Rheinland für EntdeckerZum Klettern im Duisburger Landschaftpark Nord

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Duisburger Landschaftspark 3

Erst einmal durchatmen: Erst einmal durchatmen: Der Blick von der Aussichtsplattform auf Hochofen 5 ist spektakulär.

  • Gehen Sie mit uns auf Sommerreise: In unserer Serie „Rheinland für Entdecker“ geben wir Tipps für Ausflüge und Kurzurlaube in unserer Heimat.
  • Diesmal geht es in den beliebten Duisburger Landschaftpark Nord, der in diesem Jahr 25-jähriges Bestehen feiert.
  • Lesen Sie hier auch alle bereits erschienenen Ausflugstipps aus unserer Sommerserie „Rheinland für Entdecker".

Duisburg – Als Alois Häusler die Aussichtsplattform betritt, beginnen seine Augen zu leuchten. „Wo heute Ikea ist, stand früher die Kokerei“, sagt er. Der 81-Jährige steht auf dem Hochofen 5 des stillgelegten Hüttenwerks, heute Teil des Duisburger Landschaftsparks Nord. In 70 Metern Höhe hört man nur den Wind pfeifen und das Rauschen der Autos, die unten auf den Autobahnen 42 und 59 fahren. Häusler lässt den Blick schweifen: Das ehemalige Steinkohlen-Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop, die RWE-Zentrale in Essen, die Brücke der Solidarität – von hier oben hat man die Region im Blick.

Häusler liebt diese Aussicht. Zielsicher läuft er durch die engen Gänge und steigt mit schnellen Schritten die steilen Treppen rauf und runter. Der 81-Jährige kennt den Hochofen wie seine Westentasche. 35 Jahre lang arbeitete er bei Thyssenkrupp in Duisburg: Von 1960 bis 1968 im Stahlwerk und anschließend bis 1995 als Sicherheitsfachkraft im Bereich Arbeitsschutz. Seit etwa 20 Jahren führt er Besucher über das weitläufige Gelände.

In den Hochöfen wurden bei fast 2000 Grad Celsius Eisenerze zu Roheisen geschmolzen, das für die Stahlindustrie verwendet wurde. Am 4. April 1985 gingen die Arbeiter zu ihrer letzten Schicht. „Das Schrumpfen des Bergbaus und der Stahlindustrie war vorherzusehen“, sagt Häusler. Früher arbeiteten 1500 Menschen im Hochofenwerk. Heute sind es nur noch rund 300.

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Eine Million Besucher pro Jahr

Der Landschaftspark ist über die Jahre zum beliebten Ausflugsziel geworden: Auf dem 180 Hektar großen Areal finden jedes Jahr rund 250 Veranstaltungen statt. Das stillgelegte Hüttenwerk ist außerdem ein beliebtes Fotomotiv – auch nach Einbruch der Dunkelheit. Seit 1996 wird die Industrie-Silhouette jeden Abend von einer Lichtinstallation des britischen Künstlers Jonathan Park bunt angeleuchtet. Vor allem junge Leute machen vor der eindrucksvollen Kulisse gern Fotos. Überall finden sich Graffiti und Sticker – jeder will sich verewigen. Nach eigenen Angaben hat der Park , der in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert, eine Million Besucher pro Jahr.

Eine Schulklasse läuft durch die frühere Werkshalle, die Kinder kichern und spielen Fangen. „Hier standen früher die Arbeiter“, sagt Häusler. Er holt ein altes Foto aus einer Mappe. Darauf sind Männer auf der Gießbühne zu sehen, Flammen schießen in die Höhe, die Halle ist offen. „Das wäre heute aus Lärm- und Umweltgründen undenkbar.“ Nach dem Aus für das Hüttenwerk kaufte das Land NRW die Fläche. Für die Gestaltung des Parks wurde 1989 ein internationaler Wettbewerb ausgeschrieben. Auch ein Abriss des Thyssen-Werks stand zur Debatte. Da dies allerdings höhere Kosten verursacht hätte als der Erhalt der Gebäude, steht die Anlage noch heute.

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Kopfschüttelnd stellt Häusler auf dem Weg zu Bühne 2 eine leere Bierflasche beiseite. Kronkorken auf dem Boden zeugen davon, dass das Gelände heute nicht nur für historische Führungen genutzt wird. Er zeigt auf ein kleines, unauffälliges Metallteil: „Daran konnte man erkennen, wie stark sich der Hochofen durch die Hitze ausgedehnt hat.“ Noch heute kennt der 81-Jährige jedes Detail der Anlage. Er wisse zu schätzen, dass der Hochofen erhalten worden sei, sagt er. So könnten junge Menschen nachvollziehen, unter welchen Bedingungen früher gearbeitet worden sei. „Das ist Geschichte zum Anfassen.“

Knospen sprießen zwischen rostigen Teilen

In der Ferne ist die Silhouette des riesigen Geländes der Thyssenkrupp Steel Europe AG zu sehen. In den Duisburger Stadtteilen Bruckhausen und Beeckerwerth wird in großen Mengen Stahl hergestellt. „Im Vergleich dazu war das hier eine kleine Klitsche“, sagt Häusler.

