Tour im Bergischen LandComedian Willibert Pauls zeigt die Wege seiner Kindheit

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Promiwandern Willibert Pauels sitzt auf Hütte

Kindheitserinnerungen hängen an dieser Landschaft : Willibert Pauels ist Diakon und Comedian, kurzum „Ne Bergische Jung“.

  • In unserer neuen Serie „Prominent unterwegs” zeigen Prominente aus Köln und Region ihre Lieblings-Wanderwege – mit Wegkarte und Rundum-Service zum Nachwandern.
  • In der zweiten Folge wandert Willibert Pauels auf den Wegen seiner Kindheit durchs Bergische Land.
  • Dabei erzählt der Comedian von den Streifzügen von früher und was Humor und Glauben vereint.

Oben auf dem Hochsitz meldet sich laut und vernehmlich ein Klingelton. Es ist der digitale Sound eines Smartphones, der den sanften Klangteppich der Natur aus Vogelgezwitscher und Waldrauschen für einen Moment lang durchdringt.

Willibert Pauels ist untröstlich. Ja, er muss leider dringend mal drangehen, und ja:  Das Leben zwischen Kirche und Kabarett ist in Spitzenzeiten schon mal ziemlich aufreibend. Zum Glück hat er die Zahl seiner Auftritte schon vor Jahren radikal gekürzt. Als er merkte, dass der Stresspegel zu groß wurde.

Aber die Aufgaben an sich, die  sind geblieben. Zwei Jobs in einer Person, denen der 64-Jährige mit Leidenschaft nachgeht: Diakon und Clown, sagt er lachend, das passe für ihn gut zusammen. Aber halt, wir wollen nichts vorwegnehmen. Denn hier draußen auf den oberbergischen Höhen rings um Gimborn, wo wir uns zum Wandern verabredet haben, da hat die Geschichte seiner Familie  – und damit seine eigene – eigentlich erst begonnen: Pauels will sie uns unterwegs erzählen.

Wie im Märchen

Die Wanderungen in Kindertagen, die der Vater, ein Volksschullehrer aus Wipperfürth, mit ihm   ins Gimborner Land unternahm, sind unvergessen. Und mit ihnen die Erzählungen des Vaters, der einfach alles wusste über das Land, seine Leute, und die  Vorfahren. Pauels  haben diese Geschichten  geprägt – und wenn er heute hierher kommt, „dann reihen sich verschwommene Fotografien aus jener Zeit zu einem Bilderbogen aneinander“. Er deutet hinüber zum Schloss, dessen Schiefertürme an diesem Morgen noch lange Schatten werfen. „Wie im Märchenland habe ich mich damals gefühlt“, sagt er.

Die urige Schlossanlage aus dem 17. Jahrhundert und ihre Ländereien befinden sich seit Generationen im Besitz der Freiherren zu Fürstenberg.  Es muss wohl gegen Ende des 19. Jahrhunderts gewesen sein, als der Urgroßvater Karl Einholz ganz in der Nähe im kleinen Weiler Unterboinghausen einen Pachthof  betrieb. Und weil jener Urgroßvater ein politisch interessierter Mensch war, besaß er etwas zu jener Zeit geradezu Exotisches  für einen einfachen Landwirt aus dem Bergischen Land – und das war ein Zeitungsabonnement.

Regelmäßig bezog er die gedruckte Ausgabe einer Zeitung aus der Hauptstadt Berlin. Was wiederum dem Schlossherrn von Gimborn nicht verborgen blieb  und ihn häufiger dazu bewog,  seinen  Pächter in ein Zaungespräch am Feldrand zu verwickeln über Neuigkeiten aus dem wilhelminischen Reich. Der Vater, sagt Pauels, war ein Anekdotensammler – und wusste solche wie diese  lebhaft auszuschmücken. 

Ein Ort, der so viele Geschichten in sich trägt

Dem Talent zum Fabulieren hat Sohn Willibert als katholischer Komödiant eine Bühne gegeben. Ein Erzählprofi, der uns an der alten Schule von Gimborn vorbei geradewegs in die ehemalige Schlosskirche führt: Hinter den grauen Mauern von St. Johann Baptist fanden Taufen und Hochzeiten der Familie statt. Pauels zieht es immer wieder an diesen Ort – als Prediger für seine Pfarrei Oberberg-Mitte, und als Wanderer wie heute. „Ein Ort, der so viele Geschichten in sich trägt, inmitten einer Landschaft wie aus dem bergischen Bilderbuch“,  schwärmt Pauels. Im Inneren der Kirche ist es angenehm kühl an warmen Sommertagen. Wir setzen uns und lauschen eine Weile andächtig der Stille.

