Der Orient in Ehrenfeld

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Asad Selimanjin (l.) und Stadtführer Markus Thulin in der Moschee - die Wände wurden bewusst in schlichtem Weiß gehalten.

Asad Selimanjin (l.) und Stadtführer Markus Thulin in der Moschee - die Wände wurden bewusst in schlichtem Weiß gehalten.

Stadtführerinnen und Stadtführer zeigen ihren Lieblingsort.

Eilige Passanten können sie leicht übersehen, die kleine Moschee auf dem ehemaligen Gewerbegelände an der Vogelsanger Straße. Hohe Mauern verdecken einen Großteil des gelblich-beige getünchten Bauwerks, nur durch die Toreinfahrt lässt sich ein Blick darauf erhaschen. Auch Student Markus Thulin entdeckte das von Ornamenten umrankte Gebetshaus mit den zierlichen weißen Säulen bloß durch Zufall. Und während er sich noch über den Farbtupfer in grauer Umgebung wunderte, tauchte unverhofft der Imam der hier ansässigen bosnisch-islamischen Kulturgemeinschaft auf und lud den fremden Besucher zur Spontan-Führung durch die Anlage ein.

„Das war im Oktober“, erläutert der bekennende evangelische Christ. Nun will er das hübsche islamische Gotteshaus an der Vogelsanger Straße 210, seinen Lieblingsort, auch anderenKölnern nahe bringen - diesmal bei seiner eigenen Führung. Seit kurzem erkundet der 28-Jährige mit interessierten Begleitern den „Orient in Ehrenfeld“, dabei geht es um verschiedene Facetten muslimischen Alltags im Stadtteil. Stationen sind etwa der Kurdische Kulturverein, eine türkische Fast-Food-Kette - und eben die bosnische Moschee.

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Hier schließt sich Asad Selimanjin von der islamischen Kulturgemeinschaft „Gazi Husrevbeg. e.V.“ der Gruppe an, um den Teilnehmern Informationen zum Bau und zur Gemeinde zu geben. 35 bosnische Muslim-Gemeinschaften gebe es in Deutschland, erläutert der 29-jährige Pressesprecher, die Mitglieder praktizierten einen europäisch geprägten Islam, der es ihnen ermögliche, ihre religiöse Identität ebenfalls in einem säkularen Staat zu wahren. Deshalb gelten auch die 300 kölschen Bosnier vielen als sehr weltoffen und dialogbereit. In Ehrenfeld schufen sie auf 3370 Quadratmetern ein Zentrum mit mehreren Einrichtungen: neben der Moschee eine Wohnung für den Imam, ein Café, einen Lebensmittelladen und einen Klassenraum für Schüler, die sonntags zum Religionsunterricht kommen. „Den früheren Fabrik-Komplex haben wir 1997 für 1,6 Millionen Mark gekauft“, rechnet der Wirtschaftsingenieur vor, „unseren Bank-Kredit haben wir im Januar abbezahlt. Ein riesiger Kraftakt für eine so kleine Gemeinde.“

Viele Muslime mussten tatkräftig mit anpacken, bis aus derehemaligen Produktionshalle ein repräsentatives Gotteshaus wurde. Und Imam Mustafa Hadzic schnitt aus Styropor filigrane arabische Schriftzeichen zurecht, die - inzwischen lackiert und zu einem Koranvers zusammengefügt - den „Mihrab“ zieren, jene vertiefte Wandnische, vor der sich der Geistliche zum gemeinsamen Gebet mit den Gläubigen aufstellt.

Viele Gäste

Die Gebetsnische ist in Weiß gehalten, wie der größte Teil des Innenraums. „Zum Freitagsgebet kommen jede Woche viele Gäste zu uns. Sie haben Gefallen an unserer Moschee gefunden, weil sie so angenehm schlicht wirkt“, sagt Selimanjin. „Ein ansprechendes Gebäude“, findet ebenfalls Markus Thulin, dessen Vater Pfarrer einer thüringischen Gemeinde ist. Von Hause aus ist der Geschichts-Student deshalb an religiösen Themen interessiert. „Ich biete auch Führungen zum jüdischen Leben in Köln an. Und an der Uni beschäftige ich mich gerade mit der Historie des Islam, speziell mit dem mittelalterlichen Mystiker Ibn Arabi“, sagt er.

Der Stadtspaziergang durch den Ehrenfelder Orient, so hofft er, soll Hemmschwellen zwischen Christen und Muslimen abbauen. Die Bosnier jedenfalls freuen sich immer über Besuch, wie Asad Selimanjin betont: „Samstags und sonntags zum Beispiel, da gibt's in unserem Café Cevapcici und typisch bosnischen Mokka.“

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