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Höhenflug mit Alhambra

Lesezeit 3 Minuten
Früh übt sich, was einmal eine fesche Reitersfrau werden will - dieses Ross war zwar hart zu sitzen, hielt dafür aber ganz schön still.

Früh übt sich, was einmal eine fesche Reitersfrau werden will - dieses Ross war zwar hart zu sitzen, hielt dafür aber ganz schön still.

Das Spiel ist mit 750 000 verkauften Exemplaren der Renner bei der Firma Queen Games.

Troisdorf - „Ein Spiel braucht den gewissen Pfiff“, sagt Bernd Dietrich, und der Mann muss es wissen: Er ist Produkt-Manager der Firma Queen-Games in Troisdorf, deren „Palast von Alhambra“ im vergangenen Jahr den Titel „Spiel des Jahres“ errang. „Wir haben es rund 750 000 Mal verkauft“, schätzt Dietrich, und das war für den Verlag, der fünf Mitarbeiter an der Langbaurghstraße 7 beschäftigt, eine noch nie erreichte Höchstzahl. Kommende Woche wird ein weiterer Rekord aufgestellt: Dann wird in 10 000 Metern Höhe der Endkampf der Deutschen Alhambra-Meisterschaft ausgetragen - an Bord einer Maschine der Fluggesellschaft Germanwings auf der Route Köln - Barcelona.

„Es ist wohl die richtige Mischung aus Taktik und Glück, die den Erfolg bringt“, sagt Dietrich, und die habe das Spiel. Die Glückskomponente dürfe aber nie zu hoch sein, sonst fühle sich am Ende der geschickteste Spieler frustriert. Der Einstieg solle leicht sein, dann müsse es aber anspruchsvoll weiter gehen. Letztlich gehe es darum, „möglichst viele Leute möglichst gut“ zu unterhalten. „Es gibt auch Leute, die 24 Seiten mit Regeln mögen. Aber das ist eine andere Zielgruppe.“

Das Konzept ist relativ einfach. Zwei bis sechs Teilnehmer werden zu maurischen Architekten, die die Alhambra so schön wie möglich gestalten sollen. Dabei gilt es Gemächer, Gärten und Pavillons zu erwerben, die in vier verschiedenen Währungen bezahlt werden - möglichst passend, denn die Bank gibt kein Wechselgeld.

Gespielt wird mit aufwändig gestalteten Kartonkärtchen, Spielfeldern, Kartenblättern, die auf die Hand genommen werden, und hölzernen Spielsteinen. „Wir versuchen, Plastik zu vermeiden“, sagt Dietrich. Früher habe es auch ein Spiel mit echten Zinnfiguren gegeben. Es trug den Titel „der kleine Hobbit“ und kam lange vor dem Kinoerfolg des „Herrn der Ringe“ in den Handel.

Die Qualität der verwendeten Materialien spielte auch eine große Rolle, als die Firma Ende der 80er Jahre gegründet wurde. Der Geschäftsführer und Firmengründer Rajive Gupta, ein gebürtiger Inder, der in Großbritannien aufwuchs und dann nach Deutschland zog, importierte zunächst Carrom-Bretter aus Indien. Die immer größer werdende Nachfrage stellte ihn bald vor ein Problem. Um im Weihnachtsgeschäft mitspielen zu können, hätte er in Indien zur Monsunzeit produzieren lassen müssen, was ein schwieriges Unterfangen geworden wäre. Als Ingenieur bemerkte er zudem schnell, dass Deutsche auch in der Freizeit großen Wert auf Qualitätsarbeit legten und ließ bald vor Ort herstellen. Nach und nach erweiterte sich das Angebot, und heute sind rund zwei Dutzend Spiele im Angebot - Carrom-Bretter allerdings nicht mehr.

Geschäftstaktik und eine gewisse Portion Unternehmerglück dürften auch eine Rolle beim Erfolg von Alhambra gespielt haben. Autor Dirk Henn hatte lange Jahre vergeblich versucht, einen Verleger für einen Vorläufer zu finden, ein Spiel, das unter dem Namen Al Capone einem ähnlichen System folgte. Freunde, die die Testversionen kannten, wollten aber unbedingt ein fertiges Spiel, so dass Henn es auf Bestellung baute. Sein Bekanntenkreis war durchaus bereit, für den Spaß auch etwas zu bezahlen.

Schließlich wurde daraus ein kleiner Eigenverlag, auf den wiederum Bernd Dietrich aufmerksam wurde. Henn und Queen Games entwickelten Al Capone zu Alhambra und legten zwei Erweiterungen auf. Die Gärten der Alhambra, die jetzt erschienen sind, seien aber ein komplett neues Spiel, wird erklärt. Produziert wird bei verschiedenen anderen Firmen. In Troisdorf ist lediglich der Verlag beheimatet, der im vergangenen Jahr sechs Millionen Euro Umsatz machte. Dass ein Verlag wie im Falle von Alhambra auf den Autor zugehe, sei ungewöhnlich, erläuterte Dietrich. „Normalerweise ist es umgekehrt. Auch bei uns gehen im Jahr rund 350 Prototypen ein. Aber daraus werden im Schnitt nur fünf Neuerscheinungen.“

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