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Wandern in NRW mit PremiumsiegelUrlaub im Auwald am Hariksee

Lesezeit 6 Minuten
Schwalm-Aufmacher

Gras raschelt, Vögel zwitschern, Wasser plätschert im nahen Flüsschen Schwalm, das der Region ihren Namen gab. Idylle pur.

Man hat mir erzählt, man habe mich schon im Kinderwagen auf den Wegen rund um Laarer und Borner See in Schwalmtal spazieren geschoben, aber erinnern kann ich mich  nicht mehr daran – was schade ist, wie wir heute noch feststellen werden.

Am Parkplatz des „Mühlrather Hofs“ beim Naherholungsgebiet Hariksee sind wir mit unserem Wegescout Dieter Polmans verabredet, übrigens bewusst in den frühen Abendstunden. „Das ist die beste Zeit, um mit etwas Glück auch Wild beobachten zu können – und es ist weniger los“, erklärt der Ehrenamtler, der sich für den Naturpark intensiv um „seinen Weg“ kümmert: Schilder richtet oder ersetzt, wo gelegentlich welche „verschwinden“, Gras schneidet, damit die Wegweiser immer gut zu sehen sind und auch schon mal zur Säge greift, wenn ein Ast zu weit über den Weg ragt.

Wanderung mit Qualität

Während wir losmarschieren, klären wir als Erstes die Frage: Was macht eigentlich einen Premium-Wanderweg aus? Dazu erklärt Polmans: „Das Deutsche Wanderinstitut vergibt das Wandersiegel alle drei Jahre nach bestimmten Qualitätskriterien und verteilt Punkte.“ Die gibt es für Wegeformat (Belag, Breite, Straßennähe), Natur und Landschaft (Wald, Feld, Fluss, Gebirge), Kultur und Zivilisation (gibt es z. B. auch Gestank, Lärm, triste Bebauung) sowie Wanderleitsystem und übergreifende Kriterien wie z. B. Abwechslungsreichtum der Strecke.

Alles zum Thema Wandern in der Region

Über mangelnde Abwechslung kann man sich nicht beklagen, wenn man mit Polmans unterwegs ist. Der hat das Fernglas immer dabei, zeigt hier auf einen Fasan in der Wiese, dort auf einen Hasen auf dem Acker oder auf einen markanten Baum voller Löcher: „Hier haben Spechte genistet, aber auch andere Vögel nutzen die Bruthöhlen nach ihnen“, erklärt der Wegescout, den man wirklich alles zu fragen können scheint.

Aber er kann auch ganz ruhig werden: Wenn er mit Wandergruppen unterwegs ist, bietet er gerne an geeigneter Stelle eine Achtsamkeitsübung an, die jeder auch für sich allein machen kann. Einfach für ein paar Minuten nur dastehen, still sein und hören, was die Natur so macht: Gras raschelt, Vögel zwitschern, Wasser plätschert im nahen Flüsschen Schwalm, das der Region ihren Namen gab, eine Kirchturmglocke schlägt – das ist Entschleunigung pur und ja gerade auch das, was das Wandern für viele so attraktiv macht.

Picknicken umgeben von Seen

Zurück in der Gegenwart erreichen wir nach einem schattigen Waldstück, vorbei am Laarer See, schließlich den Borner See, wo gleich zwei Picknickplätze zu einer kleinen Pause einladen – entweder unterhalb der Kirche St. Peter, die seit etwa 1136 an diesem Ort steht oder ein Stück weiter am Sängerplatz, jeweils mit schönem Blick auf den See. „Der Borner See entstand im 17. Jahrhundert durch den Torfabbau; wurde in den 1970er-Jahren ausgebaggert und dient seitdem als Rückhaltebecken für die Wasserwirtschaft der Region.“ Und als Brutstätte für viele Wasservögel,  sogar die hübschen Haubentaucher sind dabei. Kein Wunder, dass der Naturpark hier, einen seiner „Wasser.Blicke“, besonders schöne Aussichtspunkte mit Bezug zum Wasser, eingerichtet hat. Auf der im Boden eingelassenen Metallplatte befindet sich ein QR-Code, mit dem man Informationen zum  Standort abrufen kann.

In der idyllischen Abendstimmung mit dem im Sonnenlicht glitzernden See wird Dieter Polmans, der hauptberuflich als Verwaltungsleiter in einer Kölner Senioreneinrichtung arbeitet, beinahe philosophisch: „Wenn man so einen Weg achtsam geht, kommt man dem Begriff Heimat sehr nahe.“ Recht hat er, wie wir uns auch gerade bewusst machen, nimmt man doch die Schönheiten vor der eigenen Haustür „betriebsblind“ oft gar nicht mehr richtig wahr.

