Wunschzettel Engelskirchen„Ich wünsche mir, dass ich in Deutschland bleiben darf“

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Christkind Engelskirchen

Rund 130 000 Briefe kommen in der Christkind-Postfiliale während der Saison an.

Wenn Rita Miebach und ihre Kolleginnen ihr Tagwerk erledigt haben, glitzern sie oft von oben bis unten. Ihre Hände sind dann bedeckt mit goldenem und silbernem Feinstaub und ihre Kleidung ist es meist auch. Viele Kinder verzieren heute ihre Wunschzettel mit Glitzerstiften und das Funkelpulver bleibt natürlich auch an demjenigen haften, der die Briefe öffnet.

Traumjob beim Christkind

„Ich habe einen Traumjob hier“, sagt Rita Miebach und lacht. Gemeinsam mit zwölf anderen „Sekretärinnen des Christkinds“ beantwortet sie von Mitte November bis Ende Dezember die Briefe der Kinder. Seit zehn Jahren macht sie das jetzt schon. Etwa 10 000 Wunschzettel kommen momentan jeden Morgen in der Christkind-Postfiliale im oberbergischen Engelskirchen an.

130 000 Briefe pro Saison

Im Idealfall werden sie alle am selben Tag von den Mitarbeiterinnen abgearbeitet. 130 000 Briefe werden es bis Ende Dezember insgesamt wieder sein. Kein Wunder, denn das Christkind ist bei den Kindern äußerst beliebt: „Ich glaub an dich und hab dich ganz doll lieb“ und „Du bist sooo hübsch“ ist in manchen Briefen zu lesen. „Hast du eigentlich ein Navi?“, fragen die Kinder manchmal auch.

10.000 Wunschzettel jeden Morgen

In der Postfiliale sieht es heimelig-weihnachtlich aus. In dem großen Raum, einer ehemaligen Baumwollspinnerei im LVR-Industriemuseum, stehen neben den Schreibtischen und Computern drei rot-gold geschmückte Tannenbäume. An den Wänden hängen Tannenzweige mit Weihnachtskugeln und natürlich jede Menge bunte Wunschzettel.

Jeder Wunschzettel wird beantwortet

Finanziert wird die Filiale und die Arbeit der Helferinnen von der Deutschen Post. Jeder Wunschzettel wird beantwortet. Meist mit einem netten Standardbrief, der mit „Liebes Erdenkind“ beginnt und mit „Dein Christkind“ endet, unterschrieben in Gold. Zeilen und Farbmotiv des Briefs wechseln jedes Jahr, das Christkind berichtet darin von seinen Vorbereitungen auf Weihnachten. Basteltipps liegen auch im Umschlag bei. Immer freitags geht der riesige Schwung an Rückantworten raus, in der Woche vor Weihnachten sogar noch häufiger.

Jeder Brief wird beantwortet

Die Wünsche der Kinder? Alles Erdenkliche, was in den Regalen der Spielzeug- und Elektronikgeschäfte zu finden ist: Von Lego und Nintendo über Tablet-PCs bis hin zu neuen Barbies und Glätteisen für die Haare. Aber auch: „Ich wünsche mir einen Bruder.“ „Ich wünsche mir, dass Papa aufhört zu rauchen“ oder „Dass Opa 100 Jahre alt wird.“

Wunschzettel aus 50 Ländern

Und jeder Brief wird tatsächlich gelesen? „Ja“, sagt Britta Töllner von der Deutschen Post. „Einige Kinder bitten darum, dass das Christkind auch der Schwester oder der Freundin schreibt. Wenn deren Adresse angegeben ist, wird, das erledigt.“ Die Wunschzettel kommen aus rund 50 Ländern. Die meisten aus Deutschland, viele Briefe aber inzwischen auch aus Asien oder Mittel- und Südamerika. Das Engelskirchener Christkind ist weltgewandt, es antwortet mittlerweile in sieben Sprachen.

