Panarbora-ParkÜber den Wipfeln im Wind wiegen

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Am Baumwipfelpfad Panarbora gibt es auch einen Irrgarten.

Am Baumwipfelpfad Panarbora gibt es auch einen Irrgarten.

Waldbröl – Der Naturerlebnispark Panarbora im oberbergischen Waldbröl führt seine Besucher in Baumkronen und darüber hinaus, bietet weite Aussichten ins Land und stille Nächte  auf der Nutscheid.

Mit großen Schritten eilt Steffen Müller von Afrika nach Asien. Voller Elan ist er. Seine Ungeduld kann der 39 Jahre alte Chef des Naturerlebnisparks Panarbora in Waldbröl (Oberbergischer Kreis) aber auch nicht verhehlen. „Alle packen kräftig an, damit die restlichen Unterkünfte endlich in Betrieb gehen können.“ Zwar wurde die zwölf Hektar große Anlage auf dem Waldbröler Höhenzug Nutscheid schon im vergangenen September eröffnet, doch gab es immer wieder Verzögerungen beim Bau der „Globalen Dörfer“ mit jeweils 36 Gästebetten.

Die „Globalen Dörfer” sind so gut wie fertig

Jetzt aber müssen die asiatischen Jurten nur noch geputzt werden, an den südamerikanischen Stelzenhäusern fehlen wenige Treppen und an den afrikanischen Lehmhütten tünchen Arbeiter gerade die letzten Wände in erdigem Rot. „Lange dauert es also nicht mehr“, versichert Müller. „Und das darf es auch nicht.“ Denn mehr als 14 000 Buchungen liegen seinen Angaben zufolge bereits für den Rest des Jahres vor.

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Angeliefert und zusammengebaut sind zudem die ersten der fünf Baumhäuser (28 Betten insgesamt), in Kürze hieven Kräne diese Unterkünfte auf sieben bis zehn Meter hohe Stelzen. Während Schulklassen vor allem die Dorfanlagen nutzen, sind die Herbergen in der Höhe eher für Familien gedacht. 170 Schlafstätten gibt es auf Panarbora, seit der Eröffnung immer wieder belegt ist bereits das Familienhaus in der Mitte der Anlage, von Kindern erobert wird der Abenteuerspielplatz mit seinen Matschplätzen, Wasserbahnen und Kletterbalken.

Gegenüber liegen die unterirdischen Spieletunnel, hier schließt sich der Sinnesparcours und dort wächst der Heckenirrgarten. 14 Millionen Euro hat Panarbora gekostet, Eigentümer ist das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH) mit seinem Landesverband Rheinland.

Der Wipfelpfad - einer der längsten Pfade weltweit

Weithin sichtbar ist der 40 Meter hohe Aussichtsturm, gezimmert von einem Spezialunternehmen in Schwäbisch Hall aus heimischer Fichte und Lärche. Wer dort hinauf will, legt aber erst 1635 Meter auf dem Baumwipfelpfad zurück: Er beginnt auf einer Höhe von sieben Metern, der höchste Balkon ist 23 Meter hoch: Weit reicht der Blick ins Bergische Land – grüne Täler, geschwungene Höhen und der schroffe Nutscheid, dazu die Silhouette des Siebengebirges im Süden und bei klarer Sicht sogar Kölner Domspitzen. Der Wipfelpfad gilt als einer der längsten Pfade weltweit. Und in Nordrhein-Westfalen ist er zurzeit der einzige.

Wer aber den Turm ersteigt und seine zwölf Etagen meistert, braucht für die letzten Schritte zur Aussichtsstation auf 34 Metern durchaus etwas Mut: Der hölzerne Riese wiegt sich sanft im Wind, das ist nicht jedermanns Sache.

Panarbora ist behindertengerecht und weitgehend barrierefrei gebaut. „In der Tat sind die Steigungen zu diesem Aussichtsplateau für einen geübten Rolli-Fahrer kein Problem“, betont Thomas Okken (57) aus Waldbröl. Nach einem Unfall vor elf Jahren ist er auf den Rollstuhl angewiesen, zur Eröffnung des Parks war Okken der erste Rollstuhlfahrer auf dem Turm. „Aber auch wenn ein Mensch im Rollstuhl geschoben werden muss, sollte der Aufstieg zu schaffen sein.“ Vom Schwanken des Turms solle man sich nicht abschrecken lassen, sagt Okken.

