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Rheinland für EntdeckerAusflug zu den Geistern im Wuppertaler Zauberwald

Lesezeit 7 Minuten
Die Glashalle des Wuppertaler Skulpturenparks mit Blick ins Tal. 

Die Glashalle des Wuppertaler Skulpturenparks mit Blick ins Tal. 

Seit zehn Jahren wächst der Wuppertaler Skulpturenpark Waldfrieden. Maßgeblich gestaltet wird er von dem renommierten Bildhauer Tony Cragg.

Wer den Waldfrieden genießen will, muss erst einmal bergauf. Vor dem Eingang begegnen dem Wanderer die ersten Skulpturen von Tony Cragg. Sie blicken ins Tal und wer mag, kann kurz verschnaufen, sich neben sie stellen und mit ihnen den Blick über das Tal der Wupper genießen. Seit zehn Jahren beherbergt dieser grüne Hügel zwischen den Stadtteilen Elberfeld und Barmen den Skulpturenpark Waldfrieden. Der britische Bildhauer Tony Cragg, der seit den 1970er Jahren in Wuppertal lebt und arbeitet, hat sich in den Ort verliebt und ihn in einen Zauberwald verwandelt, in dem sich Natur und Kultur bestens ergänzen. 2008 eröffnete er seinen Skulpturenpark.

Den Namen Waldfrieden gab es schon, bevor der ursprüngliche Besitzer dort einzog: Der Lackfabrikant Kurt Herberts ließ sich nach dem Zweiten Weltkrieg eine Villa samt Park von Architekt Franz Krause anlegen. Die Villa besitzt keinen einzigen rechten Winkel. Mit ihren organischen Formen fügt sie sich bestens in die Landschaft ein. Die Cragg Foundation, Betreiberin des Parks, nutzt das Schmuckstück für ihre Verwaltungsräume. Im Erdgeschoss gibt es Kulturveranstaltungen, wer mag, kann die Räume auch für private Zwecke mieten.

Einer, der den Blick in den Wald jeden Tag genießen kann, ist Michael Mader. Der Geschäftsführer des Skulpturenparks hat sein Büro im ersten Geschoss der Villa, und da sitzt er dann auch, wenn er nicht gerade selbst im Park unterwegs ist. Heute besichtigt er die neue Ausstellungshalle am oberen Ende des Geländes. „Hier wurde ein neuer Weg angelegt, der die untere Ausstellungshalle mit der oberen auf direkterer Route verbindet“, sagt er und geht los. Der Marsch bergauf durch den Wald strengt Mader nicht an, gehört er doch zu seiner täglichen Routine.

Telefone für den Fabrikanten

Der schattige Weg windet sich hinauf und bietet herrliche Ausblicke hinüber auf die andere Talseite. Auf Bänken kann man sich vom Aufstieg erholen. In den Bronzekästen neben den Sitzgelegenheiten waren früher Telefone untergebracht. Extra für Fabrikant Kurt Herberts, damit der sich überall in seinem Park um die Geschäfte kümmern konnte. Alte Laubbäume prägen den 14 Hektar großen Park. Um die Villa Waldfrieden herum finden sich exotische Arten wir Ginkgo, japanischer Ahorn, Mammutbaum sowie Stern- und Tulpenmagnolie.

Ganz allmählich vollzieht sich der Übergang von der gepflegten Grünfläche mit Rhododendren um die Villa herum in den Wald weiter oben. Zu den Besonderheiten zählt auch ein Lebkuchenbaum, dessen Blätter im Herbst tatsächlich nach Lebkuchen riechen. „Das ist Tony Craggs Lieblingsbaum“, sagt Michael Mader.

Auf einer Wiese ungefähr auf halber Höhe den Hügel hinauf stehen die Bronzestelen „Points of View“ des Bildhauers, die mit ihren amorphen Formen wie große Geister wirken und mittlerweile als Wahrzeichen des Parks gelten. Die Werke des renommierten Künstlers, ausgezeichnet unter anderem mit dem Turner Preis und dem Praemium Imperiale, sind mittlerweile an öffentlichen Plätzen in der ganzen Welt zu finden. Häufig ahmen seine großformatigen Skulpturen aus Holz oder Bronze lebende Formen nach.

Am Wegesrand den Berg hinauf finden sich immer wieder Skulpturen, viele von Tony Cragg selbst, aber auch von anderen Bildhauern wie Henry Moore, Richard Deacon, Bogomir Ecker, Thomas Virnich, Jaume Plensa, Eva Hild, Wilhelm Mundt, Herbert Kiecol und Erwin Wurm. Dessen anarchischer „Big Psycho“ von 2010 ist einer der aktuellen Neuzugänge. Der österreichische Künstler hatte 2015 im Skulpturenpark Waldfrieden eine große Ausstellung bestritten. „Hier ein Werk aufzustellen, ist eine Ehre für jeden Künstler“, sagt Michael Mader. Zu vielen Bildhauern habe Tony Cragg eine persönliche Beziehung und schätze ihr Werk. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf Moderne und Gegenwart. Gerade die unterschiedlichen künstlerischen Handschriften machen den Reiz aus.

Ein Ort für den Film

Rund 40 Skulpturen sind mittlerweile im Wald und auf den Wiesen verteilt. Tony Cragg, bis 2013 Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie, sammelt immer weiter. Auch eine monumentale Skulptur von Markus Lüpertz, sein Vorgängers an der Kunstakademie, hat seinen festen Platz in Tony Craggs Park gefunden. Bis zum 5. August 2018 ist dem exzentrischen Maler und Bildhauer außerdem eine große Ausstellung in zwei der drei Hallen gewidmet. Die Wechselausstellung gestalten mitunter auch ehemalige Studenten der Kunstakademie.

