Drohender Absturz einer Regierung

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Ministerpräsident Karamanlis

Ministerpräsident Karamanlis

Athen - Erst vor viereinhalb Monaten bestätigten die Griechen mit knapper Mehrheit den konservativen Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis im Amt, aber jetzt wird bereits über Neuwahlen spekuliert. Denn seine Partei „Nea Dimokratia“ (ND) verfügt im Parlament nur noch über 151 der 300 Stimmen. Dass Karamanlis mit dieser hauchdünnen Mehrheit die regulär erst im September 2011 endende Legislaturperiode voll durchstehen kann, gilt als unwahrscheinlich. Zumal die konservative Regierung jetzt immer tiefer in den Strudel der Affäre um den früheren Kultur-Staatssekretär Christos Zachopoulos gerät.

Zachopoulos, ein enger Vertrauter von Karamanlis, musste Mitte Dezember 2007 sein Amt aufgeben. Am Tag nach seinem Rücktritt stürzte der Politiker sich aus dem 4. Stock seiner Wohnung in die Tiefe, überlebte aber schwer verletzt. Mögliches Motiv für den Selbstmordversuch: Zachopoulos wurde erpresst - mit einem Video, das ihn beim Liebesspiel mit seiner Sekretärin zeigte. Doch es scheint um mehr zu gehen als eine Sex-Affäre. Die Staatsanwaltschaft prüft mögliche Unregelmäßigkeiten in der Amtsführung des Staatssekretärs, der eine für seine Position ungewöhnliche Machtfülle genoss. Zachopoulos war für millionenschwere Auftragsvergaben zuständig. Premier Karamanlis schweigt beharrlich über sein Verhältnis zu Zachopoulos und die Gründe, aus denen sein einstiger Vertrauter zurücktreten musste.

Austritt aus der Partei

Unterdessen zieht die Affäre immer größere Kreise. Der konservative Abgeordnete Kostas Koukodimos erklärte am Donnerstag seinen Austritt aus der Regierungsfraktion. Koukodimos soll dem Verleger einer Boulevardzeitung die Einstellung drohender Geldwäsche-Ermittlungen versprochen haben, wenn er bei der Berichterstattung über die Affäre Zachopoulos bestimmte Namen nicht nennt. Koukodimos bestreitet die Vorwürfe und will bis zu ihrer Klärung als Unabhängiger im Parlament sitzen. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass noch ein weiterer ND-Abgeordneter in die Affäre verstrickt ist. Sollte sich das bestätigen, könnte Karamanlis seine Mehrheit verlieren.

Die Abwärtsspirale der konservativen Regierung begann mit den verheerenden Waldbränden vom August 2007, die 63 Todesopfer forderte und Tausende obdachlos machte. Das chaotische Katastrophenmanagement und die Selbstgefälligkeit vieler Regierungspolitiker empörte sogar viele Partei-Anhänger. Bei der Parlamentswahl im September schrumpfte die Mehrheit der Karamanlis-Partei von 166 auf 152 Sitze. Bei der Sonntagsfrage kommt die regierende ND nur noch auf 29,2 Prozent Stimmenanteil. Schwacher Trost für Karamanlis: die oppositionellen Sozialisten stehen mit knapp 26 Prozent noch schlechter da. Profitieren können von der Vertrauenskrise nur die kleinen links- und rechtsextremen Parteien. Sie konnten ihren Stimmenanteil von knapp 17 Prozent bei der letzten Wahl jetzt auf 21,5 Prozent steigern.

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