Jause oder „The art of snack plate“Warum die Vesperplatte ein Comeback verdient hat

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Eine kalte Platte mit lokalen Spezialitäten wie beispielsweise geräucherten Würsten, luftgetrocknetem Schinken, eingelegtem Gemüse und würzigem Käse.

  • „The art of snack plate“, die Kunst der Snackplatte, feierte einen kurzen Hype in der amerikanischen Foodblogger-Szene.
  • Das erinnert unsere Kolumnistin an ihre Lehrjahre im tiefen Schwarzwald. Dort steht der Begriff „Vesperplatte“ auf jeder Wirtshauskarte. In Bayern sagt man Brotzeit, in Österreich Jause.
  • Welche Regeln es bei der Vesperplatte zu beachten gibt und wieso sie tatsächlich mehr Beachtung verdient hat, lesen Sie hier.

Köln – Manchmal braucht die kulinarische Inspiration einen kleinen Schubs. Wie schnell schleicht sich die Gewohnheit ein und plötzlich erwischt man sich dabei, wie man alle drei Tage Spaghetti Bolognese serviert und der Bausatz für den Grillabend aus den immer gleichen Würstchen, den gleichen Burgern und sogar dem gleichen Salat besteht. Verstehen Sie mich nicht falsch, gegen lieb gewonnene Traditionen ist überhaupt nichts einzuwenden, aber jeden Samstag vor dem gleichen Kartoffelsalat zu sitzen ist keine Tradition, sondern kulinarische Verzweiflung.

Meine Inspiration, oder besser Erinnerung, wurde zuletzt digital geschubst. „The art of snack plate“, die Kunst der Snackplatte, feierte einen kurzen Hype in der amerikanischen Foodblogger-Szene und ich fühlte mich an meine Lehrjahre im tiefen Schwarzwald erinnert. Dort steht der hübsche Begriff „Vesperplatte“ auf jeder Wirtshauskarte. In Bayern sagt man Brotzeit, in Österreich Jause.

Junger Gouda gehört nicht auf die Platte

Gemeint ist eine Platte oder viel mehr ein Holzbrett mit Hartkäse, Wurst, Schinken und Essiggemüse. Die Produkte sind grundsätzlich regionaler Herkunft und von hervorragender Qualität. Im Schwabenland käme niemand auf den Gedanken, jungen Gouda und Billig-Salami auf die Vesperplatte zu legen. Das wäre in etwa so unwürdig wie Maultaschen mit Cocktailsauce.

Dieses kleine Potpourri aus geräucherten Würsten, luftgetrocknetem Schinken, eingelegtem Gemüse und würzigem Käse ist nicht nur Zwischenmahlzeit, sie ist ein Kulturmerkmal und der Schwabe snackt sie voller Stolz. Zu Recht.

Nichts wirklich Vergleichbares in Köln

In vielen europäischen Ländern wird die kalte Platte mit lokalen Spezialitäten serviert. In Italien, Spanien oder Portugal ist sie ein üblicher Snack zum Aperitif, ein leichtes Abendessen oder ein nicht mehr ganz so leichtes Nachtmahl. Die meist salzigen Produkte sind hervorragende Trinkbegleiter. Egal ob Bier, Wein oder Apfelschorle – ein paar Oliven, geröstete Nüsse, sauer eingelegter Fisch und feinster Schinken passen einfach immer dazu.  Die gesellige Komponente dieser Mahlzeit ist quasi die Kirsche auf dem Becher beziehungsweise die Silberzwiebel auf dem Salatbouquet.

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In Köln kommt der Halve Hahn der Vesperplatte am nächsten. So stimmen zwar die Komponenten einigermaßen, aber die Darreichungsform ist eine andere: zu viel Brot, zu wenig Geselligkeit. Die berühmte und beliebte Schnittchenplatte wäre noch vergleichbar, obwohl auch hier das Brot, die Unterlage, von den eigentlichen Hauptdarstellern abgelenkt.

Qualität vor Quantität gilt als goldene Regel

Sie können ihre Jause natürlich so gestalten, wie es ihnen schmeckt. Egal ob Essiggurke oder Cocktailtomate, ob Pfefferbeißer oder Manchegokäse – die Vesperplatte kennt nur eine wichtige, goldene Regel: Qualität vor Quantität. Unterstützen Sie den lokalen Metzger oder Käsehändler ihres Vertrauens und servieren Sie handwerklich hergestellte Produkte voller Geschmack. Das ist die wahre Kunst der Snackplatte.         

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