Abo

Restaurant in KölnIm „Amabile“ stimmt die Atmosphäre

Lesezeit 3 Minuten
Das „Amabile“ versprüht Wohnzimmercharme.

Das „Amabile“ versprüht Wohnzimmercharme.

Manchmal erschrecke ich mich während eines Restaurantbesuchs – aber eigentlich nie vorher. Das „Amabile“ ist da die große Ausnahme. Ich stehe mit meiner Begleitung im Eingang, sie hat den schweren Windvorhang in der Hand, um ihn zur Seite zu ziehen, als von drinnen ein schallendes „Guten Abend!“ ertönt. Eine lachende Kellnerin erscheint. „Was hättet ihr euch erst erschreckt, wenn ich ein Clownskostüm anhätte?“ Dann würden jetzt zwei Gäste mit Herzinfarkt vor dem Restaurant liegen...

Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Das konsequent duzende Serviceteam um Restaurantleiter Vladimir Blanusa ist richtig nett – passend zum italienischen Namen „Amabile“, der „liebenswert, lieblich“ bedeutet. Charmant, dass das Drei-Gang-Menü rheinisch-augenzwinkernd „Liebelein“ heißt, das Vierer trägt den Namen des Restaurants.

Fluffige Gnocchi, trockener Coq au Vin

Gänge können auch einzeln bestellt werden. Meine Ricotta-Gnocchi sind wundervoll fluffig, die Begleitung aus Kürbis, Ahorn-Salbeibutter und Bourbon kommt herb-herzhaft daher, fein dagegen die Muskat-Kürbisschnitte mit Zucchinitatar, confierten Karotten und Kürbiskernpesto. Allerdings folgte das Menü qualitativ der Linie einer rapide sinkenden Kurve. Küchenchef Sylvain Boudry hat französische Wurzeln, der stolze Klassiker Coq au Vin misslingt dennoch. Das Fleisch ist trocken, von einer starken geschmacklichen Prägung durch Wein kann weder bei diesem noch der Sauce die Rede sein. Da ist die gute Größe der Portion auch kein Grund zur Freude. Die erste Gabel des Zanderfilets befördert eine zinkenlange Gräte in meinen Mund. Der Fisch ist zu weich und wird aromatisch erschlagen von der Senfsaat-Zitronenbutter, die großen Topinamburstücke dazu sind viel zu bissfest.

Auch die Desserts sind nicht die Rettung. Der warme Ofenschlupfer hat nur eine dumpfe Aromatik und ist zu trocken, das Vanilleeis dazu bemerkenswert unvanillig. Einfach ein paar Mikado-Sticks von DeBeukelaer in ein Frischkäsetörtchen zu stecken, zu dem sie geschmacklich nicht passen, und das Ganze dann Mikado-Frischkäsetörtchen zu nennen, ist frech. Den Feigen dazu mangelt es an Reife, das Salzkaramell bleibt wirkungslos.

Ausgelassen und laut

Catherine Deneuve blickt bei all dem zeitlos-elegant von der Wand, die Stimmung im Restaurant, dessen zwei Räume Wohnzimmeratmosphäre verbreiten, ist ausgelassen. Dadurch ist es aber auch so laut, dass man kaum sein eigenes Wort versteht.

Die Weinauswahl ist klein und wie das Essen etwas höher kalkuliert. Der Service empfiehlt Sauvignon Blanc oder Weißburgunder zu einem Gang – dabei passt von den so gegensätzlichen Rebsorten nur eine.

Görresstraße 2, 50674 Köln, ☎ 0221/219101, Di bis So ab 18 Uhr

www.restaurant-amabile.com

Henns Auswahl

Muskat-Kürbisschnitte, Zucchinitatar, Kürbiskernpesto // 13 Euro

Ricotta-Gnocchi // 13 Euro

Coq au Vin, Champignons, Perlzwiebeln, Speckkrapfen // 24 Euro

Gewürztes Zanderfilet, Toinamburpüree, Senfsaat-Zitronenbutter // 25 Euro

Apfel-Birnen-Ofenschlupfer // 9,50 Euro

Mikado-Frischkäsetörtchen, Salzkaramell, Feigen // 10 Euro

Drei-/Vier-Gang Menü // 44 / 55 Euro

Das könnte Sie auch interessieren:

KStA abonnieren