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Veränderung der Jahreszeiten erleben

80.000 Tagesbesucher und 20.000 Übernachtungsgäste, so rechnet Leiter Steffen Müller vor, sollen Panarbora jährlich erleben, fast 50.000 Menschen hätten das Gelände seit der Eröffnung bereits erkundet. „Jetzt kann man erleben, wie sich Panarbora mit den Jahreszeiten verändert“, schwärmt der aus Esslingen bei Stuttgart gebürtige Müller, der schon lange in der Tourismusbranche beschäftigt ist und für das raue Klima im Oberbergischen Kreta, Andalusien und Tunesien ebenso hinter sich gelassen hat wie die Türkei mit seinen Lieblingsorten Belek und Sarigerme.

„Als Kind habe ich immer davon geträumt, mal ein Bett in einem Baum zu haben“, verrät der glühende Anhänger des VfB Stuttgart. Ein Fachmagazin für Busreisen, „busplaner.de“ aus München, hat den Waldbröler Naturerlebnispark jüngst mit dem „Innovationspreis 2016“ ausgezeichnet.

„Wir wollen unseren Gästen und Besuchern die Wunder zeigen, die unsere Natur im Großen, aber auch im winzig Kleinen für aufmerksame Betrachter bereit hält“, betont Ludwig B. Lühl, Vorsitzender des DJH-Landesverbandes Rheinland, den pädagogischen Ansatz des Angebots im 2100 Quadratkilometer großen Naturpark Bergisches Land und verspricht: „Aus der Verbindung von Spiel und Abenteuer mit Naturkunde auf Augenhöhe ergibt sich eine völlig neue Perspektive.“ Eine Naturerlebnisakademie ist auf dem Gelände ebenso zu finden.

500 Häuser führt das DJH bundesweit, in Nordrhein-Westfalen ist Panarbora die 35. Herberge. „Andere Anbieter investieren nur in den großen Städten, wir aber gehen hinaus aufs Land“, sagt Rudolf Schwan, Vizepräsident des DJH-Hauptverbandes mit Sitz in Detmold.

Früher eine Kaserne - jetzt ein Abenteuerpark

Er erinnert zudem an die Idee einer ersten Jugendherberge, die vor mehr als 100 Jahren im nahe gelegenen Bröltal entstanden sei aus der Bewegung der wandernden Jugend. Die erste feste Unterkunft aber eröffnete DJH-Gründer Schirrmann (1874 bis 1961) dann 1912 auf Burg Altena im Märkischen Kreis. Mit den stählernen Hochbetten, graublauen Laminatböden und Hagebuttentee aus Stahlkannen von einst hat Panarbora freilich nichts zu tun. Von 1962 bis 1992 war auf dem Gelände eine Kaserne der Bundeswehr mit amerikanischem Kontingent inklusive Nuklearwaffendepot. Die Pläne, auf der weiten Fläche in der Höhe einen Abenteuerpark zu etablieren, stammen aus den frühen 2000er-Jahren.

Gedränge wird künftig vor allem mittwochs auf Panarbora herrschen. „Das ist der große Wechseltag für die Schulklassen“, schildert Parkchef Steffen Müller, der anhand der Buchungsanfragen Trends ausmachen kann: Klassen buchten meistens drei Tage und zwei Übernachtungen mit zum Dorf passenden Programm. Und meist reisten die Jahrgangsstufen fünf bis sieben an.

Wer dann beispielsweise im Jurtendorf absteigt, der erlernt im Begleitprogramm das Bogenschießen. „In jedem Dorf sind die Lehrerunterkünfte genau so ausgerichtet, dass man von dort immer alles im Blick hat“, erklärt Müller. Er plant jetzt, noch kleinere Hütten zu bauen, in denen die Kinder und Jugendlichen frische Handtücher und ihre Bettwäsche vorfinden und ihre Taschen und Koffer verstauen können.

