Ehrenmord-Drama in türkischer Sprache

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Ein heftiger Streit ist darüber entbrannt, ob Yale (Sema Meray) sich eine eigene Wohnung nehmen darf. Ihr Bruder Murat (Sam Eisenstein) ist strikt dagegen.

Ein heftiger Streit ist darüber entbrannt, ob Yale (Sema Meray) sich eine eigene Wohnung nehmen darf. Ihr Bruder Murat (Sam Eisenstein) ist strikt dagegen.

Dramaturg Gerhard Seidel und Autorin Sema Meray wollen ein neues Publikum ansprechen.

Als sie auf dem Weg zur Bushaltestelle ist, glaubt Hatun Sürücü vielleicht noch nicht, dass ihre Familie wirklich Ernst macht. Doch Sekunden später liegt die junge Türkin tot auf dem Pflaster. Erschossen von ihren Brüdern - nur weil sie wie eine Deutsche gelebt hat. „Der Berliner Mord hat mich sehr berührt und aufgewühlt“, erzählt Sema Meray, die das Theaterstück „Wegen der Ehre“ daraufhin geschrieben und die Hauptrolle der Yale übernommen hat.

Das Drama um den Ehrenmord basiert auf Interviews und Sema Merays eigener Erfahrung: Nach der Trennung von ihrem ungeliebten Mann kehrt Yale in ihre Geburtsstadt Köln zurück. Gemeinsam mit ihrer Tochter Yasemin (wird von Merays Tochter Lilli Hollunder gespielt, bekannt aus der ARD-Serie „Verbotene Liebe“) nimmt sie sich eine eigene Wohnung. Ihr zaghafter Befreiungsversuch wird von ihrer Jugendfreundin Bea (Lena Sabine Berg) unterstützt, die nur mühsam Yales Familienabhängigkeit und deren türkischen Ehrbegriff begreift. „Eine türkische Tochter zu sein, bedeutet lebenslänglich“, bemüht sich Yale der Deutschen klar zu machen. Und tatsächlich versuchen ihr Bruder Murat (Sam Eisenstein) und ihr Vater (Vedat Erincin), Yale mit allen Mitteln, eben auch mit tödlicher Gewalt, in den Schoß der Familie zurückzuholen. Dabei dürfen sie über das Klischee hinaus zeigen, dass sie als Türken zwischen zwei Gesellschaften hin und her gerissen und verunsichert sind.

„Die Aufführung auf Türkisch ist für uns ein Novum, mit dem wir ein neues Publikum ansprechen“, sagt Dramaturg Gerhard Seidel. Bereits bei der deutschen Fassung besuchten zahlreiche Türken das Theater. „Viele sagten mir hinterher bei der Podiumsdiskussion, dass sie Situationen so oder so ähnlich auch schon erlebt haben“, erzählt Sema Meray. „Mir ist es aber vor allem wichtig zu sehen, dass es beim Publikum ein Erkennen, einen Effekt gibt.“

Die türkische Premiere ist heute um 20 Uhr. Am Freitag, 24. März, und Donnerstag, 20. April, wird das Stück in deutscher Sprache gezeigt, am Freitag, 21. April, jeweils um 20 Uhr noch einmal auf Türkisch. Karten gibt es beim Freien Werkstatt Theater unter Telefon 02 21 / 32 78 17.

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