FitnessmythenSind Sportler seltener krank?

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Wer sich und seinem Immunsystem nach sportlichen Anstrengungen nicht die nötige Ruhe gönnt, überfordert seinen Organismus. (Bild: Jupiter)

Wer sich und seinem Immunsystem nach sportlichen Anstrengungen nicht die nötige Ruhe gönnt, überfordert seinen Organismus. (Bild: Jupiter)

Der weit verbreitete Irrtum: Je mehr Sport man treibt, desto robuster wird die eigene Körperabwehr. Echte Sportler sind seltener krank. Bazillen und Viren haben gegen das Immunsystem eines Paradeathleten kaum eine Chance.

Die Wahrheit: Es passiert häufig, dass Sportler unmittelbar vor einem großen Wettkampf oder einem Spiel von einem Infekt befallen werden. Viele glauben, dass Sportler besser geschützt sind, da sie ihr Immunsystem „trainieren“. Das ist grundsätzlich richtig. Dennoch überfordern Spitzenathleten häufig unbemerkt ihren Organismus, da siesich an ihrer Leistungsgrenze bewegen müssen. Das schwächt ihrImmunsystem, und Viren haben dann leichtes Spiel.

In einer Studie ließen taiwanesische Wissenschaftler zwölf geübteSportler an drei Tagen ein intensives Laufband-Training absolvieren. Anhand der Blutproben, die 24 und 72 Stunden nach dem letzten Training entnommen wurden, konnten sie feststellen, dass die Leukozyten, die weißen Blutkörperchen, eine erhöhte Neigung zum Zelltod aufwiesen. Selbst nach drei Tagen ließ sich noch eine leichteBeeinträchtigung dieser Blutkörperchen nachweisen.

„Open-Window-Phänomen“

Ist die Belastung also zu hoch, dann stresst dies den gesamtenOrganismus. Das Stresshormon Cortisol wird vermehrt ausgeschüttet, und das Immunsystem wird geschwächt. Speziell nach einer hartenTrainingseinheit fährt das Immunsystem seine Aktivität dann über Gebühr zurück – es kommt zum so genannten „Open-Window-Phänomen“. Das Fenster steht dann für alle Angreifer weit offen. Und dieser Zustand kann Stunden, aber auch mehrere Tage andauern.

Spitzensportler sind besonders gefährdet, dieses Phänomen des „offenen Fensters“ zu erreichen, und deswegen sind Sportler aufhohem Niveau meist infektionsanfälliger. Aber auch Freizeitsportler,die ihr Training übertreiben, werden dieses Phänomen kennen. So benötigt der Körper nach jeder sportlichen Betätigung eine Erholungsphase, um sich ausreichend regenerieren zu können.

Breitensportler sollten nach einem Ausdauertraining rund ein bis zwei Tage pausieren. Wurde ein intensives Krafttraining absolviert, empfiehlt sich eine Erhohlungszeit von zwei bis vier Tagen. Das Training sollte generell abwechslungsreich sein. Eine Mischung von Kraft- und Ausdauersport hilft, die Widerstandsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems und die Kraftfähigeit der Muskeln zu verbessern.

Zu kurze Regernation mindert die Leistungsfähigkeit

In der Regenerationsphase kommt es zu dann zu einer Erneuerung oder einem zusätzlichen Aufbau an Muskelfasern. Die entleerten Energiespeicher werden durch Zufuhr von Kohlenhydraten gefüllt. Die Erholungsphase sorgt dafür, dass das beanspruchte Immunsystem wiederins Gleichgewicht gebracht wird.

Der häufigste Fehler, den man vor allem bei Freizeitsportlernbeobachten kann, ist eine zu kurze Regeneration vor der nächstenTrainingseinheit. Wiederholt sich dieser Prozess, wird die sportliche Leistungsfähigkeit gemindert – trotz hohen oder gar festgesetzten Trainingsumfängen. Der Gesamtorganismus mündet dann langfristig in einen „abbauenden“ Zustand. Moderates Sporttreiben kann hingegen viele Leiden eindämmen und wirkt vorbeugend: Dann unterstützt das Hormon Adrenalin eine Aktivierung des Immunsystems von der erstenStunde an.

Und mit der Zeit wird das Immunsystem immer stärker. Mehr Abwehrzellen entwickeln sich, und auch deren Abwehr wird qualitativ ständig verbessert. So sinken auch die Risiken der Bewegungsfreudigen, an Herz-Kreislauf-Leiden, Krebs oder Diabetes zu erkranken, jeweils um ein Vielfaches. Und selbst wenn der Sportlerdann doch einmal von einem Infekt heimgesucht werden sollte und krank im Bett liegt, wird ihm das vorangegangene Ausdauertraining helfen, schneller wieder gesund zu werden. Es ist sogar mittlerweile erwiesen, dass ein Mangel an Bewegung selbst als Risikofaktor für die Entwicklung einer Vielzahl von Erkrankungen anzusehen ist.

Fazit: Auch beim Sport kommt es – wie so oft im Leben – auf die richtige Dosis an.

Mehr Informationen: Ingo Froböse ist jeden letzten Dienstag im Monat auf Center TV zu sehen. In der Sendung „Rheinzeit“ spricht er zwischen 17 und 19 Uhr ebenfalls über gängige Fitnessmythen.

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