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Unterwegs mit Doc Esser in Köln„Nur Intervallfasten hält man dauerhaft durch”

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Doc Esser ist für seine Medizin-Sendung im WDR bekannt.

Köln – Der Sonntagmorgen könnte als Zeitpunkt für unseren Spaziergang mit Doc Esser durch Junkersdorf gleich aus zwei Gründen ungünstig sein: Die Uhr wurde in der Nacht zuvor umgestellt, und der FC spielt in zwei Stunden, doch beide Ereignisse lassen Heinz-Wilhelm Esser, von Freunden Heiwi genannt, eher kalt. Sein Haus liegt in Spuckweite vom Stadion („Den Spielstand bekommen wir frei Haus“).

Esser hat eine seiner drei Töchter schon zum Tanztraining gefahren und ist um 11 Uhr pünktlich wieder an seinem Haus, um den Besuch vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ in Empfang zu nehmen. Schnell holt er sich ein Brot („Ich frühstücke nie“) aus der Küche und los geht’s.

Zur Person

Heinz-Wilhelm Esser (Jg. 1974), so genannt wegen seiner Großväter, stammt aus Mönchengladbach. Zum Medizin-Studium kam er nach Köln und blieb. An einer Remscheider Klinik ist er Leiter der Pneumologie. Im WDR ist er seit vier Jahren Doc Esser.

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Sommerzeit-Diskussion überbewertet

Die Diskussion um die Abschaffung der Sommer- und Winterzeit findet er überbewertet („Es gibt so viel Wichtigeres als darüber zu streiten, ob man die Uhr alle halbe Jahre umstellen sollte“), und sein Fan-Herz schlägt noch am ehesten für seinen Heimatverein Borussia Mönchengladbach, der ihm gerade wenig Freude bereitet.

Seit vier Jahren ist Doc Esser, wie der WDR ihn und seine Medizin-Sendung getauft hat, nun auf Sendung. Zuletzt schickte ihn seine Redaktion zum Unterwasser-Rugby, doch die Lunge des Pneumologen hielt den Belastungen nicht stand. 

„Das ist ein faszinierender Sport, die halten da bis zu eineinhalb Minuten die Luft an und greifen sich unter Wasser von drei Seiten an. Männer und Frauen in einem gemischten Team, was ich echt gut finde, aber das ist für einen Ungeübten wie mich dann zu hart. Da konnte ich nicht mithalten“, sagt der ehemalige Leistungsschwimmer, während wir von seiner Heimatstraße aus einen kleinen Schleichweg Richtung Downtown Junkersdorf einschlagen. 

Dass er jemals in der Nachbarschaft von stattlichen Luxusvillen, – eine vor der wir staunend stehen bleiben, hat sogar einen Privatfußballplatz – leben würde, hätte er sich auch nicht unbedingt träumen lassen. „Ich frage mich noch immer, wer sich das hier eigentlich leisten soll“, kommentiert Esser die irrsinnige Immobilienpreis-Spirale in Köln. Glücklicherweise entdeckte seine Frau Olivia sozusagen das letzte „unter Schmerzen“ bezahlbare Haus im Stadtteil. Aus Klettenberg zog die Familie vor vier Jahren her. Den dörflichen Charakter schätzt Esser inzwischen, die Nähe zum Stadtwald, zu den Sportstätten und zur Junkersdorfer Hauptstraße Kirchweg.

Fachsimpeln mit dem Apotheker

Hier kommen wir an der Alten Apotheke vorbei, die zufällig Notdienst hat an diesem Sonntag. Apotheker Johannes Michael Schröder freut sich über den Besuch Essers. Man kennt sich und beginnt gleich zu fachsimpeln. „Ich hatte zuletzt schlimme Knieschmerzen und Herr Schröder hat mit ein Glycosamin-Präparat empfohlen, auf das ich sonst nie gekommen wäre. Die Schmerzen sind nachhaltig verschwunden“, lobt Esser den Sachverstand des Pharmakologen.