Mit dem Humor sei es am Ende wie mit der Religion, Pauels hat eine Botschaft: Wenn das Lachen befreit, war es ein guter Witz, den jemand vorgetragen hat. Heißt angewendet auf Weltanschauungsfragen religiöser Art: „Eine Glaubenslehre, die über den Dingen steht, schenkt innere Freiheit.“ Beides, Humor und Glauben, berührt die Seele, meint Pauels. Weshalb  sein Bühnenprogramm auch keinen konkreten Titel benötige: „Im Kern hören die Leute im Publikum von mir eine Predigt. Ich erzähle Geschichten, die trösten.“

Vom Vater wegen einer Sechs in der Schule getröstet

Wie er es vom Vater gelernt hat. Als der Sohn einmal zaudernd mit einer glatten Sechs in Latein – oder war es doch Mathe? – nach Hause kam, legte der ihm tröstend die Hand auf die Schulter. „Einer muss die Sechsen doch schreiben, sonst wären die Sechsen traurig“, lautete sein lakonischer Kommentar dazu. Was für eine Erleichterung für den Sohn. Geborgen in bedingungsloser Liebe habe er sich da gefühlt, sagt Willibert Pauels. Die Antwort hätte ebenso  lauten können:  Alles eine Frage der Perspektive. Und der inneren Gelassenheit.

Schloss Gimborn, dieses feudale Gemäuer aus Grauwacke in stimmungsvoller Parklandschaft,   ist also auch unser Ausgangspunkt für einen Streifzug durch die Natur. In Kindertagen kamen die Sonntagsausflügler noch mit dem Bus aus Wipperfürth über Frielingsdorf und Marienheide bis zur Haltestelle in der Dorfmitte, die es genau so noch gibt: Drei Schwestern und manchmal auch die Nachbarkinder waren dann dabei. Der Vater als Wanderführer vorneweg. Haben sie  dann auch Beeren oder Pilze gesammelt? Pauels muss lachen: „Nein, wir haben Geschichten gesammelt.“ Unterwegs fallen einem die besten ein, sagt er.

Wie der Großvater in den Krieg zog

Von Gimborn aus hat der Sauerländische Gebirgsverein nicht weniger als fünf Rundwanderwege ausgeschildert. Wir lassen das Auto auf dem Wanderparkplatz zurück und wählen unsere eigene Route – ein Stück weit begleiten wir später den  berühmten Jakobsweg, der die Pilger im Zeichen der Jakobsmuschel bis ins spanische Santiago de Compostela  führt.

Die Baumkronen mächtiger Fichten biegen sich über uns ächzend im Wind, der auf der Höhe an Fahrt gewinnt, sobald  mit der  Sonnenstrahlung  ein thermischer Luftstrom entsteht. Purpurner Fingerhut leuchtet in einem Kahlschlag – als wolle er diese Landschaft aus Wald und Wiesen in tausend Nuancen Grün mit Farbklecksen fürs Foto dekorieren.

Gut Dreiviertel der Strecke haben wir wohl schon hinter uns, als wir oberhalb von Gimborn an  einer Gabelung ankommen. Von zwei mächtigen Linden flankiert steht dort ein Wegekreuz aus Sandstein. Das Kümmeler Kreuz, wie es nach der winzigen Ortschaft mit Forsthaus und einer Handvoll Häusern am Hang genannt wird – für Pauels ist das Kreuz nicht bloß eine historische Wegmarke aus dem 18. Jahrhundert, sondern ein Zeuge der Vergangenheit seiner eigenen Stammväter. 

Genau an dieser Stelle nämlich, auch das ist vom Vater bei zahllosen Wanderungen überliefert, sollen sich die Großeltern ihren letzten Kuss gegeben haben. Ein Abschied für immer, dann zieht der Großvater in den Krieg. Seine junge Frau, schwanger mit ihrem ersten Kind, hat ihn auf  dem Fußmarsch zur Bahnstation in Kotthausen bis zu jenem Wegekreuz begleitet. Wenige Wochen später wird das Kind geboren – Willibert Pauels’ Vater Josef. Der Großvater aber wird seinen Erstgeborenen nie kennenlernen, er kehrt nicht mehr zurück ins verträumte Gimborner Land. Für Kaiser und Vaterland  ist er im Granatenhagel der russischen Artillerie an der Ostfront gestorben. Eine Feldpost an die junge Mutter und die Nachricht über seinen Tod treffen  beinahe zeitgleich ein. 

Glaube ist Herzenssache

Willibert Pauels könnte so noch stundenlang weitererzählen. Wenige Symbole hat der unbekannte Steinmetz am Kümmeler Kreuz in Stein gemeißelt: Segen, Dornenkrone, Füße, Herz. Im Grunde sei der Glaube an die Auferstehung zuallererst eine Herzensangelegenheit, erklärt Pauels bei unserem Stopp am Pilgerweg. Ein Glaube, der Hoffnung gibt. „Eine tröstliche Botschaft“, sagt der praktizierende Diakon Pauels.

