Fritz PottDer Philipp Lahm der 60er Jahre

Lesezeit 3 Minuten
Im Finale um die Deutsche Meisterschaft 1962 spurtete Fritz Pott über das ganze Feld - und schoss zum 4:0 ein. (Bild: Privat)

Im Finale um die Deutsche Meisterschaft 1962 spurtete Fritz Pott über das ganze Feld - und schoss zum 4:0 ein. (Bild: Privat)

Hürth – Die glorreiche Vergangenheit hängt an den Wänden: Fritz Pott neben Karl-Heinz Thielen und Wolfgang Weber vor einem Länderspiel gegen Frankreich, Pott bei seinem Tor im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1962, Pott beim Handschlag mit Kanzler Ludwig Erhard, Pott als drahtiger FC-Spieler mit nacktem Oberkörper während eines Trainingslagers.

Gut trainiert wirkt Fritz Pott, der die Fußball-WM in Südafrika für den Lokalteil des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit einer Kolumne begleiten wird, noch heute. Auch bescheiden ist der 71-Jährige geblieben. „Meine Frau meint, die Bilder an der Wand machen sich ganz gut“, sagt er, während er im Efferener Büro seiner Gebäudereinigungsfirma sitzt und erzählt. Seine FC-Devotionalien - Trikots, Schuhe, Wimpel, Autogrammkarten und vieles mehr - hat er kürzlich einem Fan geschenkt. „Ich bin froh, dass der Kram weg ist, und der Fan, der extra mit einem Anhänger kam, hat sich riesig gefreut.“

1958 bis 1970 hat Fritz Pott für den 1. FC Köln gespielt. Zwei Meisterschaften, ein Pokalsieg, dazu die denkwürdigen Europapokal-Spiele gegen den FC Liverpool, als Köln nach drei Spielen per Losentscheid verlor: Fritz Pott kickte in jener glorreichen Zeit, als der FC sich einen Ruf erspielte, von dem er bis heute zehrt. Pott, der wie Hans Schäfer und Dirk Lottner von Rot-Weiß Zollstock zum FC kam, galt als einer der ersten modernen Außenverteidiger - ein früher Philipp Lahm sozusagen. FC-Trainer „Tschik“ Cajkovski wies den kleinen, wieselflinken Defensivspieler an, mit nach vorn zu stürmen - im Finale um die Deutsche Meisterschaft 1962 schnappte Pott sich am eigenen Sechzehner den Ball, ließ alle Gegner stehen, als seien es Hütchen, und schoss zum 4:0 ein.

Alles zum Thema Fußball-Bundesliga

1962 war es auch, als Bundestrainer Sepp Herberger Pott mitnehmen wollte zur WM in Chile - die Meldefrist war indes schon verstrichen, Pott musste zu Hause bleiben. „Herberger hielt viel von mir, letztlich war es die Gesundheit, die eine größere Karriere in der Nationalelf verhindert hat“, sagt Pott. Als Herberger ihn auf dem Zettel hatte, zwickte immer wieder die Leiste - es blieb bei drei Länderspielen gegen Frankreich, die Türkei und die CSSR. Beim ersten Länderspiel 1962 gegen Frankreich begrüßte Bundespräsident Heinrich Lübke jeden Spieler mit Handschlag. „Wir mussten uns jeder vorstellen, er kannte uns ja nicht alle.“

Die Kriterien für eine Berufung in die Nationalmannschaft seien damals härter gewesen als heute: „Man musste mindestens eineinhalb Jahre auf hohem Niveau Bundesliga spielen, um eine Chance zu haben. Heute reichen manchmal zwei, drei gute Spiele, schon stehst Du im Kader.“ Sepp Herberger sei aus härterem Holz geschnitzt gewesen als Jogi Löw: „Einmal kam abends Adi Dassler, der Adidas-Chef, vorbei, und ließ uns ein Bier bringen. Als Herberger um die Ecke kam, ließ der das Bier wieder wegbringen - obwohl Dassler ja ein einflussreicher Geschäftsmann war.“

Geschäftstüchtig war Fritz Pott, der 284 Spiele für den 1. FC Köln absolvierte, auch. Als Aktiver, der ab 1962 als Lizenzspieler 400 Mark, ab 1963 als Nationalspieler 1800 Mark pro Monat verdiente, arbeitete Pott bis nachmittags als Industriekaufmann. Nach seiner Fußball-Karriere machte er sich selbständig, seine Gebäudereinigungsfirma läuft noch heute blendend. Auch als Trainer war der Wahl-Hürther Pott erfolgreich: Mit Frechen 20 und dem SC Brühl spielte er um die deutsche Amateurmeisterschaft, Victoria Köln führte er in die Zweite Liga.

Dem Fußball ist Fritz Pott tief verbunden geblieben. Die Entwicklung des FC stimme ihn „nicht gerade froh“, der Nationalelf traut er bei der WM mehr zu als dem FC nächste Saison: „Wenn es optimal läuft, kommen sie unter die besten Vier.“

KStA abonnieren