Schröder selbst hat häufiger Knieprobleme vom Joggen und weiß daher aus der eigenen Erfahrung, was helfen kann. Eine Operation muss es beim Knie jedenfalls nicht immer sein, viele Wehwehchen ließen sich noch so kurieren, freut sich Esser, der allerdings mit der Glycosamin-Kur nun ein Produkt der Firma Doppelherz im Haus habe. Für einen 45-Jährigen ein bisschen früh, findet er. „Bis zum nächsten Infekt“, verabschiedet er sich von Schröder. Während wir den Vogelsanger Weg entlang laufen, erzählt Doc Esser von seinem Werdegang. Medizin habe er eigentlich nur nebenbei studiert. „Ich habe immer Musik gemacht, hatte mehrere Bands, in denen ich Gitarre gespielt habe“. Als er mit dem Studium fertig war, ging es los: Seine Band Substyle bekam einen Plattenvertrag, vier Jahre ging er auf Tour. Als ein Bandmitglied, Essers bester Freund, an Krebs erkrankte und schließlich starb, war das eine Zäsur. Die Band hat seither Pause.

Esser erinnerte sich an sein Studium, fing im Severinsklösterchen in Köln an und entdeckte seine vernachlässigte zweite Leidenschaft: Die praktische Medizin. „Es machte mir richtig Spaß, den Patienten zu helfen. Ich habe mich da dann auch voll reingehängt und bin nachts auch noch mit dem Notarztwagen gefahren“. Trotz manch krasser Erfahrung in weniger gut situierten Kölner Gegenden für ihn eine der schönsten und intensivsten Zeiten seines Berufslebens. „Den Leuten unmittelbar zu helfen, das ist schon etwas Befriedigendes. Tatsächlich helfe ich gerne und rede mit den Menschen so, dass sie auch verstehen, was mit ihnen los ist. Es gibt ja Leute, die gehen nach fünf Tagen raus aus dem Krankenhaus und wissen gar nicht, was mit ihnen passiert ist“. 

Das Arzt-Patienten-Gespräch ist aus seiner Sicht ein Aspekt, der in der Mediziner-Ausbildung zu sehr vernachlässigt wird. Als der WDR schließlich vor fünf Jahren auf ihn zukam, weil Ersatz gesucht wurde für das damalige Format „Die Gesundmacher“, war wohl auch seine klare Sprache gleichzeitig Segen und Fluch. „Man hatte gewisse Zweifel, ob ich glaubwürdig genug rüberkommen würde im Fernsehen“. Prompt ging der Pilot, also die Testsendung, die damals mit einer Ernährungsexpertin und einer Personal Trainerin unter dem Titel „Hashtag Gesund“ ausgestrahlt wurde, in die Hose. „Am Tag drauf bekam ich einen Anruf von der Autorin, die meinte, es würde wohl nichts mit meiner TV-Karriere. Die Quoten waren unterirdisch“.

Esser hakte das Thema ab, konzentrierte sich auf seine Facharztausbildung zum Lungenfacharzt, später kam noch die in Kardiologie hinzu. Doch dann meldete sich der WDR erneut, begleitete ihn bei seinen Notarzteinsätzen, schließlich ging er als Doc Esser auf Sendung. 

Das Format kommt an. „Die Leute haben ein riesiges Interesse vor allem an dem Thema Gesunderhaltung. Was kann ich selber tun, um möglichst lange fit und alt zu werden“, sagt Esser. Tatsächlich könnten Krankheiten wie Bluthochdruck durch Ernährung und Bewegung günstig beeinflusst werden.

Überhaupt das Thema Ernährung: „Alles in Maßen“ ist sein Tipp, den er von seiner Großmutter hat und auch beherzigt. „Ich achte schon darauf, was ich esse und versuche Industriezucker weitestgehend zu meiden“. Außerdem praktiziert er das Intervallfasten, „die einzige Methode, die man dauerhaft durchhalten kann“. Dadurch dass der Körper 16 Stunden am Stück nichts zum Verdauen bekommt, kann die Bauchspeicheldrüse zur Ruhe kommen und die eigentliche Fettverbrennung anspringen. Als wir bei der Eis-Manufaktur Keiserlich ankommen, bestätigt sich allerdings das alte Prinzip von der Ausnahme, die die Regel bestätigt: Dem handgemachten Eis kann der Doc dann doch nicht widerstehen. Und dann wird am nächsten Morgen ja auch wieder gejoggt – dank Doppelherz funktioniert ja auch das Knie wieder. 

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