Buch für die StadtRückblicke in die Kindheit

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Das Bayerkreuz wurde zu einer Episode eingeblendet, in der es um Tabletten ging. Alina Wesser-Saalfrank las. (Bild: Ralf Krieger)

Das Bayerkreuz wurde zu einer Episode eingeblendet, in der es um Tabletten ging. Alina Wesser-Saalfrank las. (Bild: Ralf Krieger)

Wiesdorf – Lustig ist das Zigeunerleben wahrscheinlich nur in der Operette. Der Begriff „Zigeuner“ wird aus politischer Korrektheit häufig gemieden. Schlimm ist, dass man immer noch so wenig weiß über das Leben zum Beispiel der Roma. Jovan Nikolic, Roma-Kulturbotschafter des Jahres 2012, hat in seinem Buch „Weißer Rabe, schwarzes Lamm“ sehr dichte, oft bedrückende und manchmal betörend schöne Rückblicke in die Kindheit geworfen. Nikolic, geboren 1953, hat eine serbische Mutter und einen Roma-Vater. Die Mutter war Sängerin, der Vater Saxofonist. Onkel Opa, Tante, Oma, gehören zum Kosmos der kleinen Erzählungen dazu; aber auch Fußballgegner, die ausgrenzen, und die eigene Mannschaft. Die hält nicht immer zum schmächtigen Knaben, der an Vitaminmangel körperlich und gesellschaftlich leidet.

Im Rahmen der Aktion „Ein Buch für die Stadt“ haben sich das Literaturhaus Köln und der „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf das schmale Bändchen „Weißer Rabe, schwarzes Lamm“ geeinigt. Es gibt keinen richtigen Erzählstrang, was manchem womöglich erst nach mehrfachem Lesen einen Zugang verschafft. Das Junge Theater Leverkusen hat für seine Aufführung im Erholungshaus eine Mischung aus Lesung (Alina Wesser-Saalfrank) und szenischem Spiel (Alexandra Schulten, Melissa Pohlmann, Tankred Felske, Steffen Meyn und Kilian Bierwirth) gewählt. Regisseurin Petra Clemens drehte kleine Impressionen vom Bayerkreuz bei Nacht, dem Wasserfall sowie dem Stamm der Blutbuche im Schlosspark, Koppeln des Bayer-Reitvereins und Tohuwabohu im Trödelladen.

Ohne große Worte

Diese feinen Bilder liefen punktuell auf Großleinwand im Hintergrund. Das szenische Spiel war ebenfalls sporadisch. Aber es unterstützte die Erzählung ungemein. Emotionen, Lachen, Freude, Bestürzung und Liebe brachten die Schauspieler ohne große Worte mit anrührender Leichtigkeit ins Spiel. Das machte den Text noch intensiver, veranlasste zum Innehalten. Elmar Fasshauer begleitete das Junge Theater auf dem Saxophon, sei es mit Melodien oder Geräuschen, die an nassen Asphalt oder ratternde Züge erinnern.

Kompakt ist, was Nikolic in kurzen Bilder vermittelt. Aberglauben und Spuk haben auf den Autor als Kind ebenso eingewirkt wie kulinarische Freuden zwischen Topfenstrudel, Geflügelkeule und Sahne. Die Seele in Pflanzen, Musik und Menschen bringt Nikolic mit wenigen Worten zum Klingen. Das Junge Theater spielte in der Erzählmelodie wunderbar mit.

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