Basilika, Gnadenbild oder Kurort-FlairKevealer ist mehr als ein Wallfahrtziel

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kevealer kirche

Marienbasilika und Gnadenkapelle prägen Kevelaers Zentrum. 

  • Gehen Sie mit uns auf Tour in der Heimat: In unserer Serie „Rheinland für Entdecker“ geben wir Tipps für Ausflüge und Kurzurlaube vor unserer Haustür.
  • Basilika und Gnadenbild sind der Startpunkt jedes Besuches hier. Aber es gibt noch mehr zu sehen.
  • Lesen Sie hier auch alle bereits erschienenen Ausflugstipps aus unserer Sommerserie „Rheinland für Entdecker".

Jeder Besuch in Kevelaer muss da starten, wo alles begann. Mitten in der City vor der mächtigen Basilika. Sie prägt das Bild des Platzes. Bedeutungsmäßig steht sie allerdings ganz klar im Schatten der Kapelle direkt davor. Hier befindet sich nämlich das Gnadenbild, Ursprung für die Wallfahrt nach Kevelaer.

Es war im Jahr 1641, als einer gewissen Mechel Schrouse in hellem Licht ein Abbild der seinerzeit berühmten „Muttergottes von Luxemburg“ erschien, das sie kurz zuvor bei einem Soldaten gesehen hatte. Schrouses Mann, der Kaufmann Hendrick Busman aus Geldern, kaufte das Bild und baute eine Kapelle. Seitdem pilgern jährlich Hunderttausende zur „Consolatrix Afflictorum“, der Trösterin der Betrübten.

Themenführungen zur Wallfahrtsgründung

Wer ihr Bild zum ersten Mal sieht, ist überrascht, vielleicht sogar enttäuscht. Es ist kleiner als ein normales Foto und ganz in Schwarz-Weiß. Nichts, was man als Attraktion einer 375-jährigen Wallfahrtstradition erwarten würde. Doch wer einen Blick in das Fürbittenbuch wirft, in das die Besucher ihre Anliegen, aber auch ihren Dank schreiben, der ahnt, dass es vielleicht gerade die Schlichtheit des Bildes ist, die die Menschen fasziniert, sie ermutigt, sich zu öffnen und sich der Fürsprache Marias anzuvertrauen.

Margret Meurs betet jeden Tag. Sie stammt aus Kevelaer, ihre Eltern und ihre Großeltern – „beiderseits“, wie sie betont – kommen ebenfalls von hier. „Mehr Kevelaer geht nicht mehr“, sagt die 69-Jährige schmunzelnd. Vor zwei Jahren schlüpfte sie in die Rolle der Mechel Schrouse und präsentiert seitdem Besuchern in Themenführungen die Zeit der Wallfahrtsgründung.

Stilecht in der Kleidung des 17. Jahrhunderts. Weil es früher kein Geld zum Färben gab, sind Haube, Schürze und Rock schwarz und weiß. Um zu zeigen, was man hat, wurde vieles übereinander getragen. In dieser Kostümierung geht Margret Meurs gleich langsamer, bedächtiger durch die Stadt. Sie füllt ihre Rolle so echt aus, dass viele sie auch in Zivil als Mechel ansprechen.

Vorschlafen für die Prozession am Abend

Die besondere Verbindung zu Wallfahrt und Kirche hat Margret Meurs von Kind an geprägt. Sie erinnert sich noch genau, wie sie als Siebenjährige mittags vorschlafen musste, damit sie am Abend die Prozession der niederländischen Landfrauen verfolgen durfte. Deren grobe Holzklompen klackerten über das Pflaster, bei den lauten Stimmen der Niederländer bekam das kleine Mädchen Gänsehaut. „Schon als Kind habe ich gespürt, dass hier in Kevelaer etwas stattfindet, was ich woanders nicht spüren konnte.“

Der besondere sakrale Charakter des Kapellenplatzes nimmt auch Besucher gefangen, die es nicht so sehr mit der Marienverehrung haben. Der Ort lädt zum Innehalten ein. Für viele gehört es einfach zu einem Kevelaer-Besuch, am Kapellenplatz eine Kerze anzuzünden. Man erzählt sich in der Stadt, vor einigen Jahren habe ein reuiger Mörder sogar seine Pistole auf den Altar gelegt. Bewiesen ist die Geschichte nicht. Sie spricht aber für die Faszination des Ortes.

Innehalten, zur Ruhe kommen, das gelingt auch in der großen Wallfahrtskirche. Von 1858 bis 1864 erbaut, wurde sie 1923 zur Päpstlichen Basilika erhoben. Die Ausmalung durch Friedrich Stummel greift den mittelalterlichen Gedanken der „Biblia pauperum“ auf: Illustrationen biblischer Geschichten für fromme Pilger. Das größte Schmuckstück der Kirche aber ist die Seifert-Orgel. Mit Unterstützung vieler Spender ist es gelungen, das gewaltige Instrument aufwändig zu restaurieren.

