Kölner „Café Especial“ wird 35Am Anfang kamen die Avocados in die Spülmaschine

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Especialaussen

Das Lokal liegt an der Neuhöffer Straße gegenüber dem Bahnhof Deutz. 

Köln – Als Robert van Leeuwen vor 35 Jahren in Deutz sein Café Especial eröffnete, da war drumherum Niemandsland. Keine Büros, keine Hotels, keine Lanxess Arena, nur ein großer Schotterparkplatz. Die Miete für das Lokal gegenüber des Deutzer Bahnhofs war entsprechend spottbillig und das Parken war gratis – aber viele Gäste kamen am Anfang nicht.

„Bohnenmus und Reis als Beilage, damit konnten die Kölner nicht viel anfangen. Die blieben in ihren Brauhäusern“, erinnert sich Robert van Leeuwen (70). Das Especial war seines Wissens – und da hat auch noch nie jemand Einspruch erhoben – das erste mexikanische Restaurant in Deutschland überhaupt. Quasi Neuland im Niemandsland.

Zuerst waren nur ein paar Studenten neugierig genug – bis dann 1989 das Hyatt-Hotel in der Nachbarschaft aufmachte. Denn dort übernachteten vor allem Amerikaner, weil sie die Kette kannten. Auch die großen US-Stars buchten sich hier ein. Und alle wollten das vertraute Tex-Mex-Essen.

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Whitney Houston bestellte ins Hyatt

Whitney Houston war zwei Wochen im Hotel und ließ sich jeden Tag ihr Essen aus dem Café Especial kommen. Wovon die Hyatt-Küchenchefs nicht begeistert waren. Zum Schluss ließ sie sogar mit einem Flugzeugtrolley Proviant für den Heimflug abholen. Harry Belafonte setzte sich einfach mitten ins Lokal. „Ein ganz bescheidener Mann.“ Nancy Sinatra bestellte viele Pitcher Margarita. Und Joe Cocker ließ anrufen, dass er gegen Mitternacht vorbei käme, man solle bitte solange aufhalten.

Zuletzt waren 2019 vor der Pandemie die längst erwachsenen Backstreet Boys nach dem Auftritt in der Lanxess Arena mit ihren Familien und Bodyguards zu Gast. Mit den Promis geprahlt hat van Leeuwen nie. „Die sollten es hier gemütlich haben.“

Das Lokal kann sich nun seit langem auf internationale Gäste verlassen und Kölner, die hier in Erinnerungen an einen Mexiko- oder USA-Urlaub schwelgen. Dass das Café Especial ausgerechnet in Köln entstand, ist Zufall: Der niederländische Gastronom hatte sich in eine Kölnerin verliebt. Die Liebe schwand, das Lokal blieb. Die Einrichtung mit viel Holz, Deckenventilatoren, bunten Plakaten und Schwarz-Weiß-Fotos hat sich nicht einen Nagel verändert.

Speisekarte ist unverwüstlich 

Auch die Speisekarte ist im Wesentlichen immer noch die selbe und stark amerikanisch eingefärbt. „Echtes mexikanisches Essen ist viel zu schwer, es ist eine arme Überlebensküche“, sagt van Leeuwen, der jedes Jahr nach Mexiko reist.

So gibt es denn immer noch Tacos, Quesada, Enchiladas, Fajitas aus der heißen gusseisernen Pfanne, Caesar Salat und Spare Ribs. „Aber die Zutaten werden ständig verbessert“, sagt Mitinhaber Robin Beckers. Die Leute seien mittlerweile durch das immer breiter werdende Gastronomie-Angebot sehr verwöhnt.

Überhaupt die Zutaten: Früher musste alles umständlich aus Holland importiert werden, wo die Mexiko-Küche schon längst Mode war. Koriander und Chili waren etwas Exotisches. Und erst recht die Avocados. Heute bekommt man reife Exemplare in jedem Supermarkt. Vor 35 Jahren wurden sie meistens knochenhart geliefert. Um sicher zu stellen, dass immer genug weiche für die Guacamole vorrätig waren, war der ganze Keller mit Avocado-Kisten gefüllt. „Eine Woche alt, zwei Wochen alt, die wurden dann jeweils hervorgeholt.“

Tequila-Tasting mit Barmann

Gab es dennoch akuten Bedarf, wurde nachgeholfen. Die Avocados kamen auf die Heizung oder dicht in einem Plastikbeutel verpackt bei 40 Grad kurz in die Spülmaschine (natürlich ohne Reiniger!). Ein damals auch in Privathaushalten gängiger Trick.

Fast die Hälfte des Umsatzes wird mit Getränken gemacht. Immer größer geworden ist im Laufe der Jahre die Palette an Tequila-Sorten. Gab es früher nur einen weißen und einen braunen, so füllen die verschiedenen Flaschen nun viele Regale. Serviert wird in edlen Cognac-Schwenkern. Barmann Fermin Benitez Covarrubias, der tatsächlich aus dem mexikanischen Kleinstädtchen Tequila stammt, veranstaltet auf Anfrage Tequila-Tastings.

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Und er erzählt auch von dem neuesten Trend: der Mescal ist wieder da. Vor Jahrzehnten war die rauchig schmeckende Spirituose, die ebenfalls wie der Tequila aus Agaven gemacht wird, schon einmal angesagt. Damals schwamm in den Flaschen noch ein Wurm. Der Legende nach sollte man an dem Konservierungszustand des Wurms erkennen können, ob der Brand auch genug Alkohol enthält. Der Fachmann zuckt lächelnd mit den Schultern. Das war wohl mehr ein Werbegag. Die 30 feinen, oft sehr raren Sorten, die er präsentiert, sind jedenfalls wurmfrei.

Wem der Mescal zu stark ist, der kann ein Corona-Bier trinken. Das gibt es hier seit kurzem – was in Deutschland sehr selten ist – vom Fass. „Kommt super an. Das Image hat nicht gelitten wegen des Namens. Im Gegenteil“, sagt der Chef lachend.

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