Interview mit LaBrassBanda„Leute, schaut euch die Welt an“

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Stefan Dettl (39) ist der Kopf von LaBrassBanda.

Stefan Dettl (39) ist der Kopf von LaBrassBanda.

Stefan, LaBrassBanda steht für ausgelassene und mitreißende Livekonzerte. Macht es dich nicht ganz verrückt, seit Monaten nicht auf die Bühne zu dürfen?

Ich nehme das hin. Jedes Konzert ist ein Geschenk. Bis wir wieder raus dürfen, üben wir halt die Lieder oder schreiben neue. Ich fühle mich bei unseren Politikern in Deutschland sehr gut aufgehoben. Wenn sie sagen „Jetzt könnt ihr wieder Konzerte spielen“, dann werde ich mich freuen. Aber es dauert eben so lange, wie es dauert.

„Danzn“ ist ein passender Name für das neue Album. Was macht ein gutes Tanzlied aus?

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Der Beat. Wir haben die Tanzmusik aus Bayern in den letzten zehn, zwölf Jahren in die Welt hinausgetragen, und wir haben genauso überall auf der Welt Ideen eingesammelt und aufgegriffen, die wir in unsere Lieder mit hineinnehmen und mit unserem Lebensgefühl vermischen. Ich finde es immer noch cool, dass wir nicht so klingen wie die ganzen anderen Bands im Radio.

„Türkisch“ zum Beispiel ist von Balkan-Beats inspiriert.

Ja. Ich mag das Land sehr. Ich möchte die Türkei gern noch viel besser kennenlernen, aber nicht als Tourist, sondern so richtig mit der ganzen Kultur und Religion. Ich habe viele türkische Freunde, und es interessiert mich, was sich da noch entdecken lässt. Überhaupt, diese ganze Ecke hat es mir angetan. Als ich anfing, Blechbläserkonzerte zu spielen, meinten einige „Hey, du musst aus Bosnien sein.“ Ich finde es richtig schön, Vorurteile abzubauen und auch selbst durchs Musikmachen seine Vorurteile zu verlieren.

Hattest du früher Vorurteile?

Ich bin als eher konservativer, etwas zurückhaltender Typ aufgewachsen. In der Schule war ich ziemlich ängstlich. Durch meine Erlebnisse und Abenteuer als Musiker und durch die vielen Begegnungen mit Menschen aus allen erdenklichen Kulturkreisen habe ich eine ganz andere Weltoffenheit gekriegt. Ich denke, viele Leute, die Ängste haben oder gar Ängste schüren, die hatten einfach noch nicht die Möglichkeit, sich mit Menschen aus anderen Kulturen auszutauschen. Deshalb ist mir sehr wichtig zu sagen: Leute, schaut euch die Welt an, erweitert euren Horizont. Aufgeschlossenheit und Neugier sind die besten Mittel gegen Engstirnigkeit.

Ihr habt auf der ganzen Welt gespielt. Wie wichtig ist den Zuhörern im Ausland eure bayrische Herkunft?

Außerhalb von Bayern interessiert es tatsächlich keinen Menschen, wo wir herkommen und warum wir in Lederhosen spielten. Ich finde es schön, sich nicht erklären zu müssen, sondern so zu sein, wie man möchte. Amerikanische Country-Musiker werden ja auch nicht gefragt, warum sie Cowboyhüte aufhaben. Vor einiger Zeit spielten wir auf einem Festival in Australien, dort haben die Leute natürlich auch nichts von unseren Texten verstanden, und einer hat dann gefragt, aus welcher Region Australiens wir denn eigentlich kämen, der Dialekt sei voll krass. Ich will damit sagen: Sprache ist nebensächlich. Das Miteinander beim Konzert und beim Musikhören ist das Entscheidende.

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Die Songtexte auf „Danzn“ sind vielfach in der Heimat und insbesondere in der Natur angesiedelt. In „Bach“ sitzt du auf einer Wiese und bestaunst die Blumen, insgesamt ist die Grundstimmung der Lieder eine eher beschauliche. Woran liegt das?

Beruflich genieße ich andere Länder und Kulturen, aber privat verreise ich gar nicht. Ich lebe auf einem alten Hof fern der Großstadt, zusammen mit sechs Schafen und Kater Beppo.Jedes Mal, wenn ich wieder heimkomme, sehe ich die Heimat in einem anderen Licht und schätze sie umso mehr. Ich möchte sowieso mit der Natur noch mehr im Einklang leben, und manche Sachen, die unsinnig sind und ihr schaden, einfach nicht mehr. Ich will der Natur die Führung überlassen und als Mensch ein Teil von ihr sein.

Das etwas vom Hip-Hop inspirierte „Bach“ klingt, als hättet ihr eure Mikros einfach in die Landschaft gehalten?

Das haben wir auch. Die Geräusche sind zum Teil synthetisch und zum Teil echt. Wir haben einen Specht aufgenommen, Grillen und natürlich einen Bach als solchen. Sogar Landmaschinen hört man auf dem Album.

Was ist das Besondere an deinem Hof?

Dass er so alt ist und so kaputt, aber auch so charmant.

Alte Höfe herrichten ist auch ein bisschen in Mode gekommen?

Ja, wenn man so will, lebe ich in Einklang mit dem Zeitgeist. Als studierter Musiker habe ich ja nicht so viel Ahnung vom Leben auf dem Hof. Wenn ich einen Baum fälle, dann fällt er nie in die Richtung, in die er soll. Egal, manchmal funktioniert aber auch was. Zuletzt habe ich für meine Schafe einen Stall gebaut, und der steht immer noch.

Das Gespräch führte Steffen Rüth

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