Imkern, Anzüge, Lego3 Menschen erzählen, wie sie zu ihren Hobbys gekommen sind

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Meike Röhrig imkert in ihrem Vorgarten in der Stadt.

Köln – Haben Sie ein Steckenpferd? Vielleicht im übertragenen Sinne? Denn gemeint ist mit dem Wort laut Duden auch „die als liebenswürdige Schrulle belächelte Liebhaberei, der jemand seine freie Zeit widmet“. Sie haben keins? Dann wäre jetzt der Zeitpunkt, sich eines zu suchen. „Hobbys erfahren durch Corona eine Renaissance“, so Zukunftswissenschaftler Ulrich Reinhardt. Das beliebteste Hobby der Deutschen ist übrigens Shoppen, bei den Sportarten ist es das Fitnessstudio. Sollten wir uns da nicht schnell ein paar schönere Schrullen zulegen?

Anregungen bekommen Sie vielleicht von diesen drei Hobbyisten, die wir im Folgenden vorstellen:

4711-Haus aus 4000 Einzelteilen

Schon als Kind hat Andreas Overberg gerne mit Legosteinen gebaut– 2007 gründete er den ersten Lego-Verein Deutschlands

Das 4711-Haus in der Kölner Glockengasse ist mein aktuelles Projekt. Das Modell besteht aus etwa 4000 Einzelteilen, aber so genau kann ich das gar nicht sagen. Ich baue lieber, statt Steine zu zählen. Lego-Fan bin ich seit bald 30 Jahren. Anfangs lagerten meine ganzen Bestände in Regalen im Keller. Inzwischen habe ich dafür ein eigenes Zimmer, in dem ich auch bauen kann. Ich habe schon als Kind sehr gern mit Lego gespielt. Meine Geschwister und ich hatten eine große Kiste mit Steinen, aus denen wir mal eine Ritterburg, mal ein Piratenschiff, mal ein Haus bauten.

Als ich älter wurde, hat mich das nicht mehr so interessiert. Wiederentdeckt habe ich Lego durch meine beiden inzwischen erwachsenen Kinder. Genau wie ich früher hatten sie eine Sammlung von Lego-Steinen, aus denen wir gemeinsam etwas bauten. Irgendwann kaufte ich mir ein erstes eigenes „Lego-Technic“-Set, ein zweites und ein drittes. So fing das an. Dann kam das Internet, und ich fand in Foren wie „1000steine.de“ Gleichgesinnte, mit denen ich mich austauschen konnte. Wir haben uns regelmäßig einmal im Jahr in Frechen getroffen und schließlich im September 2007 den ersten Lego-Verein Deutschlands gegründet, den „Lego Modellbaufans Rheinland e.V.“. Eines unserer größten Projekte war 2013 der Nachbau der Kölner Altstadt vom Dom bis zu Groß St. Martin, an dem auch ich beteiligt war. Von mir stammten die Gebäude am Frankenturm.

Ich finde es faszinierend, dass man nahezu alles mit Lego nachbauen kann: Landschaften, Gebäude, ganze Städte. Man lernt sehr viel dabei, und es ist toll, wenn die Leute mit großen Augen durch unsere Ausstellungen gehen und die fertigen Modelle bestaunen. Das Ganze setzt viel Planung voraus, und oft führen mehrere Wege zum Ziel. Man muss überlegen: Wie baue ich das Objekt möglichst originalgetreu nach? Wo bekomme ich die entsprechenden Steine, die Türen, die Fenster her? Die Modelle sollten so realistisch wie möglich sein. Bis hin zum Efeu an der Mauer einer Altstadtkneipe. Mitunter ist das gar nicht so einfach, wenn Lego ein bestimmtes Element, zum Beispiel das Seil für den Sessellift einer Seilbahn, nicht anbietet. Dann muss man improvisieren.

Ich selber konzentriere mich auf das Thema „Lego Friends“, was für einen Mann eher ungewöhnlich ist. Die Steine sind Lila, und da meine Frau diese Farbe mag, hoffte ich, sie auf diese Weise etwas mehr für mein Hobby begeistern zu können. Ich sammle die Sets und baue sie zu Landschaften zusammen, aber ich entwerfe auch eigene Modelle wie das 4711-Haus. Zurzeit habe ich 20 Quadratmeter in der Lego-Fan-Ausstellung „Die Welt aus bunten Steinen 2.0“ im Maxipark in Hamm stehen. Allein die 360 Grundplatten, die ich dafür brauche. kosten 2000 Euro. Lego ist kein preiswertes Hobby, aber ich habe ein klares Budget, mit dem ich auskommen muss.

