FahrradfahrenSechs Tipps für sicheres Radfahren mit dem Elektrorad

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Radreisen mit E-Bikes boomen, sagt der ADFC. Bergige Regionen werden für weniger Trainierte und Ältere erreichbare Ziele.

Die Mär vom rasenden Rentner will nicht weichen, obwohl schon einiges statistisch aufgeboten wurde, um sie zu entkräften. Weder verursachen ältere Fahrer von Pedelecs (landläufig E-Bikes genannt) in Relation zur wachsenden Zahl der Radfahrer mehr Unfälle, noch rasen Sie durch Feld, Wald und Wiese ohne Rücksicht auf Verluste. Was allerdings stimmt ist, dass sich mit der Tretunterstützung auch für weniger Trainierte die Möglichkeit eröffnet, lange oder bergige Strecken zu meistern.

Fahren nach langer Pause

Eine Unsicherheit zeigt sich Experten indes bei Menschen, die nach langen Radpausen wieder fahren wollen: „Die fehlende Routine der automobilen Generation kann zu einer unsicheren Fahrweise führen und zu dem Gefühl: Ich bin Passagier, und nicht Pilot.“ So fasst Marc Brodesser seine Beobachtung zusammen. Bei E-Bikes verstärke sich die Unsicherheit besonders wegen der modernen Bremsen, die wesentlich griffiger als bei alten Rad-Modellen sind. Brodesser gibt für den ADFC und in seiner eigenen Fahrtechnikschule „Ridefirst.de“ NRW-weit Kurse auf Rädern mit und ohne Motor.

Hier gibt es sechs Tipps für sicheres Fahren mit dem E-Bike:

1. Richtig bremsen

Viele Radfahrer können die Vorderbremse nicht gefühlvoll nutzen. Aber ich sage immer: Mit der Vorderbremse musst du befreundet sein! Die neuen Elektrofahrräder haben hydraulische Bremsen oder Scheibenbremsen mit starker Bremskraft. Am besten bremst man gleichmäßig mit beiden Bremsen ohne direktes Blockieren der Räder. Starkes Abbremsen sollte man sogar richtig üben, um dem Nach-vorne-Reflex entgegenzuwirken. Das heißt: Falsch ist es, die Bremsen voll zu ziehen und gleichzeitig nach vorne zwischen Sattel und Lenker zu springen. Ein optimaler Sicherheitsabstieg bei Notbremsung geht so: Fest auf den Pedalen stehen, beide Bremsen kräftig und gefühlvoll betätigen, das Körpergewicht dabei nach hinten werfen und beim Stillstand zur Seite fallen lassen, damit ein Fuß schnell sicheren Stand bekommt. Das kann man am besten auf festem Schotterboden üben. Der Untergrund kann einem direkt rückmelden, ob man wirklich gefühlvoll und nicht zu Hinterrad-lastig gebremst hat.

2. Gutes Gleichgewicht

Wer auf dem Rad auch langsam eine gute Balance hat, kontrolliert sein Fahren besser. Langsamfahren sollten unsichere Radler deshalb trainieren, zum Beispiel, indem man um einen Gullydeckel kreist; eine enge Acht nachfährt; eine Linie im Schneckentempo abfährt, dabei ganz abbremst und versucht, im Stehen auf dem Rad zu bleiben. Königsdisziplin ist natürlich, das Rad im Stehen halten zu können, ohne einen Fuß auf den Boden zu setzen – je weniger man dabei am Vorderrad wackelt, umso besser.

3. Der richtige Blick

Die Blickführung ist für kontrolliertes Radfahren elementar: Man sollte immer sein Ziel fixieren, beim Kurvenfahren konsequent dahin schauen, wo man wirklich hinwill, nicht auf den Wegesrand oder aufs Vorderrad, sonst wird das nichts mit der Kurve. Dieser Blick dreht auch den Körper in die Fahrtrichtung. Also: Immer mit dem Körper und nicht nur mit dem Kopf dahin schauen, wo man hin will. Das lässt sich sehr gut üben an Bremsschikanen bei Schienenquerungen oder Wegübergängen.

4. Keine Angst vor Tempo

E-Bikes helfen dabei, Bergtouren zu meistern, aber man muss auch sicher abfahren können. Viele Radler hängen dabei zu stark in den Bremsen. Tatsächlich braucht man eine gewisse Geschwindigkeit, um das Rad stabil zu halten. Wichtig ist die gesamte Körperhaltung: Nicht ein Fuß oben, einer unten – so kann das untere Pedal in der Kurve auf der Fahrbahn schleifen und das ist gefährlich. Beide Pedale sollen parallel stehen, das verleiht mehr Kontrolle. Auch ältere Fahrer sollten mal aus dem Sattel gehen und im Stehen abfahren. Im Sitzen bekommt man jeden Schlag direkt ab, im Stehen federt man das aus den Beinen selbst mit ab. Das Gewicht dabei auf beiden Beinen halten und nicht auf dem Lenker abstützen. Im Stehen fahren zu können bedeutet: Mann kann besser agieren, nicht nur reagieren – auch beim Bremsen.

5. Rechtzeitig schalten

Trotz des Motors sollte man auch die Schaltung oft nutzen. Das spart Akkuleistung und ist effizienter. Bei bergigem Terrain sollte man vorausschauend schalten, da schalten unter Tretlast im Anstieg laut und materialverschleißend ist. Leises Schalten, also mit Entlastung der Kurbel, lässt sich optimal üben, indem man vor dem Schalten stark pedaliert und dann beim Schaltvorgang ohne Last mittritt.

6. Die richtige Haltung

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit für jedes Fahrrad und Elektrofahrrad: Sattelhöhe und Lenkerhöhe müssen auf den Fahrer eingestellt sein, nicht umgekehrt. Die Sattelspitze darf nicht nach unten zeigen, die Handgelenke dürfen nicht abknicken. Eine optimale ergonomische Position ist das Stichwort, egal ob man einen aufrechten oder sportlichen Sitz bevorzugt, und die sollte jeder Fahrradhändler einstellen können. Wenn Knie, Rücken, der Po oder die Handgelenke nach dem Fahrradfahren wehtun, stimmt mit der Position etwas nicht, denn wer in der richtigen Haltung fährt, hat keine Beschwerden. (don)

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