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Eine Lady fürs Leben

Lesezeit 3 Minuten
Alan Gilbert dirigiert das New Yorke Philharmonic

Alan Gilbert dirigiert das New Yorke Philharmonic

Er stammt aus einer Musikerfamilie. SeinGroßvater väterlicherseits (er war verwandtmit dem Komponisten Hans Pfitzner) warGeiger und nach dem Ersten Weltkrieg indemselben Duisburger Orchester beschäftigt,in dem auch Frank Peter ZimmermannsVater später Cellist war. Die Familie der Mutterwar ebenfalls mit zahlreichen Musikerngesegnet – sie selbst war Geigerin. DieserTradition wollte Zimmermann bereits alsVierjähriger nacheifern, obwohl die Elternfür ihn ursprünglich das Klavier ausersehenhatten. Schon als Kind hatte er das Gefühl,seine innersten Empfindungen am bestenmit der Violine ausdrücken zu können, obnun Ausgelassenheit mit hohen Koloraturenoder düstere Gedanken mit tiefen Registern.

Als Fünfjähriger erhielt er seine erste Geige.Früh hatte er seine bestimmten Idole wie DavidOistrach, später Arthur Grumiaux undNathan Milstein. Bis zu seinem elften Lebensjahrerhielt er Unterricht bei seiner Mutter.

Doch von Unterricht im herkömmlichenSinne mit Drill und exzessivem Üben konntenicht die Rede sein, vielmehr machte er gemeinsammit seinen Eltern Kammermusik.Und während sein Vater sonntagmorgensmit drei Kollegen im Quartett musizierte,saß der kleine Frank Peter unter dem Tisch,spielte etwa mit einem Modellauto undlauschte der Kammermusik – Erinnerungen,die prägen. Auch wenn er anschließendan der Essener Folkwang-Hochschule undzwei Jahre später in Berlin die harte russischeSchule durchschritt, von der er nochheute zehrt – er war von der Schule befreitund bekam nachmittags Privatunterricht –,stand die musikalische Entwicklung immerim Vordergrund.

Schon damals wusste Zimmermann, was erwollte und kam so gut vorbereitet zu seinenStunden, dass sein Lehrer in Düsseldorf immervon einem guten Gericht sprach, das bereitsvorbereitet gewesen sei und bei dem ernur noch die Petersilie habe darüber streuenmüssen. Dass er talentiert war, haben seineEltern schnell gemerkt, aber dass er dieLaufbahn eines Solisten einschlagen würde,zeichnete sich bis zum elften Lebensjahrnoch nicht ab. Erst nachdem er 1976 denBundeswettbewerb „Jugend musiziert“ gewann,war klar, dass sein Talent auch fürmehr reichen würde.

Wie bei den meistenMusikern stellt sich auch bei einem Geigerirgendwann die Frage nach dem „Bund fürsLeben“, die nicht selten mit einer langen,verzweifelten Suche nach dem richtigen Instrumenteinhergeht. Seine erste Stradivaribekam Frank Peter Zimmermann mit 20, bevorer dann 1989 das beste Stück eines seinerIdole in Händen hielt: Nathan Milstein hatteseine „Maria Theresia“ genannte Violinezum Verkauf angeboten. Doch als es nachein paar Wochen hieß, die Familie verkaufedas Instrument doch nicht, brach für Zimmermanneine Welt zusammen.

Erst 2001 fand er seine „Lady“, die 300 Jahrealte Stradivari „Lady Inchiquin“, die einmalFritz Kreisler gehört hatte und später in denBesitz einer irischen Dame namens Inchiquingelangte. Diese Geige gab Zimmermanneinen künstlerischen Schub, der soweitging, dass er jedes Stück neu erarbeitenmusste – so sehr hatte sie ihn musikalischsensibilisiert.

Viele Musiker, vor allem Geiger,verkennen, dass sie weniger die Werkeauf diese oder jene bestimmte Art spielen,sondern vielmehr die ganz bedeutenden Instrumenteihnen den Weg vorgeben. Das istbei manchen Werken ähnlich, so für Zimmermannbei Beethovens Violinkonzert, dasso gerne als „Mount Everest aller Violinkonzerte“bezeichnet wird. 1988 sagte er einmalin einem Interview (mit der „Welt“): „Im Fallevon Beethovens Violinkonzert haben mirältere Kollegen immer zugeredet, es so frühwie möglich zu spielen. Je älter man wird,desto mehr Gedanken macht man sich, undmit desto mehr Scheu geht man an das Werkheran.“

Erstmals nahm er es 1987 auf, längsthaben weit über 200 Aufführungen mit unterschiedlichstenDirigenten die Scheu verdrängtund ihre Spuren in seiner Interpretationhinterlassen. Gleichwohl ist derBeethoven für ihn eine nicht enden wollendeLebensaufgabe und eines der wenigen Werke,das er jederzeit spielen will. Das NewYork Philharmonic und Alan Gilbert werdenbei dieser Aufgabe die idealen Partner sein.

Von Christoph Guddorf

02.02.2012, Donnerstag 20:00

Frank Peter Zimmermann Violine New York Philharmonic Alan Gilbert Dirigent

Ludwig van Beethoven Konzert für Violine und Orchester D-Durop. 61 (1806)

Sergej Prokofjew Sinfonie Nr. 5 B-Dur op. 100 (1944)

€ 130,– 110,– 85,– 60,– 35,– 10,– | Z: € 75,–Internationale Orchester 3

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