Elfen und Feen in den Bäumen dank Corona

Unübersehbar sind allerdings die zahlreichen Kopfweiden auf dem nächsten Wegstück, „der“ charakteristische Baum des Niederrheins, sozusagen unkaputtbar, da seine Wurzeln viel Wasser aufnehmen können und so mit Überschwemmungen, aber auch Trockenheit bestens zurechtkommen. In den hohlen Stämmen finden übrigens Steinkäuze gute Nistplätze. Mittlerweile hat das Landschaftsbild erneut gewechselt. Wir sind in einem Auwald in der Nähe der Schwalm, auch der Bodenbelag hat sich verändert, ist mehr Wald- als Sandboden, wenn man darauf achtet, erkennt man auch, wie sich das Geräusch der Schritte verändert. Früher sei dies ein sogenannter Hutewald gewesen, in den das Vieh zum Weiden getrieben wurde. Dadurch entstand ein parkähnlicher Charakter, da das Unterholz kontinuierlich abgegrast wurde.

An einer Stelle hat die Corona-Zeit im Frühjahr kreative Blüten getragen: Eine Künstlerin hat aus Materialien des Waldes kleine Figuren erstellt, die Elfen und Feen darstellen könnten, vielleicht auch Waldgeister, in manchen Bäumen hängen Mobiles mit guten Wünschen.

Entlang der auf diesem Stück begradigten Schwalm führt der Weg kurz darauf über eine Straße zur Mühlrather Mühle am Hariksee, deren beide Mühlräder noch von einer langen Tradition als Öl-, Getreide- und Sägemühle zeugen. Spannend ist auch die aufwendig angelegte Fischtreppe, die Aalen aus der Schwalm ermöglicht, das Wehr der Mühle zu überwinden und sich durch den Fluss dann weiter zu ihren Laichgründen in der Sargassosee zwischen Florida und den Bermudas (!) zu bewegen.

Zurück über die Straße erreichen wir nach knapp zwei Stunden wieder den Ausgangspunkt und eines ist sicher: Dieses Mal werden die Wege rund um die zwei Seen in Erinnerung bleiben – in sehr guter Erinnerung!

Weiterführende Tipps

Premium-Wanderwege: Der Wanderin und dem  Wanderer stehen neun teils grenzüberschreitende Wanderwege zwischen circa fünf und 19 Kilometern auf deutschem und niederländischem Gebiet offen, alle Informationen zu den Routen findet man im Internet.  www.wa-wa-we.eu

Zwei-Seen-Runde: Die hier beschriebene, mit Dieter Polmans abgelaufene Wanderung  ist mit 6,4 Kilometern auch für Familien mit kleineren Kindern gut machbar.  Wer am Ziel angekommen ist und noch immer  nicht genug gelaufen ist, schließt einfach noch den Rundweg rund um den direkt benachbarten Hariksee an.

Anreise: Ab Düsseldorf Richtung Roermond geht es über die A52 bis zur Ausfahrt Niederkrüchten, links Richtung Brüggen beziehungsweise der Beschilderung Hariksee folgen. Hier findet man Parkplätze rechts und links der Straße, unter der Woche ist das Parken dort kostenlos,

Für Kinder: Bauernhof pur gibt es zwei Auto-Minuten vom Wanderparkplatz entfernt in Niederkrüchten-Laar. Im großen Offenstall des Kapellenhofs der Familie Coenen-Iborg kann man Milchkühe und Kälbchen besuchen (und auch anfassen), Hühner, Nandus und Pfaue auf den Wiesen beobachten. Wer mag, kann zusätzlich  am Automaten frische Rohmilch und Softeis zapfen.

Extra-Tipp: Die besondere Übernachtungsmöglichkeit in Laar ist die AlpacaView-Lodge. Auf einem ehemaligen Reiterhof werden  Ferienwohnungen vermietet und Touren mit Alpakas angeboten.  Auf dem Areal leben außerdem auch weitere Tiere in einem Tierschutzprojekt, zum Beispiel Esel, Schafe und Ziegen. Besuche nur nach Voranmeldung. Borner Str. 24, 41372 Niederkrüchten-Laar www.alpacaview-lodge.com

Rezept für die Stärkung zwischendurch: Eiersandwich mit Kräutern

Zutaten für 4 Personen:

6 Eier, hart gekocht 4 EL Frischkäse 1 EL Créme fraiche 1 TL Senf 1 EL Kapern Salz, Pfeffer, etwas Cayennepfeffer ¼ Bund Schnittlauch 2 Zweige Dill, Kerbel oder Estragon ½ Paket Gartenkresse 8 Scheiben Toast (alternativ schmeckt dazu auch Schwarzbrot, Graubrot oder Mehrkornbrot)

Zubereitung:

Die gekochten Eier pellen, grob würfeln und mit Frischkäse, Creme fraiche und Senf mischen. Kapern fein hacken und dazu geben. Eiermasse mit Salz, Pfeffer und Cayennepfeffer abschmecken. Kräuter waschen, trocken schütteln und fein schneiden. Kräuter und Kresse unter die Eiermasse rühren und auf vier Toastscheiben verteilen. Sandwiches mit den anderen Hälften zudecken und andrücken. Sie entscheiden selber, ob Sie das Toastbrot vorher rösten oder nicht. Die Creme passt auch zu Schwarz-, oder Mehrkornbrot. (Rezept: Julia Floß)

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