Inzwischen gibt es in ganz Deutschland Lego-Vereine, und man könnte, wenn die Pandemie nicht wäre, jedes Wochenende eine andere Ausstellung besuchen. Das geht leider nicht. Auch unser monatlicher Stammtisch findet derzeit nicht statt, unser jährliches Frankreichtreffen musste 2020 ebenfalls ausfallen. Ob es in diesem Jahr möglich sein wird, steht noch in den Sternen. Dafür hat man jetzt mehr Zeit zum Aufräumen, zum Planen und Bauen. 

Herrin über 100 000 Bienen

Durch die Imkerei spielen für Meike Röhrig Nachhaltigkeit, Naturschutz und Artenvielfalt eine größerer Rolle

Anfangs hatte ich gehörigen Respekt vor den Bienen. Vor diesem Summen und Brummen, wenn man sich dem Bienenstock nähert. Inzwischen geht das schon sehr gut. Ich habe gelernt, meiner Schutzkleidung zu vertrauen, und ich spüre, wie die Bienen auf meine Anwesenheit reagieren. Ob es ihnen gut geht oder ob sie vielleicht nicht so gut drauf sind, weil ein Wetterwechsel ansteht.

Ich habe vor zwei Jahren, nach meinem Umzug von Hamburg nach Köln, angefangen zu imkern. Mein Arbeitgeber bot ein entsprechendes Projekt an, und ich bewarb mich dafür. Angeleitet wurden wir von einem Imkerpaten, der uns alles Notwendige beibrachte: Wie nähert man sich einem Volk? Wie überprüft man, ob die Königin genügend Eier legt? Ist der Schwarm bereits so groß, dass er sich in absehbarer Zeit teilen wird? Gibt es Drohnen im Stock und wenn ja, wie viele? Leiden die Bienen unter Milbenbefall? Außerdem lernt man eine Menge über die Physiologie der Tiere, über ihre Lebensbedingungen und die unterschiedlichen Arten.

Mittlerweile besitze ich zwei eigene Völker mit insgesamt 80 000 bis 100 000 Bienen und betreue weiterhin die beiden Völker aus unserem Projekt. Momentan ist relativ wenig zu tun. Die Bienen sind in der Winterruhe. Das heißt, sie sitzen in einer großen Traube, der Wintertraube, im Stock, und ich muss lediglich überprüfen, ob bzw. wie stark das Volk von der Varrona-Milbe befallen ist. Falls ja, muss ich entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Der Winter ist somit auch eine gute Zeit, um sich auf die neue Saison vorzubereiten.

Im Sommer sieht das schon anders aus. Sobald die Temperaturen zehn bis zwölf Grad übersteigen, sind die Bienen immer aktiv, und man sollte alle sieben bis zehn Tage nachschauen, ob bei ihnen alles in Ordnung ist, und die erforderlichen imkerlichen Tätigkeiten durchführen. Zweimal im Jahr, nach der Frühlings- und der Sommerblüte, kann der Honig geerntet werden. Eigentlich muss der Imker dafür „nur noch“ die bis zu 20 Kilo schweren Honigräume entnehmen, denn die Bienen machen den Honig im Stock bereits fertig. Wichtig ist jedoch, den richtigen Zeitpunkt zur Entnahme abzupassen. Anschließend muss man überlegen, wie man den Honig aus den Waben herausbekommt, also welche Schleuder man einsetzt, und was man mit dem Wachs macht.

Durch den Umgang mit den Bienen habe ich ein anderes Naturbewusstsein bekommen. Man setzt sich zwangsläufig mit sehr vielen Themen auseinander, die die Natur betreffen: mit Nachhaltigkeit, Naturschutz und Artenvielfalt. Sogar mein Konsumverhalten hat sich in den letzten zwei Jahren verändert. Ich esse nicht nur mehr Honig als früher. Ich achte auch darauf, dass ich Honig aus lokaler Produktion kaufe.

