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Geschmackstest im Burgrestaurant NideggenBodenständige Spitzenküche vom Sternekoch

Lesezeit 3 Minuten
Tobias Schlimbach (l.) und Herbst Brockel bringen drei kulinarische Konzepte auf die Burg.

Tobias Schlimbach (l.) und Herbst Brockel bringen drei kulinarische Konzepte auf die Burg.

Nideggen lohnt wegen seiner Altstadt, der romanischen Pfarrkirche und der imposanten Burg einen Ausflug – seit letztem Jahr aber auch aus kulinarischen Gründen. Herbert Brockel, der sich im Euskirchener „Husarenquartier“ einst einen Stern erkochte, und der junge Tobias Schlimbach wollen mit ihrem an der höchsten Stelle der Burg gelegenen Restaurant auch kulinarisch hoch hinaus.

Die Fahrt auf Europas besterhaltene Höhenburg ist zum Ende hin allerdings ganz schön knifflig, die Durchfahrt eng, Millimeterarbeit gefragt. Oben erwartet einen jedoch eine atemberaubende Aussicht.

„Kaiserblick“ und Streetfood-Bude „Oskars“

Mit dem „Kaiserblick“, der regionale gutbürgerliche Küche bietet, und der Streetfood-Bude „Oskars“ mit Brockels berühmter Currywurst, gehören zwei weitere Gastrokonzepte zum Burgrestaurant.

Im Fine Dining „Brockel / Schlimbach“ kann nur nach Reservierung gespeist werden. Es bietet gerade einmal vier Tische im schönen, holzvertäfelten Raum – einer davon steht am Fenster und ist klar die erste Wahl. Wirtschaftlich ist der kleine Gourmettempel für die Köche irrelevant, sie wollen hier einfach zeigen, was sie draufhaben.

Das Essen

Das fängt schon bei den Grüßen aus der Küche an. Karotten-Esspapier und getrockneter Wirsing, aber auch Miniatur-Flönz weisen den Weg zu innovativer Regionalküche. Sehr klassisch gerät die kross angebratene Entenleber – viel Sauce darf dabei nicht fehlen. Mutig ist es, Zunge vom Rind so in Scheiben zu servieren, dass die Herkunft des Fleischstücks nicht vollends verschleiert wird.

Bodenständige Spitzenküche

Der wahre Star des Tellers sind aber die frittierten Steckrüben. Eine Renaissance dieses tollen Gemüses ist längst überfällig. Zum Dreierlei von der Eifler Taube gibt es (bewusst!) verkohlten Lauch, der mit starken Röstnoten für herzhafte Balance sorgt.

Die Calamaretti mit Spinat, Paprika und Zitrone wirken in dieser bodenständigen Spitzenküche ebenso unpassend wie geschmacklich belanglos. Auch das Dessert, bei dem Tonkabohnen und Pistazien-Sponge den Pfirsich begleiten, würde durch mehr kulinarische Heimatliebe noch an Persönlichkeit gewinnen.

Kein Chihi auf dem Teller

Angerichtet wird gerne auf Stein, Holz und Metall. Auf den Tellern herrscht klare Ordnung, Chichi ist nicht angesagt. Das ist Spitzenküche mit Cojones (nicht auszuschließen, dass die hier auch mal auf die Karte kommen). Die Weinauswahl ist für ein Restaurant dieser Klasse klein und rein deutsch, der Service fast familiär, Bulldogge Oskar ein Schmuser vor dem Herrn, und bei gutem Wetter sollte man draußen im Burghof tafeln. Das Koch-Duo will zur guten Stube des Kreises Düren werden, der Anfang dafür ist souverän gelungen.

Kirchgasse 10, 52385 Nideggen, ☎ 02427/ 9091066

www.burgrestaurant-nideggen.de

>Mehr Restaurantkritiken finden Sie hier

Carsten Henns Auswahl

Entenleber / Pfifferlinge / Kohlrabi / Brunnenkresse

Zunge vom Rind / Spargel / Steckrübe / Kräuter

Calamaretti / Spinat / Paprika / Zitrone

Taube aus Eifeler Zucht / verkohlter Lauch / Cerealien / Kartoffelblini

Pfirsich / Pistazie / Tonkabohne

Die Menü-Preise starten bei 68 Euro für drei Gänge und reichen bis 105 Euro für sechs Gänge.

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