HintergrundLustige Dorfnamen

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Ortsschild Tüschenbonnen BILD: KRÜPER

Ortsschild Tüschenbonnen BILD: KRÜPER

OBERDORST

Mit dem Ortsnamen Oberdorst bei Seelscheid wandert der Senior quer durch Europa: „Dor“ steht seit Jahrtausenden für ein Gewässer, was auch ein Der oder Dur sein kann. Koch findet Entsprechungen zwischen Dormagen, Düren und Durlach über den Fluss Duria in Italien, den Duero in Spanien bis zur Durance in Frankreich.

Gewässer- oder Sumpfbezeichnungen häufen sich in dieser Region - was nicht verwundert: Der Wahnbach gibt sich - von den Franken so genannt - als sumpfiges Gewässer zu erkennen, was Koch sprachhistorisch mit dem Wannsee in Berlin, dem Hohen Venn in der Eifel und dem Van-See in der Türkei in Zusammenhang bringt. Auch Much steht für eine moddrige Senke.

LÄDDIJE BÖGGEL

„Omm läddijen Böggel“ bezeichnet die Gegend um den Ort Feld, der zwischen Wohlfahrt und Brackemich liegt. Der Volksmund meint, bei der Gastwirtschaft in Feld seien die Leute stets mit leerem Geldbeutel eingekehrt: Man wollte sich gern einen oder zwei genehmigen, aber nach dem Großeinkauf in Siegburg habe man nicht mehr zahlen können. Für den Ethymologen sieht die Welt derweil viel nüchterner aus: Der Begriff setzt sich im ersten Teil aus ler - niederländisch laar - zusammen, was einen offenen Platz oder eine Lichtung bezeichnet. Mit Böggel ist schlichtweg ein Hügel gemeint: Also war Feld damals eine „Waldlichtung auf einer Anhöhe“.

FLÖKKE MÖSCH

Bei der Flökken Mösch, die mit dem Ortsnamen Schmitzhöfgen in Ruppichteroth verbunden ist, handelt es sich nicht um einen "flotten Spatz". Dieser Flurname, sagt Koch, ist ebenfalls eine Verdoppelung: Flökke ist westfälisch und bezeichnet eine Sumpfstelle - die Stadt Vlotho zum Besipiel hat dieselbe Wurzel. Die später einwandernden Franken fügten, da sie "Flökke" nicht verstanden, ein "Müsch" an, was ebenfalls eine Sumpfstelle bezeichnet.

RECKARSCH

Der deftige Flurnamen im Mucher Norden bei Oberdorf, wird vom Volksmund bildlich mit „runder Bergvorsprung“ übersetzt. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Verdoppelung ein und derselben Bedeutung einmal aus dem germanischen „reck“ und dem keltischen „ars“: Beides bezeichnet ein mooriges, sumpfiges Gebiet.

LOSSKITTEL

Wer glaubt, dass in Loßkittel einst eine Schürzenfabrik für locker gesinnte Frauenzimmer existierte, irrt. Der Ort im Wahnbachtal muss vielmehr etwas mit dem Bergbau zu tun haben: Es ist erwiesen, dass im Ort bis ins 19. Jahrhundert hinein Bergbau betrieben wurde. War es vielleicht eine Bleigrube? Kittel jedenfalls dürfte von Kautel stammen, was so viel wie „Erdloch“ bedeutet. Fritz Koch: „Die Deutung gibt aber noch Rätsel auf“.

TÜSCHENBONNEN

Vom Volksmund wird Tüschenbonnen mit „Zwischen zwei Brunnen“ (tüschen: zwischen, bonnen: Brunnen) übersetzt. Erstens, sagt Fritz Koch, liegt das Dorf nur an einer Quelle. Zweitens bezeichnet Tüschen ein sumpfiges Umfeld; auf Bayerisch heißt Schilfrohr Dütze. Tüschen ist keltisch. Bonnen kommt aus dem Fränkischen und steht ebenfalls für Sumpf. Das heißt für den Fachmann: Die einwandernden Franken konnten mit dem Ortsnamen Tüschen nichts anfangen und setzten einfach ihr eigenes Bonnen hinzu - sprachlich entstand so ein doppelter Sumpf. Dasselbe gilt für den Naafbach: dem keltischen Naaf („Bach“) fügten die späteren Siedler „Bach“ an.

TILLINGHAUSEN

Nun also das Dorf vom alten Till: Er war sächsischer Westfale, denn alle Orte mit der Endung -inghausen haben westfälischen Ursprung. Im Oberbergischen existieren viele solcher Namensteile, im Rhein-Sieg-Kreis fast nur im nördlichen Much und vereinzelt in Windeck. Die Linie Much-Windeck gilt daher als die südlichste Besiedlungsgrenze der Westfalen, die etwa im 8. Jahrhundert einwanderten. Das übrige Kreisgebiet wurde eher von Westen her von den Franken besiedelt; deren Orte endeten auf -ingen oder -heim. Im Mucher Norden ergibt sich ein historisches Mischmasch: Da liegen Tillinghausen und Gerlinghausen (westfälisch) gleich neben Bövingen und Henningen (fränkisch). Allerdings überwiegt in Much der Anteil fränkischer Namen - was sich bis heute in der Begeisterung für den rheinischen Karneval niederschlägt, so Koch augenzwinkernd.

MORDKAULE

In der Mordkaule bei Hevinghausen sollen einer alten Geschichte zufolge zwei Frauen einen zudringlichen Hausierer umgebracht haben, während sie bei der Heuarbeit waren. Sie begruben ihn an Ort und Stelle. Fritz Koch schüttelt schmunzelnd den Kopf, auch diese Mär muss er widerlegen: Mort bezeichnet einen Sumpf - zu finden zum Beispiel im Namen Ortsiefen, das im Mittelalter noch Mortsiefen hieß. Und Kaule ist nichts anderes als ein Loch, die Mordkaule also ein Sumpfloch.

WOHLFARTH

Der Höhenort Wohlfarth beruht auf Wolfsharth: Gemeint sind die geschmolzenen Metallklumpen, die in den Schmelzöfen gewonnen wurden und wegen ihrer gewölbten Form Wölfe genannt wurden; mit den Tieren hat das Wort nichts zu tun. Die Harth war der Wald, der das Material für die Holzkohle lieferte.

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