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Die Königin des Pop zum Anfassen

Lesezeit 7 Minuten
Im Dienst der Königin: Rolf Sander (von links), Susann de Bollier, Jochen Fink, Mirko Bäumer, Leo Gatzweiler und Ralf Sädler sind Mayqueen.

Im Dienst der Königin: Rolf Sander (von links), Susann de Bollier, Jochen Fink, Mirko Bäumer, Leo Gatzweiler und Ralf Sädler sind Mayqueen.

Cover-Bands verkürzen den Fans die Wartezeit auf die Originale oder erzeugen die Illusion von Musik-Größen, die nie mehr auf einer Bühne zu sehen sein werden. Mayqueen zum Beispiel machen den Traum von Queen wahr.

Wenn Mayqueen auf der Bühne loslegen, dann ist das Publikum schon nach den ersten Takten hin und weg. Mit „One Vision“ zum Beispiel geht es los, dann gibts „Another One bites the Dust“, „I want to break free“... Alles Welthits. Und die absoluten Knaller folgen erst noch. Nicht schlecht, was diese Kölner Combo so bietet. Da kommen Bap nicht mit. Nur, die Kölsch-Rocker sind bekannt in Stadt und Land. Mayqueen aber spielen in einer ganz anderen Liga. So ist das halt mit Co ver-Bands. Von Flensburg bis in die Schweiz und Österreich hinein gut besuchte bis ausverkaufte Konzerte - doch Ruhm und Charts-Platzierungen sind nicht zu erwarten. Dem Sextett macht das gar nichts. „Wir sind wichtig, wir machen wahr, was eigentlich gar nicht mehr möglich ist“, sagt Gitarrist und Bandgründer Ralf Sädler, 50. Mayqueen erfüllen den Traum von Queen.

Gut 1000 Bands gibt es in Köln, rund 300 davon covern, sie spielen die Musik mehr oder weniger bekannter Pop-Größen nach. Die einen verkürzen die Wartezeit bis zum nächsten Konzert der Originale, wie die Stones-Nachahmer Roaring Stones. Andere pflegen das Werk von Gruppen, die nie mehr live zu hören sein werden. Hard Days Night geben die Beatles. Und Mayqueen wollen die perfekte Illusion von den Pomp-Rockern Queen erzeugen. Die sind Geschichte - seit dem Tod ihres extravaganten Sängers Freddie Mercury im Jahr 1991.

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Nun gibt es weltweit so einige Formationen, die sich an Queens exotische Mischung aus Heavy-Metal, Progressive-Rock, Pseudo-Klassik und Kitsch wagen. Mayqueen aber nehmen für sich in Anspruch, zu den perfektesten Kopisten ihrer Vorbilder zu gehören. „Wer keine eigenen Songs macht, der sollte wenigstens den Anspruch haben, mindestens 99 Prozent an die Originale heranzukommen“, erklärt Drummer Jochen Fink, 32, die Mayqueen-Philosophie.

Und die Musik ist Trumpf - die Äußerlichkeiten von Queen spielen kaum eine Rolle. Sänger Mirko Bäumer, 34, hat sich zwar Muskel-Pakete antrainiert und zeigt sie auf der Bühne auch, nur ein hautenges Unterhemd darüber, wie einst Freddie Mercury. Und er schwingt auch gerne mal den Mikrofon-Ständer lasziv zwischen den Beinen und breitet die Arme zu großen Gesten aus. Das aber muss genügen, den Mercury-Schnäuzer erspart er sich, und die „typischen Bewegungen zwischen Macho und Tunte“ ebenso. „Ich habe großen Respekt davor, wie Freddie seine Bisexualität ausgelebt hat und vielen schwulen Menschen ein neues Selbstbewusstsein geben konnte“, betont Bäumer, „doch er hat sein Leben gehabt, und ich habe meines. Würde ich ihn exakt kopieren, wäre das eine Parodie, die ihm nicht gerecht würde.“

Der Rest der Band verzichtet - anders als andere Queen Cover-Bands - auf jegliche Maskerade. Gitarrist Sädler zum Beispiel fände es „total lächerlich“, mit einer lockigen Mähne à la Brian May herumzulaufen. Dafür hat er seit der Gründung von Mayqueen - 1989, die Ur-Besetzung wurde im Laufe der Jahre ausgetauscht - mit fast schon wissenschaftlicher Akribie an der Simulation des Queen-Sounds gebastelt. Nach und nach besorgte sich Sädler haargenau jene speziellen Gitarren und die gleichen technischen Geräte, mit denen May seinen unverwechselbaren Stil kreierte: hart, melodisch, mal an ein Orchester erinnernd, mal an einen Synthesizer.

Und weil Mayqueen live „weit mehr an die Original-Studio-Aufnahmen“ erinnern wollen, als Queen selbst es zu tun pflegten, müssen es sechs statt vier Musiker sein. Ein Keyboarder, Leo Gatzweiler, 40, und Background-Sängerin Susann de Bollier verstärken Lead-Gesang, Gitarre, Bass (Rolf Sander, 30) und Schlagzeug. „Nehmen wir mal den größten Erfolg der Band, Bohemian Rhapsody“, doziert Susann, „das ist ein solch komplexes Teil. Zig Gitarren-Läufe wurden übereinander aufgenommen. Die Chöre bestehen oft aus 15 Stimmen, von Freddie und den anderen im Studio nach und nach übereinander gelegt. Das alles muss bei uns 'rüberkommen.“ Seit 1998 sind Mayqueen in der aktuellen Besetzung zusammen und verfeinern im Fort VI, inmitten des Stadtwaldes, zwischen den Auftritten die Arrangements und studieren neue Queen-Songs ein - gut 70 von rund 180 sind derzeit im Repertoire.

