Gegner KroatienDer Star aus dem Flüchtlingsheim

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Der Jungstar der Kroaten: Luka Modric (Bild: afp)

Der Jungstar der Kroaten: Luka Modric (Bild: afp)

Belgrad - Mit 22 Jahren hat Luka Modric rein finanziell die Spitzenklasse erreicht. Über 17 Millionen Pfund (21,5 Millionen Euro) blätterte der künftige Arbeitgeber im April dem kroatischen Meister Dinamo Zagreb in die Vereinskasse. „Modric ist ein Fußballer mit einer enormen Zukunft“, sagt Juan de Ramos, Cheftrainer der Tottenham Hotspurs über seinen Neuzugang. Halb Europa sei hinter dem 22-Jährigen her gewesen, berichtete er nach der Verpflichtung des nur 1,74 m großen Mittelfeld-Strategen.

Sein Nationalcoach Slaven Bilic ist froh, dass Modric sich für einen behutsameren Aufbau seiner Karriere und einen etwas weniger namhaften Club entschied. Tottenham sei der „perfekte“ Verein für Modric - besser als beispielsweise Chelsea, wo er möglicherweise erst mal nur auf der Bank gelandet wäre: „Bei Tottenham ist er der Star - und kann sich an die Premier League gewöhnen“, sagt Bilic.

Rosicky oder Cruyff?

Von der Fachwelt wird der junge Mittelfeld-Stratege gerne mit dem tschechischen Arsenal-Star Tomas Rosicky verglichen. Seine Fans erinnert er eher an die niederländische Fußball-Legende Johan Cruyff. Den leichtfüßigen Mann, der im Nationalteam das Trikot mit Cruyffs legendärer Nummer 14 trägt, zeichnet nicht nur beidbeinige Ballbeherrschung, sondern auch Spielintelligenz und Torgefährlichkeit aus. Im Gegensatz zu „König Cruijff“ ist sich sein kroatischer Epigone auch für defensive Aufgaben nicht zu schade.

Geboren in Zadar, wuchs Luka Modric in einem kleinen Dorf in Norddalmatien auf. Seine Eltern waren bei einem sozialistischen Kombinat beschäftigt. Der 1991 beginnende Kroatienkrieg traf seine Familie hart. Serbische Freischärler töten im Dezember 1991 seinen Großvater. Die Familie floh nach Zadar, fand in einem zum Flüchtlingsheim umfunktionierten Hotel Unterschlupf. Das Notquartier lag unweit des Stadions des NK Zadar: Anfang 1992 schrieb sein Vater ihn im Alter von sieben Jahren in der klubeigenen Fußballschule ein.

Luka sei ein Kind „voller Furcht“ gewesen, erinnert sich sein erster Trainer Davor Matosevic an seinen durch den Krieg traumatisierten Schützling. Aber eben auch ein Riesentalent. Sorgen machte den Trainern indes die geringe Körpergröße des zierlichen Junge. Er habe damals oft mit dem Vater darüber diskutiert, ob Modric noch wachsen werde, so sein Jugendtrainer.

Im Alter von zehn Jahren schickten ihn seine Trainer auf ein Probe-Training von Hajduk Split: Abgelehnt, „zu schwach.“ Erst mit 16 wechselte der junge Luka zu einem großen Klub: in das Fußballinternat von Dinamo Zagreb.

Noch als Jugendspieler 2001 unterschrieb er seinen ersten Profivertrag bei Dinamo, wurde aber in der Saison 2003 / 2004 zunächst an das bosnische Zrinjski Mostar ausgeliehen. Schon nach einem Jahr wurde der 19-Jährige zum Spieler des Jahres in Bosnien-Herzegowina gewählt. Modric kehrte nach Kroatien zurück. In der Saison 2004 / 2005 lieh ihn Zagreb erneut aus, dieses Mal an den kroatischen Erstligisten Inter Zapresic. Der Filigrantechniker führte den Vorort-Club auf einen sensationellen zweiten Platz. Endlich waren die Dinamo-Gewaltigen von seinen gereiften Qualitäten überzeugt. Bei Zagreb glückte ihm in seiner ersten Saison der Sprung in den Nationalkader. Bei der WM 2006 kam Modric zu zwei Kurzeinsätzen: „Für mich war das eine enorme Erfahrung.“

Vertrauen von Bilic

Nach der für Kroatien unglücklich verlaufenen WM übernahm bei der Nationalelf ein alter Bekannter das Ruder: Slaven Bilic hatte Modric schon als Trainer der U21 unter seinen Fittichen. Gemeinsam mit Niko Kranjcar (Portsmouth) zieht Modric nun auch im Nationaltrikot im Mittelfeld die Fäden. Schon letzten Sommer hätte er zu Arsenal wechseln können. Doch auch wegen der nahenden EM verschob er den Schritt ins Ausland noch einmal um ein Jahr.

Das kroatische Team habe seit der WM mit dem Einbau neuer junger Spieler eine erhebliche Wandlung erfahren, so Modric. Den Schwung aus der souverän gemeisterten Qualifikation schien Kroatien in den letzten Vorbereitungsspielen zwar ein wenig verloren zu haben. Doch trotz des Ausfalls des schwer verletzten Eduardo hält Modric einen neuen kroatischen Höhenflug bei der EM keineswegs für ausgeschlossen: Wenn das Team so auftrete wie in der Qualifikation, müsse es vor niemand bange sein. Die von Kroatien ausgeschalteten Engländer wissen, was gemeint ist.

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