Regio-Trend? Nicht hier!Restaurantkritiker Carsten Henn zum neuen „Astrein“ in Köln

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Das „Astrein“ ist ein junges Traditionshaus der kulinarischen Klassik. 

  • Handwerklich ist Eric Werner einer der begabtesten Köche der jungen Garde in Köln.
  • Regio-Trend? Nicht hier. Er setzt auf klassische, aufwendige Zubereitungsarten und globalisierte Spitzenküche.
  • Was schmeckt? Lohnt sich ein Besuch? Carsten Henn war dort.

Viele Gäste im „Astrein“ dürften überrascht sein, wenn sie hören, dass Krause Glucke mitnichten ein Huhn, sondern ein gelber Pilz ist, der optisch an einen Badeschwamm erinnert. Tatsächlich eine seltene Köstlichkeit, die Eric Werner mit einer Creme von Piemonteser Haselnüssen kombiniert.

Das Gericht macht Spaß, auch wenn ihm auf die Dauer etwas die Puste ausgeht. Ein Prozess, der sich im vegetarischen Menü mehrmals wiederholt. Das ist schade, denn es ist absolut lobenswert, dass der sympathische Werner sich der schwierigen Aufgabe stellt, Feinschmecker auch ohne Fisch und Fleisch zu begeistern.

Produkte auf der Welt zusammensuchen

Handwerklich ist er einer der begabtesten Köche der jungen Garde in Köln, in der Essener „Résidence“ erkochte er zuvor bereits zwei Michelin-Sterne, im „Himmel un Äd“ im Hotel im Wasserturm einen. Hier wie dort war Werner ein junger Konservativer, der klassische, aufwendige Zubereitungsarten hochhielt.

Das große Dschungelbild an der Wand ist mit Abstand das Modernste in diesem seit kurzem eröffneten Traditionshaus. Regio-Trend? Nicht hier: Werners Küche ist eine globalisierte Spitzenküche, die sich ihre Produkte überall auf der Welt zusammensucht.

Wohlgeschmack wichtiger als Experimente

Eine Feier der Edelzutaten, so wie bei der Gillardeau Auster No. 0 – hier steht die niedrigste Zahl für die höchste Größe. Werner serviert sie roh und geliert, flankiert von Passepierre, roten Algen – und Imperial Kaviar. Ein kulinarisches Jod-Hochhaus, klug zusammengehalten von einer Meerrettich-Kartoffelcreme.

Beim Zweierlei vom Münsteraner Weiderind sind Rücken und geschmorter Bug souverän gegart, ein Involtini von Chicorée und Pistazie und Purple-Curry-Soße begleiten teamdienlich. Werners Küche zielt stets auf Wohlgeschmack und Harmonie, Kontraste und Experimente sind nicht sein Ding. Das gilt auch für die Desserts, die hier von erstaunlicher Klasse sind. Zum in Orangenblüten-Sirup getränkten Savarin gibt es Dickmilch-Mousse mit Zitronenthymian und marmoriertes Himbeer-Sauerrahm-Eis – ein herrliches Ganzes.

Nicht mit „Le Moissonnier“ nebenan zu vergleichen

Mittags wird ein günstiges, dreigängiges Menü angeboten, das zwar ambitioniert ist, aber natürlich nicht auf dem Niveau der beiden regulären Menüs. Doch es stellt den idealen Einstieg in Werners Küchenkosmos dar, denn auch hier kocht er aufwendig: Lachs und Heilbutt saftig als Strudel, oder ein mit cremigem Eigelb gefüllter, gebackener Raviolo auf Karottensalat.

Serviert wird all dies vom Team um den wunderbaren Thomas Minderop, unter anderem bekannt aus dem leider geschlossenen „Aura“. Seine Weinkarte ist schön, aber noch ausbaufähig. Dass Werners Restaurant nur wenige Meter von Kölns Platzhirsch „Le Moissonnier“ entfernt liegt, mag man mutig finden, andererseits ist Werners Küche nicht mit der komplett eigenständigen von Großmeister Eric Menchon zu vergleichen.

Astrein, Krefelder Straße 37, 50670 Köln, Tel. 0221/ 95623990 Öffnungszeiten: Di-Sa 12-14.30 Uhr und 18-21.30 Uhr

www.astrein-restaurant.com

Henns Auswahl

- Gebratene Krause Glucke mit Creme von Piemonteser Haselnuss // 29 Euro

- Zweierlei von der Gillardeau Auster No. 0 // 32 Euro

- Zweierlei vom Münsteraner Weiderind // 39 Euro

- Savarin in Orangenblüten Sirup // 12 Euro

- Menüs: Drei Gänge //29 Euro (nur mittags), 5- bis 7-Gang // 89 bis 109 Euro

Fazit: Klassische Hochküche mit Edelzutaten von einem echten Könner (Fünf von sechs Sternen)

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