„Schokolade ist Gottes Entschuldigung für Brokkoli“ steht wahrheitsgemäß auf einem Schild in der ehemaligen Hürther Gyrosbude, die nun zum „Rock’n’Roll Soul“ umfunktioniert wurde.
„Wir rocken Ihre Geschmacksnerven und tun Ihrer Seele etwas gut“ lautet das Motto in dem radiobeschallten, kleinen Gastraum, der gut 15 Personen Platz bietet – und einem Hund. Mischling Emil, ein Straßenhund aus Griechenland, liegt gelassen neben der Tür. Das „Rock’n’Roll Soul“ will Bistro, Café, Patisserie, Kochschule und Catering sein, Frühstück gibt es hier auch, von morgens an ist durchweg auf, doch nur an zwei Tagen der Woche so lang, dass man Abendessen kann.
Schnitzeltraum
Trotz seiner Größe mit rund 60.000 Einwohnern ist Hürth kulinarische Diaspora. Mit Mathias Maucher hat es nun einen Koch hierher verschlagen, der sich einst im „Himmel un Äd“ des Hotels im Wasserturm einen Michelin-Stern erkochte. Nun gibt es Currywurst, Flammkuchen oder Tafelspitz. Das ist kein kulinarischer Abstieg, sondern die Erfüllung eines Traums von ihm und seiner Lebensgefährtin Tatjana Voigt im Service. Ihr sind auch die klug ausgewählten und sehr fair kalkulierten offenen Weine zu verdanken (etwa der knackige Riesling von Fritz Haag für 5,40 Euro/ 0,2l).
Auch beim netten Service ist zu spüren, dass es sich hier um eine Herzensangelegenheit handelt. Das Essen ist klassisch deutsch, ja sogar so traditionell, dass beim Zigeunerschnitzel auf die Panade, die das Original-Rezept nicht vorsieht, verzichtet wird. Stattdessen: Zubereitung mit Kalbszunge und Schinken. Die Sauce gelingt balanciert mit schöner Tomaten-Paprika-Note, das Schnitzel ist nur einen Hauch zu durch, die Bratkartoffeln knusprig – nur leider gibt es von all dem Guten zu wenig.
Manche Gerichte können knapp werden...
Dieser Kritikpunkt blieb bei allen Testbesuchen: So richtig satt wurde man von einem Tellergericht hier kaum. Auch nicht bei der klasse Königin-Pastete, bei der Hähnchenfleisch, Erbsen und Pilze mit ihrem Eigengeschmack punkten. Sehr gelungen auch das Geschnetzelte vom Schweinefilet „Zürcher Art“ mit Rösti und Blumenkohl, wobei der Gang wärmer hätte sein dürfen (wie einige andere auch). Eine Freude die wunderbar süßsaure Rinderroulade mit Rahmwirsing, dem der Koch noch eine Spur Knackigkeit bewahrt hat.
Als kleine Vorwarnung: Bei einem Besuch bekam ich die letzte Rinderroulade des Tages, auch der Milchreis war bereits aus, als Trostpflaster gab es ein sehr überzeugendes Schokomousse. Unbedingt probieren: die Nussecken nach Rezept von Tante Anneliese – herrlich fruchtig, wunderbar nussig, Hüftgold in seiner besten Form!
Fazit: Richtig lecker gekochte deutsche Klassiker vom ehemaligen Sternekoch zu fairen Preisen.
Weierstraße 36, 50354 Hürth, 02233/6259990,
Öffnungszeiten: Mo-Mi 9.30 - 19.30 Uhr, Do-Fr 9.30 - 21 Uhr,
www.rocknroll-soul.de
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Das haben wir gegessen
Echtes Zigeunerschnitzel vom Jung-schweinerücken mit Kalbszunge, Schinken & Bratkartoffeln // 9,80 Euro
Königin-Pastete gefüllt mit Hähnchenfleisch, Erbsen & Pilzen // 9,20 Euro
Geschnetzeltes vom Schweinefilet Zürcher Art mit Rösti und Blumenkohl // 9,80 Euro
Rinderroulade mit Rahmwirsing & Kartofffelpüree // 10,90 Euro
Drei Apfelküchele mit Zimt & Zucker an Vanillesauce // 4,50 Euro
