Grabenkampf um die Gutmühle

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Karl-Ernst Stommel und seine Schwester Elisabeth Stommel kämpfen dafür, auch weiterhin Wasser vom historischen Wehr am Wahnbach in den Mühlengraben ableiten zu können. BILD: PETRA RÖMER-WESTARP

Karl-Ernst Stommel und seine Schwester Elisabeth Stommel kämpfen dafür, auch weiterhin Wasser vom historischen Wehr am Wahnbach in den Mühlengraben ableiten zu können. BILD: PETRA RÖMER-WESTARP

Neunkirchen-Seelscheid – Elisabeth Stommel und Karl-Ernst Stommel sind ratlos. Manchmal mischt sich auch Verzweiflung in die Ratlosigkeit. „Wir müssen doch irgendetwas unternehmen können“, sagt Elisabeth Stommel, „es kann doch nicht sein, dass die Gutmühle ab nächsten Freitag auf dem Trockenen steht“. Das Geschwisterpaar, das derzeit in Köln lebt, ist Eigentümer des Gebäudekomplexes der Gutmühle im Wahnbachtal. Seit dem 14. Jahrhundert existiert an dieser Stelle eine Mühle. Auch heute noch nutzt Karl-Ernst Stommel die Kraft des Wassers hin und wieder, um das große eiserne Mühlrad in Bewegung zu setzen und Mehl zu mahlen. Im Gebäudekomplex ist auch das Restaurant „Auszeit“ ansässig.

Sorge um das Ökosystem

Den Charakter des Örtchens prägt das Plätschern und Rauschens des Mühlengrabens. Möglicherweise wird dieser Wasserzufluss aber schon ab dem nächsten Wochenende trocken fallen. Gespeist wird der Graben durch den nahe vorbeifließenden Wahnbach. Eine Wehranlage aus quer zum Wasser geschichteten Steinen sorgte bislang im Wahnbach dafür, dass sich das Wasser etwas staute und ein Teil davon in den Mühlengraben abfloss. Weil diese Steinkonstruktion aus dem 18. Jahrhundert ein Leck hatte, besserten Karl-Ernst Stommel und andere Nachbarn den Riss provisorisch aus und verwendeten dafür auch Plastikplanen, um eine ausreichende Stauung zu erreichen.

Alle Fremdkörper soll Stommel nach Willen der Bezirksregierung in Köln bis spätestens zum kommenden Freitag komplett aus dem Wasser entfernen. Er befürchtet aber, dass dann keine Stauung mehr zustande kommt und der Mühlengraben austrocknet. Nicht nur das Wasserrad in Gutmühle und der Dorfteich hätten dann kein Wasser mehr. Auch das Ökosystem des Grabens mit seltenen Teichmuscheln und Brutstätten für den Eisvogel wären gefährdet, geben die Geschwister zu bedenken. Sie wünschen sich, dass die Bezirksregierung ihnen einen Aufschub gewährt. Im nächsten Jahr würden sie gerne unter Beratung der Unteren Denkmalbehörde eine fachgerechte Sanierung des Wehrs vornehmen lassen.

Die Bezirksregierung hatte auf Entfernen der Einbauten im Wasser gedrungen, damit das Wasser ungehindert fließen könne und Fische und Kleinstlebewesen passieren könnten. Ein ungehinderter Wasserfluss sei schon jetzt möglich, sagen die Geschwister Stommel. Sie seien bereit, mit der Restaurierung des Wehrs außerdem eine dreißig Meter lange Fischtreppe bauen zu lassen.

Christina Theißen, Pressesprecherin der Bezirksregierung, bestätigte auf Nachfrage des „Rhein-Sieg-Anzeiger“, dass Karl-Ernst Stommel auf Anordnung der Bezirksregierung bis zum 24. Oktober alles aus dem Wasser zu entfernen habe, „was da nicht hingehört“. Komme er dieser Aufforderung nicht nach, könne ein Unternehmen beauftragt werden. Der jetzigen zugespitzten Lage geht ein jahrelanger Rechtsstreit voraus. Ende der 90er Jahre wollte Stommel eine Genehmigung bei der Bezirksregierung einholen, um mit Wasserkraft und Mühlrad Strom zu erzeugen.

Einzigartig

Doch die Bemühungen zeitigten nicht den erhofften Erfolg. Vielmehr erkannte die Bezirksregierung Stommel das Wasserrecht ab, weil er nicht Müller sei und die Wasserkraft nicht gewerblich nutze. In mehreren Gerichtsverfahren versuchte Stommel, die Entscheidung rückgängig zu machen.

Auch die Untere und Obere Denkmalbehörde sind inzwischen in den Fall involviert. Der Historiker Ralf Kreiner verfasst derzeit im Auftrag des Rheinischen Mühlendokumentationszentrums ein Gutachten zur Denkmalwürdigkeit von Mühlenanlage und Wehr. Er kommt zu dem Schluss, dass die Gesamtanlage fürs Wahnbachtal einzigartig und als nationales Kulturgut einzustufen sei. Von öffentlichem Interesse sei es, die komplette Anlage zu schützen - und zwar „in ihrem Funktionszusammenhang“. Der Mühlenbetrieb solle unbedingt erhalten bleiben.

Die Bezirksregierung hingegen pocht auf das öffentliche Interesse des Naturschutzes. Doch Stommel stemmt sich weiter dagegen: „Alle richterlichen Beschlüsse wegen der Aberkennung des Wasserrechtes haben die Denkmalschutzaspekte überhaupt nicht mit einbezogen“, bedauert er.

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