Sterne-Restaurant-Ableger in Porz„Piccolo“ kocht souverän gutbürgerliche Klassiker

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Piccolo Henn Goyert innen schräg

Die kleine Tant besticht mit Speisen und Wein, aber nicht so sehr durch das Interieur.

  • Im „Piccolo“ wird österreichisch, deutsch, saisonal gekocht.
  • Welche Plus- und welche Minuspunkte stellen sich in dem Restaurant am Rhein heraus?
  • Ein Besuch von Carsten Henn.

Köln – Da haben wir das stille Wasser. Hören Sie was?“ Der Kellner lächelt und ich denke: der Witz passt zu der verschnarchten Inneneinrichtung, dem gefliesten Boden, dem undifferenzierten Lichtkonzept – wie im Speisesaal einer Seniorenresidenz. Doch der gutgelaunte Südtiroler Kellner stellt sich mit seiner authentisch-herzlichen Art als einer der großen Pluspunkte des „Piccolo“ heraus – dem Zweitrestaurant des Sternetempels „Zur Tant“, der nebenan in einem größeren Raum untergebracht ist (die Gerichte stammen aus derselben Küche). Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich der Blick direkt auf den Rhein, wo die ganze Zeit große Pötte vorbeituckern. Ein Fensterplatz eine prima Wahl ist.

So unmodern wie das Interieur ist auch die vor allem österreichisch und deutsch orientierte, saisonale Küche. Doch wenn sie so seriös gekocht wird wie von Thomas Lösche, ist mir Modernität völlig schnuppe. Seine herrliche Bärlauchsuppe zum Beispiel bietet dem Wildgemüse eine hervorragende Bühne, es wird weder cremig übertrumpft noch vom Salz erschlagen. Auch Lösches kühl servierte Hühnerleberterrine zeigt souveränes Handwerk, die klassischen Begleiter warme Brioche und säurebetonte Apfelwürfel passen hervorragend. Angerichtet ist das alles unprätentiös, um nicht zu sagen: so schlicht es nur geht. Das Auge hat wenig zu genießen, der Gaumen dafür umso mehr.

Auch die Hauptgänge überzeugen auf voller Linie. Das Landhuhn ist von geradezu exemplarischer Qualität, mit krosser Haut und saftigem Fleisch zudem auf den Punkt gegart. Karotten, Kaiserschote und Couscous sind mit viel guter Butter zubereitet, Kokos und Curry halten sich allerdings so extrem zurück, dass sie selbst jemanden über 90 nicht verschrecken würden.

Auch der Steinbutt ist so perfekt gegart, wie man es viel zu selten erlebt. Serviert wird er auf Perlgraupen und Spargel, die ihn herrlich subtil begleiten. Alle Portionen sind groß und für den abgerufenen Preis fast ein Schnäppchen. Gäbe es diese Gänge in einem hippen Kölner Restaurant auf schickem Geschirr, würden sie abgefeiert.

Im Sternerestaurant nebenan gibt es die Bärlauchsuppe übrigens auch, dort wird sie aber mit Salzwiesenlamm und Spargel aufgepimpt. Das ist von den Produkten her teurer, auch komplexer, aber nicht unbedingt besser. Dort geht es mit einem 4-Gang-Menü für 75 € los, im „Piccolo“ kommt das 3er auf 37 €.

Erstaunlicherweise schwächelt Lösches Küche bei den Speisen, für die Österreich berühmt ist: den Desserts. Die Buchteln sind viel zu trocken, die Tonkabohnensauce entfaltet keine aromatische Wirkung, und das Joghurt-Orangen-Trifle wird von bitteren Akzenten beherrscht. Man kann sich das allerdings mit einem der Weine schön trinken, die Sommelier Mario Fitz klug ausgewählt hat.

Fazit: Souverän gekochte gutbürgerliche Klassiker inkl. Rheinblick in Porz-Langel

„Piccolo“,Rheinbergstraße 49, 51143  Köln-Porz, Tel. 02203-81883 Öffnungszeiten: Fr-Di 12-14 & 18-21 Uhr www.zurtant.de

Das hat Carsten Henn probiert:

Geflügelleberparfait / Apfelragout / Staudensellerie / Brioche 11,50 € Bärlauchsuppe 7,50 € Steinbutt / Bärlauchsauce / Spargel / Perlgraupen   20,50 € Weisers Landhuhn / Kokos-Curry / Karotte / Kaiserschoten / Couscous 19,50 € Joghurt Trifle / Orange 9,50 € Buchteln / Tonkabohnensauce / Zwetschgenkompott / Zwetschgensorbet 9,50 € 3-Gang-Menü nach Wahl 37 € (mit Käse 39 €)

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