Interview mit Nico Santos„Ich kannte niemanden in Köln – das hat mir geholfen”

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Mit 20 zog Nico Santos nach Köln. Heute lebt er in Berlin

Mit 20 zog Nico Santos nach Köln. Heute lebt er in Berlin

  • Der Sänger Nico Santos hat vor seinem Erfolg einige Zeit in Köln gelebt. Mittlerweile wohnt er in Berlin.
  • Im Interview spricht über seine aktuellen Erfolge, die Auswirkungen der Corona-Krise und was ihm der Umzug nach Köln beruflich gebracht hat.

Mit der Frage „Der Sänger Nico Santos ist der Sohn des Darstellers welcher berühmten Werbefigur?“ hast du es kürzlich in die Sendung „Wer wird Millionär“ geschafft. Wie war das für dich? Megakrass! Ich habe noch nie so viele Textnachrichten bekommen wie an jenem Abend.

Ist das für dich ein Zeichen, jetzt absolut in der Massenpopkultur angekommen zu sein?

Dass über mich öffentlich außerhalb meiner Musik geredet wird, war für mich eine neue Erfahrung. Aber die Kandidatin hat die Antwort nicht gewusst. (lacht)

Sie lautet: „Melitta-Mann“. Dein Vater, der Schauspieler Egon Wellenbrink, lebt mit seiner Frau auf Mallorca. Wie geht es den beiden?

Papa ist 75. Zum Glück ist meine kleine Schwester dort und versorgt meine Eltern. Es waren dramatische zwei Monate. Meine Schwester durfte nicht mal raus, um meinem Vater einen Käsekuchen zu kaufen. Sondern nur, wenn sie auch Sachen kaufte, die man wirklich braucht. Du musstest den Kassenbon vorzeigen. Es war verrückt. Zum Glück haben meine Eltern einen Hund, mit dem sie drei Mal am Tag für je 20 Minuten aus dem Haus durften.

Und das hat jemand kontrolliert?

Wir wohnen in einem kleinen Dorf mit 700 Menschen. Da kann man sich nicht gut heimlich davonschleichen. Mallorca war in diesem Frühling gespenstisch.

Aktuell bringst du dein zweites Album raus und bist auch in „Sing meinen Song“ zu sehen. Wie hast du die Dreharbeiten in Südafrika im März in Erinnerung?

Das war die schönste Zeit meines Lebens. Die Luft, die Sonnenuntergänge, und all die großen Gefühle, wenn man auf diesem Sofa sitzt und mit den Kollegen Musk macht – alles war großartig. Auch privat war die Zeit richtig geil. Max Giesinger und ich sind zum Beispiel richtig gute Kumpels geworden.

Große Emotionen prägen auch dein Album. Vor allem bei den langsamen Songs hast du so richtig viel Dramatik in der Stimme.

Das habe ich mir bei Michael Jackson abgeschaut. Michael ist mein größtes Vorbild. Seine Songs und seine Stimme haben mich schon als Kind gepackt.

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Bevor du dein erstes Album veröffentlicht hast, warst du Songwriter und hast an Mark Forsters „Wir sind groß“ mitkomponiert. Woher stammt dein Gespür für Melodien?

Es ist fast meine Lieblingsbeschäftigung, die Songs anderer Leute zu analysieren und auseinanderzunehmen. Die Lieder von Michael Jackson oder Stevie Wonder kenne ich in- und auswendig, aber auch neue Sachen sind spannend. Ein Ed Sheeran schreibt ganz anders als eine Billie Eilish, und doch haben beide riesigen Erfolg.

Gibt es eine Formel, die einen Song garantiert zum Hit macht?

Nein, die gibt es nicht. Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Entscheidend ist, Spaß an der Musik zu haben, sich permanent mit ihr zu befassen und zu üben, üben, üben.

Aktuelle Mainstream-Popmusik ist oft ganz schön hohl und oberflächlich. Du hingegen sprichst in „Walk In Your Shoes“ über den Tod deines besten Freundes.

Er ist mit 15 beim Skateboarden überfahren worden. An dem Tag, an dem er gestorben ist, hatte er sich Schuhe gekauft, die ich unabhängig von ihm auch anprobiert hatte. Seine Eltern haben sie mir dann geschenkt. So gehe ich quasi mit ihm durchs Leben.

Wie persönlich sind die Liebeslieder auf deinem Album?

Einige sind mir tatsächlich sehr wichtig. Das sind meine Therapiesongs. Im Idealfall helfen die nicht nur mir durchs Leben, sondern auch den Hörern.

Zum Beispiel?

„Low On Love“ zum Beispiel. Ich war viereinhalb Jahre in einer Beziehung, seit Anfang des Jahres ist das vorbei. Mit diesem Song habe ich versucht, die Trennung zu verarbeiten. Und zwar so, dass möglichst viele Leute es für sich selbst nutzen können.

Bevor du nach dem Abitur nach Köln gezogen bist, hast du als Animateur in einem Club auf Mallorca gearbeitet. Was lernt man da?

Deutsche Pünktlichkeit.Und es ist echt ein Knochenjob. Ich habe an sechs Tagen die Woche, von morgens bis Mitternacht geschuftet. Und das mit 17, 18. Da lernst du auch, für nicht besonders viel Geld echt alles zu geben.

In Köln hast du Tontechnik studiert. Was war dein Karriereplan?

Ich wollte meine eigene Musik machen und mich durch nichts davon abbringen lassen. Ich bin allein nach Deutschland gegangen, ich kannte niemanden in Köln. Dieser Sprung ins kalte Wasser hat mir viel gebracht.

In „Play With Fire“ geht es darum, für seine Leidenschaft alles zu riskieren.

Genau. Diese Metapher passt auch auf meine Karriere. Ich habe wirklich jeden Tag gearbeitet und alles auf diese Karte gesetzt.

Deine Songs hören sich international an, und zweisprachig aufgewachsen bist du ohnehin. Wie wäre es mit einer Weltkarriere?

Ich strebe nicht danach, doch wenn es passieren sollte, dann passiert es. Ich bin aber schon jetzt sehr glücklich darüber, wie es gerade läuft.

Das Gespräch führte Steffen Rüth

Das Album „Nico Santos“ ist am 8. Mai erschienen

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