Durch den Abriss von Teilen des Werks ist das Gelände grüner geworden: Heute stehen Sträucher und Bäume rund um das massive Konstrukt. Zwischen rostigen Trägern sprießen Knospen. „Von wegen verschmutztes, graues Ruhrgebiet. Die Natur holt sich die Landschaft zurück.“

Vor allem für Sportler ist das stillgelegte Hüttenwerk interessant geworden: Es gibt eine offene Halle für Skater und Mountainbiker, einen Fußballplatz und Wanderwege. Der Tauchgasometer ist das größte Indoor-Tauchgewässer in Europa. Dort kann bei einem Durchmesser von 45 Metern 13 Meter tief getaucht werden. Es gibt ein künstliches Riff, das Wrack einer Yacht sowie einen Flugzeug-Rumpf.

Wo früher Koks und Eisenerze zwischengelagert wurden, steht heute mit dem Klettergarten Emscherpark die größte künstliche Outdoor-Kletteranlage in Deutschland. „Wir haben uns gedacht: Aus dem Bunker können wir etwas machen“, erzählt Horst Neuendorf vom Deutschen Alpenverein Duisburg. Auf der Anlage kann das ganze Jahr über von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geklettert werden. „An einem guten Tag kommen fast 500 Besucher“, erzählt der 70-Jährige.

Längster Klettersteig außerhalb der Alpen

Zu ihnen gehören auch Caroline Thelen und Gudrun Lücking. „Die Anlage ist einzigartig“, schwärmt Lücking. „Sie ist weitläufig, bietet viele Routen und ist vor allem unter freiem Himmel.“ Die Frauen kommen häufig in den Emscherpark. „Die Anlage ist sehr gut gepflegt“, sagt Thelen. „Man kennt sich und findet immer einen Partner zum Klettern.“

Der Klettergarten wurde 1990 eröffnet. Seitdem ist er stetig erweitert worden. „Unsere Besucher kommen von überallher“, sagt Neuendorf. Auf dem Gelände befindet sich außerdem ein 530 Meter langen Klettersteig – nach eigenen Angaben ist es der längste außerhalb der Alpen.

Rund 650 Routen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gibt es hier. Und ständig kommen neue dazu. „Ich habe mal eine Tour »Hochwasser-Frust« genannt, weil mein Garten nach dem Ruhr-Hochwasser überschwemmt war“, erzählt Neuendorf. „An diesem Tag war ich zwei Stunden klettern, um Frust abzubauen, und habe dabei die Tour eingemeißelt.“

Service zum Ausflug nach Duisburg

Öffnungszeiten: Der Landschaftspark ist ganzjährig rund um die Uhr geöffnet. Das Besucherzentrum hat Mo-Fr, 9-18 Uhr, am Wochenende und Feiertagen von 11-18 Uhr geöffnet, Tel. 0203/4291919.

Einkehr: Auf dem Park-Gelände gibt es ein Restaurant und ein Bistro. Das Restaurant am Haupteingang ist täglich außer Montags ab 11 Uhr geöffnet. In der Nähe befindet sich ein Kiosk mit Mittagsangebot an Werktagen, Montag bis Mittwoch, 9 bis 16 Uhr, Donnerstag bis Sonntag, 11 bis 16 Uhr geöffnet.

Für Kinder: Einen Einblick in das Leben auf einem Bauernhof vermittelt der Ingenhammshof im Landschaftspark.

Bei schlechtem Wetter: Ein Bad im Tauchgasometer. Zur Auswahl stehen unter anderem Abenteuertauchen (99 Euro) und Schnuppertauchen (44 Euro, beides inklusive Equipment). Weitere Informationen unter Tel. 0203/ 4105353.

Übernachtung: In der Jugendherberge auf dem Areal des Landschaftsparks (Lösorter Str. 133, 47137 Duisburg). Die Herberge verfügt über ein Bistro, Tagungsräume und einen Kicker. Tel. 0203/417900.

Für Radfahrer: Fahrradfahrer können am Landschaftspark diverse Radrouten starten, etwa zum Emscher-Park-Radweg, dem Ruhrtal-Radweg und der Route der Industriekultur. Auf dem Gelände gibt es einen Fahrradverleih.

Rheinische Landpartie: In dem Magazin Landpartie finden Sie auf 148 Seiten die 36 schönsten Landausausflüge und Geschichten zum Nachlesen und -erleben. Entdecken Sie so das Lüttich von Kommissar Maigret, die Menschheitsgeschichte im Neandertal oder das Land der schlafenden Vulkane in der Eifel und vieles mehr.

Landschaftspark auf Google Maps anzeigen.

>Hier finden Sie alle bereits erschienenen Folgen der Serie Rheinland für Entdecker:  www.ksta.de/entdecker www.rundschau-online.de/entdecker

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