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Frauen treten Israelis entgegen

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Die verschleierten Frauen wollten die israelischen Panzer aufhalten.

Die verschleierten Frauen wollten die israelischen Panzer aufhalten.

Militante schießen weiter Kleinraketen auf israelisches Gebiet.

Jerusalem - Die israelische Militäroperation im Norden des Gazastreifens ist am Freitag weiter eskaliert. Erstmals mischten sich palästinensische Frauen auf einen Aufruf der Hamas hin in den Konflikt mit der Armee ein. Seit Beginn der Offensive „Herbstwolken“ vor drei Tagen sind laut einer Armeeschätzung mehr als dreißig Palästinenser getötet worden. Die palästinensischen Angaben lagen etwas niedriger.

Allein neun Tote soll es am Freitag bei den Kämpfen um die Nasser-Moschee in Beit Hanoun gegeben haben. Dort hatten sich bereits in der Nacht palästinensische Militante verschanzt, während israelische Panzertruppen das Gebäude umzingelten. Um die Männer zur Aufgabe zu zwingen, demolierte Freitagmorgen ein Bulldozer eine Wand, woraufhin das Dach einstürzte. Auf einen Appell der Hamas beim Freitagsgebet hin eilten Hunderte Palästinenserinnen zu der Moschee, um sich der israelischen Armee entgegenzustellen. Die Soldaten versuchten, die Versammlung verschleierter Frauen mit Schüssen aufzulösen. Sie hätten vermutet, hieß es, dass sich Bewaffnete unter ihnen versteckten.

Laut palästinensischen Berichten kamen zwei Frauen ums Leben, zehn andere wurden verletzt. In dem Trubel gelang aber den meisten der verschanzten Männer die Flucht. Unmittelbares Ziel der israelischen Militäroperation ist eine umfassende Säuberung der 30 000-Einwohner-Stadt Beit Hanoun. Sie liegt im Zentrum des Gebietes, aus dem von diversen Milizen immer wieder selbst gebaute Kassem-Raketen auf Ortschaften im israelischen Negev abgefeuert werden.

So hat die Armee dort systematische Häuserrazzien nach Modell ihrer Westbank-Offensive vom Frühjahr 2002 angeordnet. Auch wurden etwa 300 männliche Einwohner aus Beit Hanoun im Alter von über 13 Jahren zusammengetrieben und in ein eigens geschaffenes Verhörzentrum verschafft. Zum Großteil kamen die Festgenommenen später frei. Der Abschuss palästinensischer Kleinraketen war dennoch bislang nicht zu stoppen. Immer wieder wurden Einschläge von „Kassems“ gemeldet, allein drei am Freitagnachmittag. Es blieb aber bei Sachschäden.

Zwar hat Israels Sicherheitskabinett keine Ausweitung der Gaza-Operation bewilligt, wie sie einige Militärs befürworten. Die stockenden Verhandlungen über einen Austausch des am 25. Juni nach Gaza verschleppten israelischen Soldaten Gilad Schalit gelten jedoch als weiteres Motiv, den Druck auf die Palästinenser zu erhöhen. Die Militäraktionen beschränkten sich daher auch nicht auf Beit Hanoun. Durch gezielten Angriff auf ein Auto in Gaza-City tötete die israelische Luftwaffe drei Hamas-Mitglieder.

In der Westbank wiederum kam eine ältere palästinensische Frau aus Bethlehem im Kugelfeuer zwischen Grenzpolizei und Milizen ums Leben. In Nablus erschossen Soldaten zwei Palästinenser, den örtlichen Kommandanten der Al-Aksa-Brigaden und seinen Bruder, die nach Militärangaben an einer Autobombe aus Sprengstoff und Gasflaschen bastelten. Zudem verhaftete die Armee erneut ein Kabinettsmitglied der Hamas, den Wohnungsbauminister Abdel Rahman Sidan, in seiner Wohnung in Ramallah. Seit der Entführung Schalits hat Israel über zwanzig Hamas-Politiker, darunter zahlreiche Abgeordnete, hinter Gitter verbracht.

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