GastronomieFrüher trugen die Tische Namen

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Elke und Lothar Huth haben die "Försterstube" schon mehr als ein Vierteljahrhundert gepachtet.

Elke und Lothar Huth haben die "Försterstube" schon mehr als ein Vierteljahrhundert gepachtet.

Neuehrenfeld – Obwohl Mathias Potes nahezu blind war, war er eine Kämpfernatur. Als die Behörden zunächst seinen Antrag ablehnten, an der Försterstraße eine Wein-und Bier-Gaststätte zu eröffnen, zog er vor das Königliche Verwaltungsgericht und klagte gegen die Stadt. Die Juristen kamen zu dem Schluss, dass die zuvor strittige "Bedürfnisfrage" nunmehr zu bejahen sei. Das war vor genau 100 Jahren. Seit 1912 gibt es an der Ecke Försterstraße/Ehrenfeldgürtel eine Gastwirtschaft. Unter "Bedürfnis" war nicht etwa die Frage nach Toilettenanlagen zu verstehen. Nein, die Beamten hatten Zweifel, ob das damals noch ganz junge Stadtviertel überhaupt eine solche Gaststätte bräuchte.

Sie wurden nicht nur richterlicherseits eines Besseren belehrt. Das "Bedürfnis" hier einzukehren hatten die Menschen aus dem Viertel von Anfang an. Die umgebenden Straßenzüge entstanden in Jahren zwischen 1900 und 1910. Bis heute ein durchaus gehobenes Wohnviertel mit vielen Beamtenhaushalten - das "Tinteveedel" eben.

Lothar und Elke Huth sind das vierte Pächterehepaar in der Geschichte der Eckkneipe, in der zahlreiche Einrichtungsgegenstände aus der Gründerzeit stammen. Auch die immer noch wie neu blinkende Messinghaube der Zapfanlage hat mindestens schon ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel, wie anhand einer der alten Fotografien zu sehen ist, die den Gastraum schmücken.

„Ein reines Restaurant sind wir gar nicht.“

"Früher trugen manche Tische sogar die Namen von Stammgästen", erinnert sich Lothar Huth, der die Gaststätte seit 1976 führt. Dass große Tischrunden beinahe täglich kommen, habe zwar etwas nachgelassen, aber treu sind die meisten Gäste dennoch. Das liegt vor allem an den Kochkünsten des Wirts, obwohl er sagt: "Ein reines Restaurant sind wir eigentlich gar nicht." Der Thekengast, der hier zumeist Kölsch oder Pils bestellt, ist genauso anzutreffen.

Richtig gelernt hat Lothar Huth den Kochberuf zwar nie, doch mit viel Freude und Leidenschaft hat er sich in rund 40 Jahren Gastronomie zum Spezialisten für gutbürgerliche Gerichte entwickelt. Im Viertel bekannt sind zum Beispiel die Bratkartoffeln. "Das Rezept wird nicht verraten", mischt sich Ehefrau Elke ein. Nur so viel: "Pellkartoffeln müssen es sein, niemals Salzkartoffeln."

Das aber ist längst nicht alles, was die Speisekarte der "Försterstube" bietet. Je nach Jahreszeit verwöhnen die Huths ihre Gäste mit Boef bourguignon, hausgebeiztem Lachs, Roastbeef oder immer wieder gerne mit Frikadellen.

Obwohl typische Eckkneipe mit L-förmigem Grundriss, ist die Försterstube stets "gutbürgerlich" geblieben. Einer der prominentesten Gäste, die hier regelmäßig einkehrten, war der frühere FC-Trainer Hennes Weisweiler. Dass Fußball bei den Gästen immer noch ein beliebtes Gesprächsthema ist, beweist auch der kleine Geißbock-Wimpel hinter dem Tresen.

Karnevalsorden und Bilder von Kölner Dreigestirnen lassen erahnen, dass es an den "tollen Tagen" hier hoch her geht. "Das ist richtig schön und nie krawallig. Manchmal singen und schunkeln alle Gäste", schwärmt Elke Huth. Ein weiterer wichtiger Anlass zum Feiern ist der gemeinsame Geburtstag der Huths, der mit Stammgästen begangen wird. In diesem Jahr wird der Termin ausnahmsweise auf den September verschoben, denn es wird ja auch das "100-Jährige" standesgemäß gefeiert.

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