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Die Kunst des Trampens

Lesezeit 3 Minuten
1400 Kilometer bis zum Guggenheim-Museum: Die Entfernung von Burscheid nach Bilbao will Profi-Tramper Thorsten Hülsberg - hier an der Autobahn-Auffahrt in Burscheid - in zwei Tagen schaffen.

1400 Kilometer bis zum Guggenheim-Museum: Die Entfernung von Burscheid nach Bilbao will Profi-Tramper Thorsten Hülsberg - hier an der Autobahn-Auffahrt in Burscheid - in zwei Tagen schaffen.

Per Anhalter durch Europa: Thorsten Hülsberg trampt für sein Kunstprojekt gerade von Burscheid nach Bilbao.

Burscheid / Leichlingen - „Dagmar war einfach klasse: Sie wollte eigentlich nach Rostock und machte dann einen Umweg von 250 Kilometern, um mich zum Teufelsmoor nach Worpswede zu bringen“: Thorsten Hülsberg gerät ins Schwärmen, wenn er an diese Autostopp-Fahrt zurückdenkt. Sie brachte ihn in einem Rutsch von der Autobahnraststätte Remscheid bis zum Ziel.

Der 35-jährige Ösinghausener zählt seit vielen Jahren zur überzeugten Gilde der Tramper. Entsprechend fand das Gespräch mit ihm kurz vor seinem Autostopp an der Burscheider Anschlussstelle der Autobahn 1 statt. „Bilbao“ hat er mit schwarzem Filzstift auf sein braunes Pappschild geschrieben. Den Daumen hochgereckt, wartet er auf einen Wagen, der ihn in Richtung der baskischen Hafenstadt am Golf von Biskaya ein Stück mitnimmt.

Rund 20 Kilo Gepäck hat er in seinem Rucksack verstaut - einschließlich Isomatte. Die etwa 1400 Kilometer will er in zwei Tagen bewältigen. Sein Ziel ist das Guggenheim-Museum. Dort möchte Hülsberg im Rahmen des von ihm initiierten europäischen Kunstprojektes „Art for Europe“ Ausstellungen und Künstler mit der Digital-Kamera dokumentieren. In den vergangenen Jahren ist der in Leverkusen geborene und in Leichlingen aufgewachsene Hülsberg über 30 000 Kilometer per Anhalter durch Europa gefahren: „Ich habe immer wieder tolle Leute kennen gelernt mit ebensolchen Gesprächen und abenteuerlichen Lebensgeschichten.“ Das „Hitchhiken“ - so wird das Trampen auch genannt - ist für den Burscheider die einfachste Möglichkeit, von A nach B zu kommen. Das gilt ebenso für Kurzstrecken in der Rhein-Wupper-Region, wenn er in der Heimat ist. Hülsberg: „Entgegen der landläufigen Meinung ist Trampen in Deutschland und Europa sehr sicher. Man muss nur wissen, wie.“ Er weiß, wie man sich erfolgreich fortbewegt, dass man die Leute an den Raststätten nicht „anspringen“ und während der Fahrt kommunikativ und hilfsbereit sein sollte.

Vor vier Jahren verabschiedete er sich der Liebe zur Kunst wegen von seinem Beruf als Finanzdienstleister: „So gesehen bin ich ein Aussteiger.“ Nach dem Abitur in Leichlingen, wo sein Vater Siegfried eine Versicherungsagentur führt, absolvierte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Danach arbeitete er zwölf Jahre selbständig für den Vertrieb deutscher und internationaler Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen. „Aber schon damals faszinierte mich vor allem die Fotokunst“, erklärt Hülsberg. Schließlich wurde das Hobby zur Profession, der Autostopp seine charakteristische Fortbewegungs-Methode.

2001 gründete er ein Internetportal für „Kunst und Kreativität“. Danach für einige Jahre eine Galerie an der Hochstraße in Leichlingen. Seit deren Schließung ist er als freier Künstler „on the road“. Das Geld für seine vielen Reisen erarbeitet er sich zwischenzeitlich mit Gelegenheitsjobs. Und was sagt er dazu, dass manche Leute meinen, er sei ein bisschen verrückt? „Die sind auch verrückt . . .“

 www.thorsten-huelsberg.de

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