Kommt der „Bergische Jung“ noch oft hierher? Lässt der prall gefüllte Terminkalender Auszeiten wie diese manchmal zu? „Viel zu selten“, räumt Pauels ohne Zögern ein. Dabei wäre es vom Wohnort Wipperfürth eigentlich nur ein Katzensprung. Und dabei fällt ihm noch ein, was passierte, als einmal ein schweres Gewitter aufzog und der Himmel sich bedrohlich verfinsterte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Der Wanderweg und weitere Informationen

1 Starten am Schloss

Ein Schloss wie aus dem Märchen entsprungen, eine Kirche, eine alte Schule, eine Gastwirtschaft und eine Handvoll Häuser finden sich in der Ortschaft Gimborn, die zur Gemeinde Marienheide im Oberbergischen Kreis gehört. Gleich mehrere Rundwanderwege starten am Wanderparkplatz bzw. am Schloss, das heute eine Tagungs- und Begegnungsstätte der International Police Association ist. Vor dem Schlosshotel wenden wir uns nach rechts auf der Straße an Schloss Gimborn vorbei und biegen am nächsten Straßenabzweig rechts Richtung Erlinghagen ab. Wir folgen dabei der Markierung A3 die Straße hinauf und biegen hinter dem Ortsausgangsschild links auf einen breiten Wirtschaftsweg ab (A3), der uns bergan führt.

2 Wegekreuzung mit Schutzhütte

Nach etwa 1 km erreichen wir auf der Höhe am Waldrand eine Wegekreuzung mit Schutzhütte. Hier biegen wir links ab (A3). Nach weitere 60 m biegen wir erneut links ab und folgen einem Wirtschaftsweg. Wo er in einer Senke auf einen weiteren trifft, folgen wir diesem nach links bergab, bis wir in Unterboinghausen die Straße erreichen. Wir überqueren sie schräg nach links in die Straße „Gimbachquelle“ und biegen von dort gleich wieder rechts auf einen Wirtschaftsweg ab, der uns an einer Weide entlang bergauf führt. An einer Weggabelung halten wir uns links, durchqueren ein Waldstück, passieren eine Freifläche und biegen dann am Waldrand links auf einen Wiesenweg ab. Am Waldrand entlang geht es jetzt bergauf, an einer Bank vorbei und dann hinunter in den Weiler Oberboinghausen.

3 Durch den Wald

An einer T-Kreuzung folgen wir der Wohnstraße nach links. An der Einmündung der Grunewalder Straße am Siedlungsrand folgen wir dieser nach rechts bergauf. Bald steigen wir durch den Wald, immer an dem Sträßchen entlang bergauf, und biegen auf der Höhe scharf links auf einen Schotterweg ein. Nun folgen wir der Markierung des Jakobswegs (stilisierte gelbe Muschel auf blauem Grund) und der Markierung A2 über einen Höhenrücken bis zu einem Wegekreuz aus Sandstein, dem Kümmeler Kreuz.

4 Vorbei am Forsthaus Kümmel

Gleich dahinter folgen wir einer Straße links bergab (A1, A2). Es geht am schwarzen Forsthaus Kümmel vorbei. In einer Linkskurve der Straße biegen wir schräg rechts auf einen Waldweg ab, finden bald die Markierungen A1 und A2 wieder, überqueren einen Bachlauf und wandern hinunter Richtung Gimborn.

Informationen

Anfahrt: Im Pkw über A4 bis Ausfahrt 23 Engelskirchen, L302 Richtung Marienheide bis Kaiserau. Dann L97 und Leppestraße bis Schlossstraße in Gimborn. Mit ÖPNV: Von Köln RB 25 Rtg. Meinerzhagen bis Marienheide, Bus 308 Rtg. Frielingsdorf (samstags Taxibus mind. 60 Minuten vor Abfahrt unter 0 22 61/91 12 71 bestellen, ab fünf Personen drei Tage vorher anmelden; sonn- und feiertags keine Busverbindung).

www.vrsinfo.de

Start/Ziel: Wanderparkplatz an der Naturparkstraße, 51709 Marienheide-Gimborn

Länge/Dauer: 7,2 km, etwa 2 Stunden

Profil: Schöne Höhenwege und Fernblicke im Oberbergischen Land. Wenig Asphalt, Waldwege, relativ sichere Orientierung. Varianten vom Wanderparkplatz aus und unterwegs auf den Markierungen A1, A2, A3 und A4 möglich. Eine weitere Rundtour führt anspruchsvolle 22,6 km ins Tal der oberen Wipper und hinauf zur Lingese-Talsperre und zurück.

www.sgv-berg.de

Einkehr: Schlosshotel, Schlossstraße 15,  51709 Marienheide-Gimborn

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