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Ein Mann, ein Tor

Lesezeit 3 Minuten
Gehalten! Wenn auch nur für die Kamera. Craig Smith ist Torwart der englischen Handball-Nationalmannschaft.

Gehalten! Wenn auch nur für die Kamera. Craig Smith ist Torwart der englischen Handball-Nationalmannschaft.

Craig Smith spielt bei Hamborn 07 - und in Englands Nationalmannschaft.

Duisburg - Craig Smith weiß, wie es ist, wenn ihm die Bälle um die Ohren fliegen. „Ich bin schon fit für Olympia“, sagt der Handball-Keeper des niederrheinischen Verbandsligisten Hamborn 07. Smith lacht, wozu der 29 Jahre alte Duisburger auch allen Grund hat. Die fünftklassige Verbandsliga entspreche zwar seinem Niveau, doch an den Olympischen Sommerspielen 2012 in London wird er als britischer Nationalspieler wohl dennoch teilnehmen. „Im Prinzip ist das alles ein irrer Traum, den ich noch ein paar Jahre in vollen Zügen genießen will“, sagt der Keeper.

Der Stellenwert des Handballs in England war lange Zeit nicht messbar. „Vor ein paar Jahren wusste kaum ein Brite, was Handball eigentlich ist“, sagt Smith, der in Duisburg aufwuchs, weil seine Großväter bei der Royal Air Force am Niederrhein stationiert waren. Nachdem ein Spiel gegen die B-Auswahl Schwedens vor zwei Jahren mit 3:67 verloren ging, stellte die British Handball Association (BHA) den Länderspielbetrieb vorerst ein. Als London aber den Zuschlag für Olympia 2012 erhielt und Großbritannien als Gastgeber „gesetzt“ ist, begann die BHA im vergangenen Frühjahr mit dem Aufbau eines neuen Nationalteams. „Die haben einen anonymen Tipp bekommen, dass es in Duisburg einen Torwart mit britischem Pass gibt, und plötzlich hatte ich eine Einladung zum Lehrgang“, erzählt Smith.

Der Zeitpunkt war ungünstig. Smith, der in der A-Jugend von TuSEM Essen gemeinsam mit Weltmeister Florian Kehrmann (TBV Lemgo) aktiv war, hatte berufsbedingt mehrere Jahre nicht trainiert. „Bei 1,72 Meter Körpergröße wog ich 103 Kilo. Als ich merkte, dass es die Engländer ernst meinen, bin ich aber direkt laufen gegangen und kam bei Hamborn 07 unter“, sagt der Brite. Die Mühen lohnten sich. Beim Probetraining in Glasgow wusste er inmitten von 70 Testkandidaten zu überzeugen, zwei weitere Auswahlcamps in Sheffield und Liverpool bestand er ebenfalls. „Das waren richtig harte Nummern, aber ich bin jetzt fester Bestandteil im 25-köpfigen Olympia-Kader“, sagt Smith, der in sechs Monaten rund 20 Kilogramm verlor.

Seitdem träumt Smith von den Olympischen Ringen. Der imaginäre Film, bei der Eröffnungsfeier ins Stadion zu marschieren, laufe beinahe täglich vor seinem geistigen Auge ab. „Und dann direkt im Eröffnungsspiel einen halten. Am besten gegen Deutschland.“ Dieser Gedanke macht ihn „ganz hibbelig“.

Alle vier Wochen lädt ihn Trainer Bill Baillie zum Trainingscamp nach Großbritannien oder Dänemark. Die Reisekosten übernimmt der Verband, der viel investiert, um eine Blamage zu vermeiden. „Erst dachte ich ja, dass die Idee im Chaos endet. Wir haben aber ein Supertraining in speziellen Leistungszentren und üben volle Kanne“, meint der Keeper, der einer von nur vier „Legionären“ ist. „Inzwischen hat unsere Mannschaft Oberliga-Niveau, und wir werden ständig brillanter“, sagt Smith, der 2012 36 Jahre alt wird. „Für einen Handball- Torwart das perfekte Alter“, meint er. (dpa)

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