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Digitaler StadtführerApp „Orte der Demokratie in Köln“ führt an historische Plätze

Lesezeit 3 Minuten
Orte der Demokratie

Die App „Orte der Demokratie“

Köln – Das EL-DE-Haus, das Kölner Dokumentationszentrum zu den Verbrechen der Nationalsozialisten, steht gleichsam symbolisch für die Niederlage der deutschen Demokratie im 20. Jahrhundert.

Ausgerechnet an diesem Ort aber stellten gleich mehrere Beteiligte ein Projekt vor, das sich ausdrücklich dem Geist des freien Volkswillens verschreibt: „Orte der Demokratie in Köln“ heißt eine App, die ab sofort aus den einschlägigen Stores aufs Smartphone heruntergeladen werden kann.

Erstellt wurde sie von Lehrkräften und Studierenden der Kölner Universität, die Idee dazu stammte aus dem Vorstand des NS-Dok, die fachliche Beratung kam vom Kölner Frauengeschichtsverein, vom Centrum Schwule Geschichte, vom Friedensbildungswerk sowie vom ehemaligen Direktor des Dokumentationszentrums, Werner Jung.

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Vorreiter in Deutschland

Die Stadt Köln ist mit dieser pädagogisch-politischen Initiative Vorreiter in Deutschland, und sie steht auch voll und ganz im Mittelpunkt der App: Diese ist ein demokratischer Stadtplan, mit dessen Hilfe man sich zu 33 „Points of Interest“ bewegen kann – von der Hülchrather Straße im Agnesviertel, wo sich Heinrich Böll vom Geld für den Literaturnobelpreis eine Wohnung gekauft hat, bis zum Chlodwigplatz in der Südstadt, wo die Bühne der antirassistischen Kundgebung „Arsch huh – Zäng ussenander!“ stand.

Texte, Bilder und Töne vermitteln multimedial die Bedeutung des jeweiligen Orts für die demokratische Entwicklung der Stadt, oder, wie im Fall des NS-Dok, auch für deren Gegenteil.

Demokratische Traditionen seien in unserer Republik bisher nicht ausreichend gewürdigt worden, befand Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2019 in einem Gastbeitrag für die „Zeit“ – dieses Urteil nahmen sich die Macher der App zu Herzen, um das von Steinmeier beklagte Defizit wenn schon nicht für die Republik, so doch für Köln auszugleichen: Die Sozialdemokratin Marie Juchacz, die erste Frau, die in der Weimarer Nationalversammlung sprach, steht dabei ebenso für das demokratische Profil der Stadt wie Konrad Adenauer, der politische Katholik, Oberbürgermeister Kölns und erste Kanzler der Bundesrepublik.

Beginn in der Franzosenzeit

Auch wenn die historische Spurensuche weiter zurück reichen mag – den Beginn ihrer Demokratiegeschichte legt die Kölner App in die sogenannte Franzosenzeit, in eine Epoche also, in der die Werte der französischen Revolution wie die Gleichberechtigung der religiösen Bekenntnisse inklusive des zuvor geächteten Judentums in der Domstadt ankamen. Die App verstehen die Beteiligten auch als Signal gegen aktuelle rechtspopulistische Tendenzen sowie als Möglichkeit, sich durch die Vergewisserung der Tradition gegen die Feinde der Demokratie zu wappnen.

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Für die Studierenden des Fachbereichs „Public History“ am Historischen Seminar der Kölner Universität war sie überdies eine Gelegenheit, diese öffentliche Geschichtsvermittlung praktisch anzuwenden. Das Ergebnis ist ein digitaler Stadtführer, der nicht nur auswärtige Besucher Kölns zu lohnenswerten Zielen führt, sondern auch den Kölnern selbst möglicherweise unbekannte Seiten ihrer Stadt zeigt. Auch wenn man dafür auf dem Sofa bleibt und einfach nur aufs Handy schaut.

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