Familien kommen hier in muntere Gespräche

Fest steht, dass der Naturerlebnispark ab 1. August ein Ausbildungsbetrieb ist, Bewerbungen sind ab sofort möglich: Ausgebildet werden dort dann zwei Kaufleute für Tourismus und Freizeit. Zum Team gehört auch die 33 Jahre alte Biologin Maike Hünninghaus aus Wiehl, sie bezieht  Posten auf dem Baumwipfelpfad: Dort sind Schaustationen aufgebaut, die das Waldleben erklären. Diese zeigen etwa, dass auch Totholz wertvoll ist, wie der Wald wirtschaftlich genutzt wird und welche Waldbewohner vor allem in der Nacht aktiv sind. „Die Leute haben viele Fragen, die ich gern beantworte“, berichtet Hünninghaus. Sie hat beobachtet, „dass hier oben Familien in muntere Gespräche kommen“.

Der Pfad mit seinen interaktiven Stationen ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit aller örtlichen Naturschutzorganisationen und der Stiftung für Umwelt und Entwicklung NRW. Fachkräfte stehen bereit, um Wissen zu vermitteln. Dabei müssen Jugendliche nicht aufs Handy  verzichten: In einer App führen die Comicfiguren Judika und Hannes über den Baumwipfelpfad und machen Rabatz, wenn es etwas zu entdecken gibt. Ansonsten soll Panarbora weitgehend internetfrei funktionieren. An einigen Plätzen könne ein W-Lan zum Beispiel auf Wunsch von Lehrern freigeschaltet werden, schildert Steffen Müller.

Wer aber eine Nacht auf Panarbora verbracht hat, der vermisst die Kommunikationstechnik nicht. Dunkel, sehr dunkel sind die Nächte dort oben – und voller Geräusche, die keine Großstadt kennt. Neue Angebote, etwa Baumwipfel-Yoga auf dem 34 Meter hohen Aussichtsturm oder ein „Mama-Workout“ (Krafttraining mit dem Kinderwagen auf dem Weg hinauf zur Turmspitze), sollen das Programm auf dem Gelände künftig erweitern.

Nützliche Informationen: Der Naturerlebnispark Panarbora liegt an der Grenze der Kreise Rhein-Sieg und Oberberg. Weitere lohnenswerte Ziele in der näheren Umgebung sind etwa das Besucherbergwerk Grube Silberhardt in Windeck-Öttershagen, das Museumsdorf Altwindeck und die Burgruine Windeck auf der Rhein-Sieg-Seite sowie Schloss Homburg in Nümbrecht, die Tropfsteinhöhe in Wiehl, das Eisenbahnmuseum in Gummersbach-Dieringhausen, der Affen- und Vogelpark in Reichshof-Eckenhagen und die Schlösser Gimborn (Marienheide) und Ehreshoven (Engelskirchen) auf der oberbergischen Seite. Ein echter Geheimtipp aber ist das Bergische Drehorgelmuseum in Marienheide-Kempershöhe. 80.000 Tagesbesucher und 20.000 Übernachtungsgäste werden auf Panarbora im Jahr erwartet. Wer dort schlafen möchte, braucht dafür jedoch den Jugendherbergsausweis. Geöffnet ist die Anlage von Ende März bis Ende Oktober außer montags von 9.30 bis 18 Uhr, danach von 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt kostet 9,90, ermäßigt 6,40 Euro. Familien zahlen 24,90 Euro. Ein Restaurant mit 200 Sitzplätzen ist vorhanden.

Naturerlebnispark Panarbora, Nutscheidstraße 1, 51545 Waldbröl, Tel. 02291/90 865-0 www.panarbora.de

Anreise mit dem Auto von Köln: Autobahn 4 in Richtung Olpe, Anschlussstelle 26 Reichshof/Bergneustadt/Waldbröl abfahren, Bundesstraße 256 bis Waldbröl-Innenstadt, von dort den braun-weißen und/oder grün-weißen Schildern in Richtung Panarbora folgen; oder Autobahn 59 bis Dreieck Sankt Augustin-West, dort auf A 560 bis Hennef-Ost, dann B 478 bis Stadtmitte Waldbröl, Panarbora-Beschilderung folgen.

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Köln: Regionalexpress 10911 (Richtung Siegen/Rhein-Sieg-Express) bis Windeck-Schladern, Buslinie 342 (Richtung Busbahnhof Waldbröl) bis Panarbora.

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