DebütromanBlick zurück auf die Glückskatastrophe

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Es konnte nur dieser Saal in dieser Stadt sein. Alles andere wäre ja eine Laune des Schicksals gewesen, die man Fortuna hätte übel nehmen müssen. So fand die Premiere von Reinhold Neven Du Monts Debütroman „Die Villa“ im Kölner Literaturhaus statt. In jener Institution also, die er 1996 mit Gleichgesinnten gegründet hatte und deren erster und sehr erfolgreicher Vorsitzender er lange Jahre war. Und viele, die diesem Literaturhaus verbunden sind, nicht nur seine beiden Nachfolger im Amt des Vorsitzenden, waren in der Schönhauser Straße dabei, als er seinen Roman einer ungewöhnlichen Liebe, einer großbürgerlichen Familie und einer Wendezeit in Deutschland zur weiterführenden Lektüre empfahl.

Vorab gab Martin Hielscher, Lektor des Beck Verlags in München, einige Einblicke in die Zusammenarbeit, die allem Anschein nach nichts als harmonisch gewesen war. Das mag daran gelegen haben, dass die beiden miteinander recht vertraut sind. Schließlich war Hielscher einige Jahre Lektor bei Kiepenheuer & Witsch, als Reinhold Neven Du Mont noch der Chef des Kölner Verlags war. Allerdings: Hielscher räumte ein, seinen ehemaligen Vorgesetzten durch die Lektüre und die Arbeit am Manuskript noch einmal neu kennengelernt zu haben.

Charmante Standfestigkeit

Ja, wieviel persönliche Erfahrung denn in diesem Roman stecke, ist bei einer solchen Steilvorlage eine mögliche Frage. Moderator Thomas Böhm, Programmleiter des Literaturhauses, unternahm mindestens drei Versuche, den Autor in der Geschichte zu fixieren. Doch mit charmanter Standfestigkeit verwehrte Reinhold Neven Dumont die Antworten auf die einschlägigen Fragen zum Autobiografischen im Fiktiven. Die Romanhelden setzten sich aus vielen Erfahrungen und verschiedenen realen Personen zusammen, sagte er lediglich. An einigen Facetten seien sicher auch Familienmitglieder beteiligt, die dies wohl erkennen können, aber die nicht genannt werden sollen.

So bleibt auch ungeklärt, was aus literarischer Sicht gar nicht geklärt werden muss: Wer denn die so attraktive wie tatkräftige Elisabeth Lauterbach im wirklichen Leben gewesen sein mag, in die sich der Student Robert verliebt. Es ist die Kontaktaufnahme zweier Welten: Da hilft der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Robert der großbürgerlichen Dame, die ihren Mann vor die Tür gesetzt hat, einen Sommer lang bei der Neuordnung ihrer Bibliothek. In einer Villa in München geschieht dies, wo „echte Lenbachs.“ an der Wand hängen, und der Handkuss eine noch gängige Variante der Begrüßung ist.

Robert und die Republik

Es ist das Jahr 1952. Noch ist das Inferno des Krieges nicht fern und noch steht das Wirtschaftswunderland nicht in voller Blüte. Doch die Zeiten stehen auf Veränderung: Die Republik wird flügge - und Robert auch. Er hat die erste große Liebe seines Lebens gefunden. Und leider sogleich wieder verloren. Denn nach den drei Monaten in der Villa hat er Elisabeth Lauterbach niemals wiedergesehen. Ihre Todesanzeige in der Zeitung ist es, die seine ultimative „Glückskatastrohe“ noch einmal in Erinnerung ruft. Die Ausgangspunkt ist für diesen detailgenauen, sanft fließenden und nicht selten amüsanten Roman, der wehmütig zurückblickt auf einen Sommer, der für Robert ein Jahrtausendsommer war - mindestens.

Jedem Autor droht die Frage, welche literarischen Vorbilder er denn habe. Erst recht muss sie dem Autor als ehemaligem Verleger gestellt werden. Da gebe es natürlich eine ganze Menge, meinte Reinhold Neven Du Mont. „Ich habe allerdings vermieden, sie zu Rate zu ziehen.“ Auch habe er während der Arbeit am Manuskript nur sehr wenige Bücher gelesen. Eine sehr bewusste Entscheidung sei das gewesen. „Hätte ich zur Einstimmung etwa die Buddenbrooks gelesen, wäre ich mir so zwergenhaft vorgekommen, dass ich womöglich gescheitert wäre. Aber auch die Lektüre eines schlechten Buches kann fatal sein - das färbt vielleicht ab.“ Er ist lieber bei seinem Text geblieben.

Am Schluss die Zukunftsfrage, obgleich im Moment nichts als Gegenwart angesagt ist für den Autor und sein Werk. „Gibt es ein zweites Buch?“ Reinhold Neven Du Mont will dies nicht alleine entscheiden. Seine Antwort: „Das hängt von der Zuneigung des Publikums zu diesem vorliegenden Buch ab.“ So schaffen sich Leser ihre Bücher.

Reinhold Neven Du Mont: „Die Villa“ , C. H. Beck, 318 Seiten, 18,90 Euro.

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