Zehn Millionen Oblaten als Leib Christi

200 Meter vom Kapellenplatz entfernt liegt die 2009 eröffnete „Gläserne Hostienbäckerei“. Zahllose Kommunionkinder haben den Betrieb der Familie Held schon besucht, um an Ort und Stelle zu erleben, wie die runden Oblaten entstehen, die nach katholischem Glauben in der Messe zum Leib Christi werden. Jährlich produziert die Bäckerei bis zu zehn Millionen Stück. 

Die Zahlen der Kevelaer-Pilger sind zwar recht stabil. Dennoch sind die Zeiten vorbei, in denen jährlich eine Million von ihnen in die Marienstadt kamen. Von einem „zweiten Standbein“ ist deshalb viel die Rede beim Stadt-Marketing, von touristischen Anziehungspunkten jenseits der Wallfahrt, mit der die Stadt punkten müsse. Und das kann sie: Die Innenstadt lädt mit einer architektonischen Mischung aus Historisch und Modern zum Bummeln ein. Restaurants und Cafés säumen die Einkaufsstraßen. Das ganze Areal wird gerade aufwändig saniert, Kevelaer verändert sich. Wichtig ist den Verantwortlichen, dass der Charakter erhalten bleibt und dass Touristen und Pilger möglichst wenig von den Bauarbeiten merken.

Kevelaer mit Kurort-Flair in die Zukunft

Nur ein paar Schritte vom Kapellenplatz die Hauptstraße hinunter erreicht man das Niederrheinische Museum. Die neue, junge Museumschefin Veronika Hebben versucht, mit wechselnden Ausstellungen zusätzliche Zielgruppen zu erschließen. Vor kurzem ist eine viel beachtete Schau zum Thema Flower Power zu Ende gegangen. Besucher konnten in Erinnerungen an die 60er und 70er Jahre schwelgen. 

Wer sehen will, auf welche Karte das Kevelaer der Zukunft setzt, muss ein Stück laufen. Auf der Hüls entsteht bis 2020 der Solegarten St. Jakob, ein Projekt, das von der Europäischen Union gefördert wird. Blickfang ist das Gradierwerk in Muschelform, an dem Solewasser aus einer Quelle direkt in der Nähe am Schwarzdorn herunterrieselt. Eine gesunde Brise soll wehen und das Kurort-Flair verbreiten. Direkt daneben entsteht ein großes modernes Hotel, das mit dem Restaurant „Venga“ auch jüngere Leute ansprechen soll.

Ziel ist es, dass der neue Bereich Auf der Hüls und die Altstadt wechselseitig voneinander profitieren. Doch eines wird immer klar sein: Wer Kevelaer erleben will, muss dort starten, wo alles begann.

Anreise und Ausflugstipps

Sehenswürdigkeiten: Die historische Stadtführung mit Mechel Schrouse ist buchbar über Tel. 02832/122990. www.kevelaer.de/tourismus

In der gläsernen Hostienbäckerei finden täglich Führungen statt. Erwachsene bezahlen 11 Euro, Kinder 9. Neustr. 28, Tel. 02832/97185 44.

Für Kinder: Nur wenige Kilometer von Kevelaers City entfernt liegt das Irrland. Aus dem früheren Maislabyrinth ist ein Erlebnispark geworden. Geöffnet März bis Oktober von 9 bis 19 Uhr. Tageskarte online 7 Euro, sonst 7,50 Euro. Am Scheidweg 1, 47624 Kevelaer-Twisteden. www.irrland.de

Tierpark in Weeze direkt an der Bundesstraße 9. Zu sehen sind heimische Tierarten und der größte Schmetterling der Welt . Der Eintritt ist frei. Hertefeld 4, 47652 Weeze http://www.tierparkweeze.de/

Für Sportliche: Direkt an Kevelaer vorbei fließt die Niers, ein ideales Gewässer für Paddelfans. In Kevelaer ist der Einstieg in Schravelen möglich.

Einkehr: Angesagt ist das Haus „Alt Derp“ (Hauptstr. 63) mit frisch zubereiteten Spezialitäten der Region. Trendy ist das Restaurant „Herr Lehmann“ (Gelderner Str. 27). Im „Cumsalis“ spielt Salz eine besondere Rolle.

Übernachten: Eine Besonderheit ist das Priesterhaus direkt am Kapellenplatz. Hier kehren vor allem Einzelpilger und Gruppen ein.

>Lesen Sie hier alle bereits erschienenen Folgen der Serie Rheinland für Entdecker: 

www.ksta.de/entdecker www.rundschau-online.de/entdecker

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Anfahrt

Mit dem Auto von Köln über die A 57 zur Abfahrt Sonsbeck, von dort durch den Ort Winnekendonk nach Kevelaer.

Parkmöglichkeiten sind mitten in der Stadt am Peter-Plümpe-Platz vorhanden. Einen großen Parkplatz gibt es auch vor dem Konzerthaus in der BurySt. Edmunds-Straße, 47623 Kevelaer

Mit der Bahn über Düsseldorf oder Krefeld und von diesen Bahnhöfen weiter mit dem Regionalexpress 10 bis nach Kevelaer. Vom Bahnhof dauert der Weg in die City zu Fuß fünf Minuten.

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