Der neue Ehrenbürger von Bora Bora

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Tony Marshall singt sich die Seele aus dem Leib.

Tony Marshall singt sich die Seele aus dem Leib.

Köln - Als er das Lied „Schöne Maid“ aufnahm, da hat sich Tony Marshall - geboren als Herbert Anton Hilger - mit viel Chianti einen Schwips angetrunken. In der Hoffnung, dass ihn Produzent Jack White aus dem Studio wirft. Denn er wollte das Lied, damals 1971, eigentlich nicht singen. Zugesagt hatte er zunächst, weil seine erste ambitionierte Platte ein Flop war und er dringend Geld brauchte. Er hatte Frau und Kinder. Und „Schöne Maid“ war im Original immerhin ein traditionelles Lied der Maori von Neuseeland und hieß „Mau haka taranga“. Doch Jack White hatte dem Song in üblicher Weichspülmanier jegliche Eigenart ausgetrieben und es zu einem Rumtata-Tralala-Schlager gemacht. Mit dem ungeliebten Lied begann Tony Marshalls Karriere - und sein Repertoire war fortan vom Bierzelt-Klatschrhythmus bestimmt. Er, der am Sonntag 70 Jahre alt wird, wurde der ewige Stimmungsmacher, sang Lieder von „Täterätätätätä“ bis „Resi bring Bier“. Glücklich war er damit nie, aber er ist bis heute der fleißige Fröhlichkeitsarbeiter. Dabei ist er ausgebildeter Opernsänger. Und wirklich stolz ist er nicht auf seine Hits, sondern darauf, dass er 2005 den Milchmann Tevje im Musical „Anatevka“ gegeben hat und vor kurzem den Papageno in der „Zauberflöte“. „Da haben alle gestaunt. Da muss ich heute immer noch kämpfen, denn das trauen die Leute dem Schöne-Maid-Sänger nicht zu. Dieses Schubladendenken gibt es leider nur in Deutschland“, ärgert er sich.

Tony Marshall lebt in seiner Geburtsstadt Baden-Baden und ist seit 46 Jahren mit seiner Jugendliebe Gaby verheiratet. Seine beiden Söhne sind im Musikgeschäft, einer als Hälfte des Duos „Marshall & Alexander“. Seine Tochter Stella leidet seit ihrer Geburt unter Zerebralparese - Spastiken, hervorgerufen durch frühkindliche Hirnschädigung. Marshall geht damit offensiv um, hat eine Stiftung zugunsten von behinderten Menschen gegründet.

Kein Gedanke ans Aufhören

Ans Aufhören denkt er nicht. „Jetzt mit 70 Jahren schalte ich den Turbo ein.“ Im Februar geht es auf die Südseeinsel Bora Bora. Dort wird er Ehrenbürger, weil er mit seinem 1978 erschienenen Hit „Bora Bora“ mächtig Werbung für das Eiland gemacht hat - auch so etwas schafft ein einfacher Schlagersänger. „Als ich in den Siebzigern auf der Insel war, gab es nur ein Hotel.“

Er geht das erste Mal seit 35 Jahren auf eine Solotournee und hat endlich eine CD gemacht, die ihm gefällt. Mit Xavier Naidoo singt er im Duett „My Way“. „Ich dachte erst: Macht der so was? Der hat doch einen Namen zu verlieren“, sagt Marshall ganz offen. Naidoo machte es, weil seine Mutter ein Riesenfan von Marshall war und er mit den Hits aufgewachsen ist.

Und mit 70 ist Tony Marshall auch so weit, dass er ein offenes Geheimnis bestätigen kann. Ja, er trage ein Toupet. Sein Haar sei ein wenig schütter geworden und die Fans sollten ihn halt so sehen, wie sie ihn kennen. Zu Hause ließe er das Haarteil aber weg, sagt Herbert Anton Hilger.

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