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Imkern ist ein superspannendes und sehr bereicherndes Hobby, aber es gehört eine große Verantwortung dazu. Man sollte sich vor dem Start auf jeden Fall mit dem örtlichen Imkerverein in Verbindung setzen oder einen entsprechenden Kurs belegen. Honigbienen brauchen eine dauerhafte Betreuung, sonst können sie nicht überleben, und man hat dementsprechend viel zu lernen, ehe und während man sich mit einem Volk selbstständig macht. Einer der ersten Sätze unseres Imkerpaten lautete: „Überlegt nicht, was die Bienen für Euch tun können, sondern was Ihr für sie tun könnt, damit sie ein besseres und leichteres Leben haben.“ 

„Wenn schon Anzug, dann richtig“

Die Kleidung der 1910er und 1920er Jahre fasziniert Niklas Hoppe – In seinem Blog redet er über ihren historischen Hintergrund

Mein Hobby zu definieren ist gar nicht so einfach. Ich interessiere mich für klassische Herrenmode, speziell für Vintage-Mode aus den 1910er und 1920er Jahren. Entsprechend kleide ich mich im Alltag. Das ist mein Lifestyle. Das bin ich.

Zu Hause in meinem Arbeitszimmer stehen zwei Nähmaschinen, auf denen ich mir Hosen und Westen im Vintage-Stil nähe. Die eine ist mehr als 100 Jahre alt, die andere stammt aus den 1940er Jahren, aber beide laufen noch hervorragend. Außerdem versuche ich, anderen Menschen über soziale Medien den historischen Hintergrund dieser Kleidung nahezubringen und ihnen zu zeigen, wie man sie selber herstellen kann und wie man sie trägt.

Das Ganze fing an, als ich 15 Jahre alt war. Ich war ein großer „Herr der Ringe“-Fan und begeisterte mich für Live-Rollenspielen. Dabei verkörpert man eine bestimmte Person, zum Beispiel einen Ritter oder Knappen, wenn es ein Mittelalterspiel ist. Das Problem war, dass es zu der Zeit nur wenige Geschäfte gab, in denen man entsprechende Kostüme kaufen konnte. Die meisten Sachen waren für mich als Schüler ohnehin unerschwinglich. Also habe ich mich eines Tages an die Nähmaschine meiner Mutter gesetzt und meine erste mittelalterliche Tunika genäht. Später kam eine selbstgebastelte Ritterrüstung dazu, die ich – wenn auch selten – noch heute trage.

Für klassische Herrenmode interessiere ich mich seit meinem Informatikstudium in Aachen. Was auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammenpasst, denn bei Informatikern hat Kleidung normalerweise keine Priorität. Doch ich war damals Mitglied einer Studentenverbindung. Bei offiziellen Anlässen mussten wir Anzug tragen, und ich dachte, okay, wenn schon Anzug, dann aber richtig. Also begann ich mich mit klassischer Herrenmode zu beschäftigen und stellte bald fest, dass der Stil der 1910er und 1920er Jahre gut zu meinem relativ schlanken Körpertyp passt. Hinzu kam, dass unser Verbindungshaus aus den 1920er Jahren stammte, was eine zusätzliche Inspiration war.

Vor viereinhalb Jahren starb mein Vater, und ich erbte seine digitale Spiegelreflexkamera. Zunächst wusste ich nicht, was ich damit anfangen sollte. Was gab es schon groß zu fotografieren? Schließlich begann ich, meine Vintage-Kleidung und die ganzen Accessoires aufzunehmen: die Kragen und Nadeln, die Taschenuhren, die Taschenuhrketten. Diese Fotos stellte ich auf Facebook, und bald kamen die ersten Anfragen von Freunden und Bekannten: Wo man diese Sachen herbekommt, wie man sie trägt, ob man sie selber nähen kann? Das Ganze verselbständigte sich, und inzwischen ist daraus ein richtiger Blog geworden.

Außerdem stelle ich unter dem Pseudonym „Vintagebursche“ Fotos auf Instagram und lade auf YouTube Videos hoch, in denen ich über Stilfragen rede oder etwas über den historischen Hintergrund der Kleidung erzähle. Im vergangenen Jahr ist ein Nähbuch für Vintage-Herrenmode der 1920er Jahre dazugekommen, das ich gemeinsam mit einem Freund geschrieben habe. Unser Timing war perfekt, denn gerade jetzt, 100 Jahre später, interessieren sich viele Menschen für die 1920er Jahre.

Wohlgemerkt: Es geht mir bei all dem um Stil, um Einrichtung. Ich identifiziere mich nicht mit den gesellschaftlichen Normen dieser Zeit. Mit denen kann ich nicht viel anfangen. Ich bin froh, im Hier und Jetzt zu leben. 

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