Abo

Charlize Theron und Margot Robbie„Jede Frau kennt Sexismus im Arbeitsumfeld“

Lesezeit 4 Minuten
5FA08C009578360A

Charlize Theron (links) und Margot Robbie (rechts) nehmen Nicole Kidman in die Mitte

  • „Bombshell“ gilt als der erste Film im Geiste von #MeToo. Er handelt vom Widerstand gegen sexuelle Übergriffen beim US-Fernsehsender Fox News.
  • Die beiden Hauptdarstellerinnen Charlize Theron und Margot Robbie erzählen, wie sie sich ihren Rollen näherten.
  • Theron ist auch Produzentin des Films und berichtet, woran das Projekt beinahe gescheitert wäre.

Köln – Charlize Theron und Margot Robbie spielen gemeinsam mit Nicole Kidman die Hauptrollen im aktuellen Kinofilm „Bombshell“. Darin geht es um den Widerstand mehrerer Mitarbeiterinnen von Fox News gegen dessen Chef Roger Ailes und dessen sexuelle Übergriffe. „Bombshell“ gilt als der erste Film im Geiste von #MeToo.

Miss Theron, Miss Robbie, in jüngeren Jahren soll Roger Ailes, Antiheld ihres Films „Bombshell“, ein umgänglicher, geradezu charmanter und längst nicht so reaktionärer Mann gewesen sein ...

Charlize Theron: So wie ich ihn nach meinen Recherchen gesehen habe, hatte er auf jeden Fall eine ganz klare Agenda, als er bei Fox News anfing. Beziehungsweise sah er eine Chance, die Sache zu einem Erfolg zu machen – und hatte fortan nichts anderes mehr im Blick. Für den Rest seines Lebens war er besessen von dem Sender. Was seinen Charme angeht: Der ist nie völlig verschwunden. Alle in seinem Umfeld haben immer wieder darüber gesprochen, wie charmant und warmherzig er im Gespräch sein konnte und wie sehr man sich im Idealfall von ihm unterstützt und gefördert fühlte. Was ihn zu einer so interessanten Filmfigur macht, denn genau so sind nun einmal viele Täter im realen Leben. Das macht ja gerade die Schwierigkeit auch vieler #MeToo-Fälle aus, auch für die Opfer: dass wir uns oft nicht vorstellen wollen, dass jemand übergriffig wird, der doch eigentlich wie ein Verbündeter wirkte.

Alles zum Thema Film und Fernsehen

„Ein Verbündeter, der übergriffig wird“

In den USA ist Fox News der meistgesehene Nachrichtensender, aber im Rest der Welt spielt er keine allzu große Rolle. Ist das nicht ein Problem für den Film?

Margot Robbie: Das glaube ich nicht, zumindest, wenn ich von mir selbst ausgehe. Als Australierin bin ich überhaupt nicht mit Fox News aufgewachsen, und weil ich nicht unbedingt ein Nachrichten-Junkie bin, war ich auch mit dem Fall Roger Ailes eher oberflächlich vertraut. Ich kannte alle die Personen also kaum, um die es in „Bombshell“ geht. Trotzdem war ich vollkommen gepackt von diesem Drehbuch, so wie damals bei „I, Tonya“, wo ich im Vorfeld auch nicht wusste, dass Tonya Harding eine reale Person ist. Ich bin mir sicher, dass man unseren Film überall auf der Welt und ohne Vorkenntnisse sehen kann.

Zumal es ja um mehr geht als nur die Fakten dieses Falls, nicht wahr?

Theron: Auf jeden Fall. Für mich ist das kein Film ausschließlich über die USA, und auch keiner, in dem es darum geht, politisch Stellung zu beziehen. Sondern es geht um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und um die ungleiche Behandlung von Frauen allgemein. Das sind also Menschenrechtsfragen, und die sind doch universell relevant und verständlich.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was die Frauen bei Fox News erlebten, resultiert also auch nicht speziell aus dem Arbeitsklima einer kompetitiven Medienbranche?

Robbie: Nein, sicher nicht ausschließlich. Eigentlich kenne ich keine Frau, die ihn ihrem Arbeitsumfeld nicht Vergleichbares erlebt. Nicht in diesem Extrem und nicht immer körperlich. Aber mindestens aufs Äußerliche abzielende Kommentare sind eigentlich allen Frauen vertraut.

Theron: Ich denke auch, dass wir uns alle sehr bewusst sind, dass so etwas zumindest passieren kann. Und in jedem Berufsfeld auf der ganzen Welt stattfindet. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir uns mit #MeToo oder einer Initiative wie #TimesUp nicht nur auf die Filmbranche konzentrieren, sondern beispielsweise die Avocado-Pflückerinnen in Nordkalifornien nicht vergessen.

Eine Frage noch an Sie als Produzentin, Frau Theron. Stimmt es, dass „Bombshell“ um ein Haar nicht gedreht worden wäre?

Theron: Zumindest gab es eine schwierige Situation, kurz bevor es losgehen sollte mit den Dreharbeiten. In der Vorbereitung war alles schnell gegangen: kaum war Regisseur Jay Roach mit an Bord, wurden er und ich uns schnell einig, welche Schauspielerinnen wir anfragen wollten. Margot und auch Nicole Kidman waren zwei Kolleginnen, mit denen ich immer schon mal arbeiten wollte. Innerhalb von drei Monaten war alles startklar, doch dann brach uns zwei Wochen vor Drehbeginn der amerikanische Verleih weg.

Von dem auch ein Großteil des Produktionsbudgets kommen sollte ...

Theron: Genau. Ich musste neues Geld auftreiben und versuchen, dass sich der Starttermin nicht zu sehr verzögert. Schließlich sind Margot und Nicole vielbeschäftigt und haben nicht viele Lücken in ihrem Terminkalender. Ich erinnere mich noch, wie ich hochnervös bei Nicole anrief und herumzustottern begann, weil ich ernstliche Sorgen hatte, sie könnte abspringen. Aber zum Glück unterbrach sie mich und meinte: „Halt den Mund, ich bleibe natürlich dabei. Du kannst dich auf mich verlassen!“ Offensichtlich war uns allen diese Geschichte viel zu wichtig, als dass es infrage gekommen wäre, sie nicht zu erzählen.

„Bombshell“ läuft derzeit in den deutschen Kinos. 

KStA abonnieren