Für diese Schauen gibt es mittlerweile drei Hallen. Die erste steht in unmittelbarer Nähe zur Villa. Bisher wurden hier unter anderem Werke von Eduardo Chillida, Jean Dubuffet, Richard Long, Klaus Rinke, Imi Knoebel und William Tucker gezeigt. In dem beeindruckenden Glasbau, der die Grenze zwischen Drinnen und Draußen aufhebt, hat Wim Wenders schon Szenen seines Dokumentarfilms „Pina“ über die Wuppertaler Choreografin Pina Bausch gedreht.

Kurz bevor man die obere und jüngste Glashalle erreicht, liegt rechts eines der neueren Areale des Parks, der 2013 um diesen Bereich erweitert wurde. Auf einer Lichtung bei einem Nadelwaldstück hat Tony Craggs monumentale Bronze „Caldera“ ihren Platz gefunden. Trotz ihrer neun Tonnen Gewicht scheint sie grazil auf drei Beinen zu balancieren und ist begehbar. Licht und Schatten spiegeln sich magisch auf der organisch gewellten Außenhaut des Koloss'.

Die Ausstellungshalle ist nicht gerade, sondern abgerundet. Auch sie fügt sich so bestens in die Natur ein. Von hier oben schweift der Blick bis hinüber auf die Nordhöhen des Wupper-Tals – eine grandiose Aussicht, für die sich der Aufstieg allein lohnt. Nachdem man den Blick genossen hat, geht es auf einem anderen Weg wieder hinunter. Man schlendert gemächlich den Hang hinab, bis man das Café Podest am Ausgang erreicht. Hier kann man bei Cappuccino und einer der französischen Tartes die Eindrücke sacken lassen – oder einen zweiten Rundgang auf einer anderen Route starten.

Kontakte, Anreise und Weitere Tipps für Wuppertal-Besucher

Skulpturenpark Waldfrieden, Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal Tel. 0202 47898120

Öffnungszeiten: März bis Oktober, täglich, außer Montag, 10-19 Uhr; November bis Februar, Freitag bis Sonntag, 10-17 Uhr Skulpturenpark Waldfrieden, Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal Tageskarte 12 Euro, erm. 9 Euro, Kinder unter 7 Jahren und Schüler frei. skulpturenpark-waldfrieden.de

Empfehlungen für Wuppertal-Besucher

Anreise: Aus Köln kommend fährt man auf der A1 an der Ausfahrt W.-Ronsdorf ab. Von da aus folgt man der Ausschilderung Richtung W.-Elberfeld. Von der L418 biegt man rechts Richtung W.-Barmen ab. Ab da folgt man der Ausschilderung zum Skulpturenpark.

Mit der Bahn: Vom Hauptbahnhof nimmt man die Buslinie 628 in Richtung Sedansberg bis Haltestelle „Bendahler Straße“. Von dort erreicht man zu Fuß bergauf über Gemsenweg und Hirschstraße nach ca. fünf Minuten den Eingang zum Skulpturenpark.

Einkehr: Das Café Podest bietet sich für eine Einkehr an. Untergebracht im ehemaligen Gärtnerhaus der Villa, gehört der Außenbereich des Cafés im Schatten der alten Bäume zu den schönsten Biergärten Wuppertals, hat aber nur bis 19 Uhr geöffnet. Durchgehend warme Küche. Zu empfehlen sind die französischen Tartes. In der Stadt findet man im Luisenviertel rund um den Laurentiusplatz viele gute Lokale. Erste Anlaufstelle ist das „Katzengold“ (Untergrünewalder Straße 3, 42103 Wuppertal). Nur zehn Schritte weiter liegt das „Café du Congo“ (Luisenstraße 118). An warmen Tagen sitzt man an der Straße lauschig unter Bäumen.

Für Kinder:  Für Familien bietet sich ein anschließender Besuch im Zoo an. Er liegt zwar in einem anderen Stadtteil (Sonnborn), ist aber gut mit der Schwebebahn zu erreichen. In dem hügeligen, waldigen Terrain leben rund 5000 Tiere von allen Kontinenten. Bekannt ist der Wuppertaler Zoo vor allem für seine große Elefantenanlage. In der Pinguin-Anlage kann man die Tiere dank eines begehbaren Glastunnels auch beim Schwimmen unter Wasser beobachten. Öffnungszeiten: 8.30-18 Uhr (im Winter bis 17 Uhr). Eintritt: 14,50 Euro, erm. 7 Euro. www.zoo-wuppertal.de

Für Aktive: Vor allem für Fahrradfahrer bietet die 2015 eröffnete Nordbahntrasse ganz neue Möglichkeiten, die Stadt zu erkunden. Auf 23 Kilometer Länge führt sie einmal längs durchs Tal, vom Stadtteil Oberbarmen nach Vohwinkel. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht befinden sich zahlreiche Attraktionen und Sehenswürdigkeiten entlang des Streckenverlaufs. Vom Skulpturenpark Waldfrieden aus steigt man am besten am Mirker Bahnhof, Mirker Straße 48, ein. Am dortigen Kulturzentrum Utopiastadt kann man auch Fahrräder mieten. Ab dem Bahnhof Loh fährt sonntags zwischen 14 und 17 Uhr auch eine Draisine. www.nordbahntrasse.de

Schlechtwetter:  Das Kunstmuseum Von der Heydt bietet Werke aus zwei Jahrtausenden, die in wechselnden Ausstellungen präsentiert wird. Schwerpunkte der Sammlung sind Impressionismus, Expressionismus und die klassische Moderne. www.von-der-heydt-museum.de 

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