Restaurant in KölnIm „Lütticher“ überbietet das Ambiente die Küchenleistung

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Die Straße ist Namensgeber für das Restaurant mit dem lauschigen Garten. 

Die Straße ist Namensgeber für das Restaurant mit dem lauschigen Garten. 

Manche Restaurants sind wie Inseln im grauen Stadteinerlei, man braucht dort keine Virtual-Reality-Brille, um sich in einer grüneren Welt zu fühlen. Das „Lütticher“ im Belgischen Viertel schafft diesen Trick mit seinen paar Plätzen im Grünen unter einem Baum mit Lichtgirlande, flackerndem Kerzenlicht, einem Stoffkörbchen für den braven Hund am Nachbartisch – es ist wie Kurzurlaub.

Diese Insel gibt es sogar an jedem Abend der Woche, und bei kühlem Wetter sitzt man auch drinnen sehr schön, erhellt von Dutzenden kleinen Lampenschirmen an den Wänden. Der Service ist nett, und dass er sich nicht zwischen Duzen und Siezen entscheiden kann, wirkt charmant. Die B-Note ist hier also schon einmal richtig gut. Doch die A-Note ist und bleibt das Essen.

Alles im grünen Bereich bei den Vorspeisen

Das Lütticher  

Das Lütticher  

Da die meisten Vorspeisen um die 16 Euro liegen, und die Hauptgänge ab knapp 20 Euro losgehen, erscheint das 3-Gang-Menü für 39,90 Euro, welches man sich komplett selbst zusammenstellen kann, als kluge Wahl. Es fängt gleich gut an mit dem „Lütticher Salat“, eine große Portion, lauwarmes Dressing mit sehr viel Öl, und neben grünem Salat auch Karotten und Pinienkerne. Passt. Auch das Vitello Tonnato geht völlig in Ordnung. Da gebratene Gambas aus sind, gibt es stattdessen Grünschal-Muscheln. Sie sind mit viel Hitze zubereitet und dementsprechend fest, kann man aber als rustikal gelten lassen. Es mangelt ein bisschen an Säure, mehr Kapern würden helfen. Aber alles im grünen Bereich.

Schwarze Haut beim Huhn

Das ändert sich mit den Hauptgängen. Selten habe ich einen so belanglosen Zander gegessen, geschmacklich nichtssagend, beim Nektarinen-Spitzkohl ist die Frucht nicht spürbar, das dazu gereichte Rote-Linsen-Püree ist trocken und überwürzt. Die Perlhuhnbrust war viel zu heiß gegart, so dass die Haut nicht kross sondern fast schwarz geriet, das Waldpilzrisotto war zu weich, die Thymian-Cranberries ohne Effekt.

Dessert und Wein

„Kämpfen sie noch oder sind sie fertig?“, fragt der Kellner. „Wir haben gekämpft“, antworte ich. Er lächelt. Man fragt sich als Gast, ob der Koch nach der Vorspeise gewechselt hat. Falls ja, kam er zum Dessert leider nicht zurück. Die Eisqualität ist sehr schwach, der Apfelstrudel zu trocken und fettig, die Füllung hat keine Frische-Aspekte, das Schoko-Törtchen im Glas ist auf Dr.-Oetker-Niveau. Lieber sollte man zum Käseteller mit rotem Feigensenf und Zimmermann Schwarzbrot greifen.

Die Weinkarte ist für ein Restaurant dieser Klasse in Ordnung, allerdings nicht unbedingt günstig kalkuliert. Glasweise macht man mit einem Grauburgunder von Bettenheimer oder einem Merlot von Daumas Gassac (beide 6,90 Euro für 0,2l) nichts falsch.

Lütticher Str. 12, 50674 Köln, ☎ 0221/52 54 53, Täglich ab 18 Uhr, www.luetticher12.de

Henns Auswahl

Vitello Tonnato mit gebratenen Gambas // 16,90 Euro

Lauwarmer Lütticher Salat // 11,90 Euro

Perlhuhnbrust auf Waldpilzrisotto und Thymian-Cranberries // 19,50 Euro

Zander auf Nektarinen-Spitzkohl und Rote-Linsen-Püree // 22,50 Euro

Apfelstrudel mit Vanille-Eis // 7,90 Euro

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