Für Mirko Bäumer ist „das richtig harte Arbeit“. Und deshalb ärgern ihn all jene, die sich über Cover-Bands mokieren und behaupten, ein paar Hits runterzuleiern, das schaffe doch jeder. „Covern ist mehr, als mit den Songs anderer mal ein bisschen Pop-Star spielen, wie viele Kritiker meinen. Unsere Fans haben einen hohen Anspruch. Wir müssen so gut sein wie eine Band, die Musik-Geschichte geschrieben hat.“

Bei so viel Einsatz stellt sich die Frage, ob die Musiker es nicht mal mit selbst komponierten Songs versuchen wollen. Der Bandname - das May kommt natürlich vom Queen-Gitarristen - lässt sich ja auch prima als „Maikönigin“ lesen. Das wäre doch ein Anfang für die ganz eigene Karriere. Doch nein, darauf haben sie so gar keine Lust. „Du musst dich für etwas entscheiden im Leben, um es richtig gut hinzukriegen“, begründet Susann de Bollier, „außerdem, mit eigener Mucke packen es in Deutschland die wenigsten.“

Doch trotz aller Liebe zu den vier Briten, nur für Gitarrist Sädler und Bassist Sander waren Queen schon immer die Größten. Die übrigen Mitglieder sehen sich eher als Rock-Profis, die durch die Arbeit mit Mayqueen die „Königin des Pop“ für sich entdeckt haben. Der Hennefer Mirko Bäumer hätte Anfang der 90-er beinahe mit Trade mark - „balladesker Kuschelrock, alles eigene Titel“ - Erfolg gehabt. „Doch nach zwei CDs hat die Plattenfirma das Interesse verloren und uns fallen gelassen. Nach so einem Frust lernt man dann das solide Covern schätzen.“ Freunde hatten Mirko schon lange zuvor geraten, es mal als Mercury-Imitator zu versuchen - seine voluminöse und operettenhafte Stimme schreie ja geradezu danach. Sängerin Susann betont sogar, „nie Fan von irgendwas gewesen zu sein“. Sei mal was von Queen im Radio gelaufen, habe sie „gern zugehört“ - aber das war es auch schon. „So richtig habe ich mich mit denen erst befasst, als ich bei Mayqueen eingestiegen bin.“ Bis dahin jobbte die ausgebildete Altistin „in Quer-durch-den-Garten-Coverbands“ und sang in Gospel-Gruppen.

Für „andere Berufe neben der Musik“ haben alle sechs schon lange keine Zeit mehr. Mirko Bäumer zum Beispiel gab das Grafik-Design bereits vor seinem Einstieg bei Mayqueen auf. Schlagwerker Fink bemühte sich nach seinem Sonderpädagogik-Studium gar nicht um eine Anstellung: „Die Band wurde immer zeit-intensiver und größer.“

Nun sind Susann, Mirko und die anderen glücklich mit Mayqueen - und viele Tausend Queen-Verehrer auch. Es gibt sogar einen eigenen Fanclub für die Kölner, der Reisen zu den Konzerten organisiert. Gut 130 Shows sollen es in diesem Jahr sein, im deutschsprachigen Raum, aber auch in Schweden und sogar im Mutterland des Pop, in England - bei der offiziellen Queen-Fan-Convention. Einige passionierte Mayqueen-Anhänger werden bei fast allen Auftritten dabei sein. Solche Hingabe für eine Cover-Band findet Drummer Fink zwar „irgendwie schon komisch“, aber er hat im Laufe der Zeit auch „einen plausiblen Grund dafür“ herausgefunden. „Bei den echten Queen warst du im Konzert einer von bis zu 50 000. Bei uns ist es intimer, wir spielen in der Regel vor 300 bis 5000 Leuten. Und du kannst hinterher mit uns reden. Wir sind Queen, nur nicht entrückt, sondern zum Anfassen.“ Weibliche Mayqeen-Fans überreichen ihren Lieblingen gerne selbst gestrickte Schals und andere Aufmerksamkeiten. Hin und wieder, so bemerkt Susann, gebe es „für die fünf Jungs sogar eindeutige Angebote von Damen ...“ „ ... die selbstverständlich stets abgelehnt werden“, fügt Fink augenzwinkernd hinzu.

Und auch zumindest ein Queen-Musiker ist Mayqueen-Fan: Brian May. Nachdem er die Kölner live gesehen hatte, schrieb er an Ralf Sädler, er habe das Gefühl gehabt, „Queen selbst hätten auf der Bühne gestanden“.

Musiker, die vorgestellt werden möchten, wenden sich an den „Kölner Stadt-Anzeiger“, Ruf: 224-2323 / 2297, e-mail: KSTA-Stadtteile@mds.de, Anschrift: Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln. Bewerber sollten Musikproben zusenden, auf CD oder als Sound-Datei mit einer e-mail. Musikbeispiele der Bands, die vorgestellt werden, sind im Internet zu hören.

 www.ksta.de/klangprobe

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