Richter Carsten Krumm.

"Die Bedeutung hat sich erheblich gesteigert durch dieweltpolitische Lage", sagte der Richter in der Urteilsbegründung.Auch Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer betonte, mit derStrafzumessung sei ein "deutliches Zeichen nach außen gesetztworden." Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Die islamischeRepublik Iran hatte sich im Vorfeld des Prozesses in eineroffiziellen Note an das Auswärtige Amt in Berlin gewandt undscharf gegen die Verunglimpfung des Koran protestiert.

Der 61-Jährige wird wegen der Provokation seit Wochen massivbedroht und fürchtet um sein Leben. Die Polizei Coesfeld gewährt ihmPersonenschutz. Er selbst hatte vor Gericht angegeben, mündlich undschriftlich mehrere Morddrohungen erhalten zu haben. Außerdem habe erMunition für Schusswaffen in seinem Briefkasten gefunden. "Ich habeseit Wochen kaum noch geschlafen", sagte der Angeklagte.

Der Mann hatte die Aktion nach eigenem Bekunden im Umfeld derislamistisch begründeten Attentate auf U-Bahnen und Autobusse inLondon sowie des Mordes an dem niederländischen Filmemacher Theo vanGogh im November 2004 begangen. Er wollte nach eigenen Angaben einMahnmal für Opfer des islamistischen Terrors finanzieren. Er schicktedas Papier, gemeinsam mit einem Pamphlet, in dem er den Koran als"Kochbuch für islamistische Terroristen" bezeichnete, an mehrereFernsehsender sowie an 22 Moscheen und islamische Kulturvereine.

Zunächst hatte er angegeben, nur der verlängerte Arm eines Kreisesvon Kunststudenten gewesen zu sein. Diese Behauptung erneuerte erjedoch nicht, nachdem sich Gericht, Verteidigung undStaatsanwaltschaft auf ein mögliches Strafmaß geeinigt hatten. Erdrückte stattdessen sein Bedauern über die Tat aus und beteuerte,sich über die Strafbarkeit seines Tuns nicht im Klaren gewesen zusein. Oberstaatsanwalt Schweer sagte nach dem Urteil, das Geständnissei nur "unter dem Druck der Beweisaufnahme" zu Stande gekommen.

Richter Krumm sprach von einer "erheblichen Verblendung" bei dem61-Jährigen. Der wegen anderer Delikte mehrfach vorbestrafte Mannhatte nach eigener Darstellung rund 15 Jahre in islamischen Ländernwie Irak, Saudi-Arabien und Kuwait gelebt und in dieser Zeit offenbareine starke Antipathie zum Islam aufgebaut. "Die Aktion deckt sichweitgehend mit meiner innerlichen Meinung", sagte er auf derAnklagebank.

(dpa)

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