Wunschzettel von 1917 im Glasrahmen

Archiviert werden die Wunschzettel nicht. Nur einer von 1917 lässt sich noch in der Filiale in einem Glasrahmen bewundern. Die zehn Jahre alte Agnes aus Brühl wünschte sich vor knapp einhundert Jahren „eine Schürze in Weiß, ein Baby mit Kleidern, Haarschleifen in Rot und ein Märchenbuch“. Adressiert war der Brief „An das liebe Christkind im Himmel, Milchstraße Nummer 1“.

Wünsche haben sich stark verändert

Mit den Jahren haben sich die Wunschzettel stark verändert. „Früher bestanden sie meist aus einer reinen Auflistung von materiellen Sachen. Die Kinder haben sich vor allem Gebrauchsgegenstände gewünscht, wie eine neue Hose oder einen neuen Rock“, sagt Wunschzettel-Expertin Britta Töllner. Heute sind die Kinder mitteilsamer, die Wünsche üppiger und die Wunschzettel sehr viel bunter geworden.

Viele Kinder schreiben von sich und ihrem Leben und malen, basteln, kleben und verzieren ihre Post sehr aufwändig. „An den Wunschzetteln sieht man, dass Glitzer- und Bastelmaterial heute überall erhältlich ist, das war vor 70 Jahren natürlich noch anders.“

Wunschzettel schreiben ist Kindern sehr wichtig

Doch eines ist gleich geblieben: Das Schreiben des Wunschzettels ist den Kindern sehr wichtig. Sie schreiben meist in Schönschrift und geben sich mit ihrem Brief große Mühe. Einige schicken Gedichte oder selbst erdachte Rätsel, andere schneiden ihre Wünsche direkt aus dem Spielzeugkatalog aus und erstellen damit eine Produkt-Collage auf Papier.

Viele Erstklässler schreiben

„Sehr viel Post erreicht uns von Erstklässlern. Der erste richtige Brief, den Kinder schreiben, geht meist ans Christkind“, weiß Britta Töllner. Manche schreiben zu ihren sehnlichst gewünschten Schleich-Tieren oder Playmobil-Sets sogar die exakten Artikelnummern dazu, damit das Christkind bloß nichts verwechselt. Andere Kinder sind besonders preisbewusst: „Die Playstation kostet im Geschäft X momentan so und so viel, Christkind, kauf sie bloß nicht woanders für einen höheren Preis.“

Organisatorische Informationen werden auch mitgeteilt, zum Beispiel: „Christkind, wir sind dieses Jahr bei Oma in Berlin, nicht wie sonst in Bielefeld.“ Kinder bekommen viel mit von der Welt, das wird beim Lesen der Briefe deutlich. Nicht wenige schütten beim Christkind ihr Herz aus. Ereignisse wie die Anschläge in Paris oder das Erdbeben in Italien sind auch in den Wunschzetteln immer wieder Thema.

„Ich wünsche mir, dass ich in Deutschland bleiben darf“

Armando aus Steinfurt schreibt: „Ich wünsche mir, dass ich in Deutschland bleiben darf. In mein Land Albanien ist nicht gut in Frieden leben dürfen.“ Dieser und ähnliche Wunschzettel bleiben den Mitarbeiterinnen auch dann noch in Erinnerung, wenn sie den Glitzer an ihren Händen längst wieder abgewaschen haben.

So schreiben Sie dem Christkind

Jeder, der bis zum 21.12. einen Brief oder Wunschzettel ans Christkind schickt, erhält eine Antwort. Die Adresse: An das Christkind, 51777 Engelskirchen. Bitte den Absender nicht vergessen!

Die Geschichte der Christkind-Postfiliale

1985 tauchten im Postbetrieb vereinzelte Briefe „An das Christkind“ auf. In Nordrhein-Westfalen wurden sie mangels konkreter Adresse nach Engelskirchen weitergeleitet. Die Frauen der Postangestellten beantworteten die Briefe an den Adventssamstagen, damals noch auf dem Dachboden des alten Postamts.

Jedes Jahr mehr Briefe

Aus den einzelnen Briefen wurden im Laufe der Jahre immer mehr. 2002 waren es etwa 27000 Wunschzettel jährlich, heute kommen rund 130000 Briefe an das Christkind in Engelskirchen an.  In den vergangenen 31 Jahren haben das Christkind und seine Helferinnen dort über 1,7 Millionen Briefe beantwortet.

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