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Das Wasser stand hüfthoch

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Die Straßen stehen meterhoch unter Wasser.

Die Straßen stehen meterhoch unter Wasser.

Kreis Euskirchen - Landunter in Aachen undin der Eifel: Stundenlange Regenfälle haben dort in der Nacht zumFreitag zu Überschwemmungen geführt. Mehrere Flüsse traten über dieUfer, Straßen und Keller standen unter Wasser. In Aachen lief derhistorische Ortskern von Kornelimünster voll. In der Eifel warenmehrere Ortschaften vom Dauerregen betroffen, Straßen musstengesperrt werden. Doch schon am Vormittag entspannte sich die Lagewieder. Am Nachmittag sagte ein Sprecher der Feuerwehr: "Das Wasserist konstant zurückgegangen." Auch für den Kreis Euskirchen gab es Entwarnung.

Es war kurz vor 5 Uhr am Freitagmorgen, als in der Rettungsleitstelle des Kreises Euskirchen die eh schon mehr als angespannte Lage beinahe aussichtslos wurde. Kreisbrandmeister Udo Crespin, der Leiter des Rettungsdienstes, griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer von Landrat Günter Rosenke. Punkt 5 Uhr stellte dieser den Großschadensfall für seinen Landkreis fest. Bis dahin koordinierten Udo Crespin und sein Führungsstab bereits seit mehr als acht Stunden über 700 Feuerwehrleute aus so gut wie jeder Kommune des Kreises Euskirchen inklusive zweier Löschzüge aus dem Kreis Düren. Der Grund: Die starken Regenfälle am Donnerstag und auch in der Nacht zum Freitag forderten ab Donnerstagabend ihren Tribut. Das Flussbett der Erft schaffte die gewaltigen Wassermassen nicht mehr.

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Im Bad Münstereifeler Stadtgebiet ging es ab 21 Uhr los. Zunächst trat in Schönau die Erft über die Ufer. Von da an ging es Schlag aufSchlag: Ob Eicherscheid, Bad Münstereifel selbst oder Iversheim:die Feuerwehrleute der Stadt Bad Münstereifel hatten alle Hände vollzu tun, pumpten die Wassermassen ab und begannen, Sandsäcke zu verlegen. Doch alle Mühen waren vergebens. Gegen die gewaltigen Wassermassen, die die Erft bereithielt und über die Ufer schwemmte, hatten sie nichts entgegenzusetzen.

Wasser stand ein Meter hoch in den Straßen

Am schlimmsten traf es zunächst das 118-Seelen-Örtchen Gilsdorf,das zwischen Nöthen und Pesch liegt. Der Eschweilerbach konntedas Wasser, das aus der Erft strömte, nicht mehr aufnehmen. Der Bachtrat über die Ufer und überschwemmte den Ort. Innerhalb kürzester Zeit stand das Wasser in dem Ort fast einen Meter hoch in denStraßen, alle Häuser liefen voll. Feuerwehrleute, die durchs Nasswateten, standen bis zur Hüfte im Wasser.

Zahlreiche Löschzüge aus den südlichen Kommunen im Kreis Euskirchen wurden zur Unterstützung nach Gilsdorf gerufen. Im Laufe desAbends eilten Feuerwehrleute aus Mechernich, Kall, Nettersheim,Schleiden, Hellenthal, Blankenheim und Dahlem ins Bad Münstereifeler Stadtgebiet und versuchten, die Wassermassen mit Sandsäckenzu stoppen. Auch das Technische Hilfswerk (THW) und das DeutscheRote Kreuz (DRK) schlugen in Gilsdorf auf. Der Rettungsdienst hatteebenfalls einen Einsatz. Eine bettlägerige Person, die im Erdgeschosseines Hauses untergebracht war, schwamm buchstäblich auf der Matratze durch die Wohnung und musste gerettet werden.

Gegen Mitternacht wurde Gilsdorf dann von der Polizei und denEinsatzkräften mit einem Unimog des THW bei strömendem Regenevakuiert. In vom DRK bereitgestellten Bussen konnten sich die Bewohner aufwärmen und, wenn nötig, behandeln lassen. Einige der Bewohner wollten ihre Häuser nicht verlassen und mussten von der Polizei gezwungen werden. Feuerwehrleute wurden zum Teil in Frontladerschaufeln sitzend mit Traktoren durch Gilsdorf gefahren.

Bundesstraße 51 gesperrt

Auch in anderen Bereichen von Bad Münstereifel herrschte Landunter. Die Bundesstraße 51 zwischen der Kurstadt und Eicherscheid war überschwemmt und musste gesperrt werden. Auch dieKölner Straße war im Bereich des Bahnhofs, also kurz vor dem Feuerwehrgerätehaus, überflutet. Dort hatte sich ein Einsatzleitwagen der Feuerwehr postiert, der die Einsätze im Bad Münstereifeler Stadtgebiet koordinierte und die wichtigsten Meldungen an die Rettungsleitstelle weitergab.

Das gleiche Gefährt stand auch in Kreuzweingarten. EuskirchensFeuerwehrchef Peter Pesch leitete den Einsatz auf kreisstädtischer Seite. Denn auch die Ortschaften Kreuzweingarten und Rheder wurden bereits am Donnerstag Opfer der Wassermassen. Im Laufe derNacht stieg das Wasser dort auf Kniehöhe an. In Rheder schoss dasWasser der übergelaufenen Erft um die Kurve der Dechant-Wollgarten-Straße in den Kieselweg. Seit den 50er- und 60er Jahren, da waren sicheinige Bewohner von Kreuzweingarten und Rheder einig, hat es soein Hochwasser nicht mehr gegeben.

Als ob das schon nicht genug gewesen ist, spitzte sich die Lagegegen 4.45 Uhr noch einmal zu. Urft und Olef traten in Kall und Gemündüber die Ufer, das Hochregallager der Firma Papstar in Kall lief mitWasser voll, Wißkirchen und Satzvey wurden überschwemmt. FürUdo Crespin und seinen Stab war dieses Szenario kaum noch zu stemmen, weswegen Landrat Günter Rosenke die Großschadenslage feststellte.

Zwischen fünf Uhr und sieben Uhr überfluteten die Wassermassenvon Urft und Olef zahlreiche Ortschaften in Kall. In Sötenich standder Dorfplatz unter Wasser, auch die Trafostation der KEV konnte nichtmit Sandsäcken geschützt werden.

Person vermisst

Zu allem Überfluss wurde im Bereich der Kläranlage zwischen Sötenich und Urft eine Person vermisst, die gottlob nach wenigen Minutenunverletzt wieder auftauchte.

In Aachen lief der historische Ortskern von Kornelimünster komplett voll Wasser. Dort war das Flüsschen Inde nach stundenlangem Dauerregen um mehr als 80 Zentimeter angestiegen und über die Ufer getreten. Der historische Marktplatz stand bis zu 70 Zentimeter hoch unter Wasser. Rund 250 Feuerwehrleute waren im Einsatz. Die Feuerwehren Köln, Bonn und Maastricht schickten Unterstützung, nachdem in Aachen die Sandsäcke ausgingen. Die Stadtwerke haben aus Sicherheitsgründen in einigen Bereichen die Stromversorgung unterbrochen, teilte die Feuerwehr weiter mit. Mehrere Autos waren rechtzeitig aus der Gefahrenzone geschleppt worden. (mit dpa)

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