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Forum-Architekt„Für mich ein Jahrhundertbauwerk!“

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Forum-Architekt Ulrich von Altenstadt BILD: RALF KRIEGER

Forum-Architekt Ulrich von Altenstadt BILD: RALF KRIEGER

LEVERKUSENER ANZEIGER: Herr von Altenstadt, was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie die frohe Kunde erreichte?

ULRICH VON ALTENSTADT: Ich fühlte große Freude und Bestätigung. Erstens kämpfte ich seit Jahren dafür, dieses Bauwerk unter Denkmalschutz zu stellen. Und zweitens ist dieser Entschluss ein Gewinn für Leverkusen. Wenn eine Stadt Kultur durch Architektur ausdrückt, fährt sie immer gut damit. Und in dieser Hinsicht gibt es hier ja nicht viel. Im Gegenteil: Das ebenfalls von mir konzipierte Hallenbad wurde abgerissen. Und abgerissen werden sollten auch die Berufsschulgebäude an der Bismarckstraße. Dabei sind diese 50er-Jahre-Bauten von Hans Schumacher ein echtes Juwel.

Als solches gilt jetzt offiziell auch das Forum.

VON ALTENSTADT: Und das, obwohl es eigentlich ein Torso ist.

Wie bitte?

VON ALTENSTADT: Ja. Das Forum wurde nicht zu Ende gebaut. Ursprünglich sollte es noch das Museum für moderne Kunst beherbergen, was sich aber durch den Kauf von Schloss Morsbroich erledigte. Zudem sollten Jugendmusikschule und Stadtbibliothek in ihm Platz finden. Das Forum sollte ein echtes Kulturzentrum sein. Aber die Verwaltung verließ damals der Mut, das so umzusetzen.

Trotzdem prägt der Bau das Stadtbild. Was ist so besonders an ihm?

VON ALTENSTADT: Für mich ist das durchaus ein Jahrhundertbauwerk. Immerhin gewann ich den Wettbewerb damals gegen Architekten der Weltelite wie Alvar Aalto oder Jacob Bakema. Dem Bau zugrunde lag die Idee, das Forum nicht als rechteckige Kiste zu errichten, sondern als Gebäude mit einem offenen Grundriss. Jeder Raum im Innern hat einen eigenen Charakter. Das Lila an den Wänden im großen Saal etwa ist nicht umsonst eine feierliche, freudige Farbe. Der Schiefer für die Fassade kam aus Spanien und ist eine Hommage ans Bergische. Und: Ich hatte nie zuvor ein Haus für Theater- oder Konzertaufführungen geplant. Der Entwurf war also auch für mich etwas Neues.

Und eine Herausforderung.

VON ALTENSTADT: Sicher. Schließlich musste ich mich erstmals auch mit Dingen wie Bühnentechnik und Raum-Akustik beschäftigen. Beim Planen des großen Saals konsultierten wir sogar einen Akustikprofessor aus Göttingen, der sich normalerweise mit Unterwasser-Akustik beschäftigte.

Obwohl das Forum trocken liegt?

VON ALTENSTADT: Ja. Denn während andere Experten versuchten, die Probleme der Akustik allein mit grafischen Methoden zu lösen, begab sich dieser Professor mit einem Modell, Maßstab 1 zu 50, in einen schalltoten Versuchsraum. Dort stellte er exakt fest, wie der Schall in welcher Sitzreihe von den Wänden und Decken reflektiert wird. Daraus konnte er dann schließen, wie der Raum beschaffen sein muss, um die Nachhallzeit niedrig zu halten.

Würden Sie das Forum als eines Ihrer „liebsten Kinder“ bezeichnen?

VON ALTENSTADT: Ja. Auch weil die Planungs- und Bauzeit toll war. Die Zusammenarbeit mit der Stadt machte Spaß, und die Baukultur im Lande zählte noch etwas. Heute entscheiden nur noch Gremien. Klassische Bauherren gibt's nicht mehr.

Sie leben in Münster. Kommen Sie überhaupt dazu, das Forum regelmäßig zu besuchen?

VON ALTENSTADT: Natürlich. Ich habe in Schlebusch einen zweiten Wohnsitz und kann das Schicksal des Forums aus der Nähe betrachten. Als Architekt besitze ich zudem ein Einspruchsrecht bei baulichen Veränderungen und etwaigen Verschandelungen, das erst unwirksam ist, wenn ein Gebäude abgerissen werden soll - siehe Hallenbad.

Mussten Sie davon jemals Gebrauch machen?

VON ALTENSTADT: Ja. Als ich vor Jahren nach längerer Zeit einmal wieder ins Forum kam, traf mich der Schlag: Da stand so ein Bier-Kiosk mit Blechrollladen vor der wunderschönen Treppe, die von der Tiefgarage bis ins obere Foyer führt. Auf ein Schreiben von mir reagierte die Verwaltung nicht. Also beauftragte ich einen Rechtsanwalt, der dieser Verschandelung per einstweiliger Verfügung Einhalt gebieten sollte.

Da heutzutage keine Blechrollladen mehr zu sehen sind, ging die Sache wohl zugunsten des Forums aus.

VON ALTENSTADT: In der Tat. Irgendwann rief mich die Leiterin des Kulturbüros, Frau Grundmann, an. Nach ihrer Aussage kannten zu dieser Zeit sie selbst und viele ihrer Kollegen das Foyer gar nicht ohne diese Bude. Und als der Kiosk dann weg war, waren alle begeistert, wie schön das plötzlich aussah. Seither ist mein Kontakt zur Verwaltung denn auch wieder ein sehr guter.

Das Gespräch führte Frank Weiffen

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